Neue Nachweispflichten für die KESt-Befreiung bei EU-Dividenden
Nach der aktuellen Fassung der EStR Rz 7759 muss eine österreichische Gesellschaft für die KESt-Befreiung ihrer Dividenden an ihre EU-Muttergesellschaft eine Kopie der Ansässigkeitsbescheinigung (ZS-EUMT-Formular) an das Finanzamt übermitteln.
KESt-Befreiung für EU-Dividenden nach der Mutter-Tochter-Richtlinie
Schüttet eine österreichische Tochtergesellschaft ihre Gewinne an ihre ausländische Muttergesellschaft aus, so muss die österreichische Tochter vorbehaltlich der Begünstigungen der Mutter-Tochter-Richtlinie oder eines anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen von der beschlossenen Bruttodividende Kapitalertragsteuer (KESt) einbehalten. Der KESt-Satz beträgt grundsätzlich 27,5 %. Dieser kann jedoch aufgrund von § 93 Abs 1a EStG, wenn der Ausschüttungsempfänger einer Körperschaft ist, auf 25 % reduziert werden. Handelt es sich beim ausländischen Ausschüttungsempfänger um eine EU-Körperschaft, ist die Gewinnausschüttung der österreichischen Tochtergesellschaft aufgrund der Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie unter bestimmten Voraussetzungen sogar steuerfrei. Die KESt-Befreiung von EU-Dividenden greift grundsätzlich bei einer Mindestbeteiligung von 10 Prozent und einer Mindestbehaltedauer von einem Jahr. Die KESt-Befreiung für EU-Dividenden iSd Mutter-Tochter-Richtlinie kann entweder durch Direktentlastung an der Quelle oder durch ein Rückerstattungsverfahren herbeigeführt werden. Beim Verfahren der Direktentlastung an der Quelle unterbleibt von vornherein der KESt-Abzug durch die österreichische Tochtergesellschaft. Beim Rückerstattungsverfahren führt die österreichische Tochtergesellschaft zunächst die KESt ab. In einem nächsten Schritt beantragt die EU-Körperschaft beim Finanzamt die Rückerstattung der abgeführten KESt.
Direktentlastung an der Quelle
Eine direkte KESt-Entlastung an der Quelle ist aus Liquiditätsgründen und aufgrund des Verwaltungsaufwands beim Rückerstattungsverfahren zweifellos der in der Praxis bevorzugte Weg. Die Direktentlastung an der Quelle ist zulässig, wenn kein Missbrauchsverdacht besteht (dies ist für Holdinggesellschaften mit geringer Substanz relevant) oder innerhalb der letzten drei Jahre ein KESt-Rückerstattungsverfahren erfolgreich war. In jedem Fall muss – auch bei einer „Nullerklärung“ – elektronisch eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung (KA1) von der österreichischen Tochtergesellschaft eingereicht werden. Zudem muss zeitnah, also innerhalb eines Jahres vor oder nach der Dividendenausschüttung, eine Ansässigkeitsbescheinigung der EU-Muttergesellschaft auf dem Vordruck ZS-EUMT eingeholt werden.
Bisherige Verwaltungspraxis zur Direktentlastung an der Quelle
Nach der bisherigen Verwaltungspraxis muss die österreichische Tochtergesellschaft die Ansässigkeitsbescheinigung ihrer EU-Muttergesellschaft als Dokumentation aufbewahren.
Neue Verwaltungspraxis zur Direktentlastung an der Quelle
Jüngst verlangt die Finanzverwaltung in der aktuellen Fassung der EStR Rz 7759 ausdrücklich, dass die österreichische Tochtergesellschaft eine Kopie der Ansässigkeitsbescheinigung (ZS-EUMT) an das Finanzamt übermittelt. Bei der KESt-Entlastung an der Quelle aufgrund eines erfolgreichen KESt-Rückerstattungsverfahren muss zusätzlich zum ZS-EUMT-Formular der positive Rückerstattungsbescheid übermittelt werden. Fraglich ist, ob die Übermittlungspflicht als zusätzliche neue Voraussetzung für die wirksame KESt-Entlastung an der Quelle überhaupt von § 94 Z 2 EStG oder von der Verordnung gedeckt ist.
Zukünftige Ausschüttungen
Das BMF legt in den EStR keine Frist für die Übermittlung des Formulars ZS-EUMT fest. Daher ist für zukünftige Ausschüttungen der österreichischen Tochtergesellschaften empfehlenswert, das Formular ZS-EUMT gleichzeitig mit der KESt-Anmeldung, also binnen einer Woche nach Zufluss, an das jeweilige Betriebsfinanzamt zu übermitteln. Soweit die Direktentlastung aufgrund eines erfolgreichen Rückerstattungsverfahrens erfolgt, ist gleichzeitig auch der positive Rückerstattungsbescheid beizulegen.
Diese neue Verwaltungspraxis erscheint unseres Erachtens gesetzlich weder durch § 94 Z 2 EStG noch durch die Verordnung gedeckt. Zudem widerspricht diese neue Praxis der jüngst veröffentlichten EAS 3369 zur DBA-Entlastungs-VO, nach der für die Quellensteuerentlastung aufgrund eines DBA bloß die Archivierung der Ansässigkeitsbescheinigung im Original, aber nicht die Übermittlung erforderlich ist. Offen bleibt, ob die Finanzverwaltung die Übermittlungspflicht ebenso für die Direktentlastung an der Quelle aufgrund von DBA-Begünstigungen von Dividenden- oder Lizenzzahlungen an Drittstaaten fordert.