VwGH setzt höhere Latte für sofortige Abzugsfähigkeit von DD-Kosten
Mit der Entscheidung vom 23. Februar 2017 hat der VwGH (Ro 2016/15/0006) das BFG-Erkenntnis vom 3. Juni 2015 (RV/2100567/2015) revidiert, worin das BFG die Kosten einer Due Diligence vor dem Kauf der Beteiligung als sofort abzugsfähige Aufwendungen qualifiziert hatte (dazu Steuernachricht vom 17.12.2015). Dem VwGH zufolge dienten im vorliegenden Fall die Kosten der Due Diligence der zunächst beabsichtigten und sodann realisierten Anschaffung und waren demnach als Anschaffungsnebenkosten zu beurteilen. Das Erkenntnis verneint aber letztendlich nicht grundsätzlich die Abzugsfähigkeit von Due Diligence Kosten. Bei der Frage, wann die zur Entscheidung relevante grundsätzliche Kaufentscheidung getroffen wurde, setzte der VwGH im konkreten Fall jedoch im Gegensatz zum BFG einen eher weiten Maßstab an.
Sachverhalt: Kauf einer Beteiligung
- 4. Dezember 2009: Beschluss des Aufsichtsrates eine Marktstudie zu erstellen und eine Due Diligence durchzuführen
- 2. Februar 2010: Letter of Intent über die weitere Vorgehensweise zwischen Käufer und Verkäufer
- 9. Februar 2010: Auftrag zur Durchführung der Due Diligence
- 27. Februar bis 15. März 2010: Durchführung der Due Diligence
- 21. Mai 2010: Abschluss des Kaufvertrages
Definition der Anschaffungskosten
Das österreichische Steuerrecht definiert den Anschaffungskostenbegriff nicht. Dem VwGH zufolge sind in Übereinstimmung mit der allgemeinen Definition des § 203 Abs 2 UGB Anschaffungs(neben)kosten jene Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, um es also zweckentsprechend nutzen zu können. Erfasst sind dabei nicht nur jene Kosten, die nach der endgültigen („finalen“) Erwerbsentscheidung angefallen sind.
Erwerbsphase
Nach herrschender Literaturmeinung und nach Ansicht des VwGH endet die Erwerbsphase mit dem Übergang der Verfügungsmacht auf den Erwerber und beginnt nach erfolgter (und dokumentierter) Entschlussfassung über den Erwerb mit der ersten eindeutigen Handlung zur Erlangung der Verfügungsmacht. Für die Frage, ob Beratungsaufwendungen vor dem Übergang der Verfügungsmacht zu aktivieren sind, ist damit der Beginn der Erwerbsphase entscheidend. Die Praxis hat daraus gefolgert, das „pre-decision costs“ sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig sind und „post-decision costs“ als Anschaffungs(neben)kosten zu aktivieren sind.
Grundsätzlich hat der VwGH unseres Erachtens diese Unterscheidung von Beratungsaufwendungen vor und nach der Kaufentscheidung bestätigt. So dienen dem Gerichtshof zufolge planerischen Handlungen, die die Entscheidungsfindung unterstützen, (noch) nicht dem Erwerb. Die Einholung von Gutachten zur Bestimmung der Beschaffenheit und des Wertes des ausgewählten Kaufgegenstandes zählen jedoch schon zur Erwerbsphase. Anschaffungskosten liegen damit erst vor, wenn feststeht, dass es zu einem späteren Kauf kommen wird.
Strittig war in der VwGH-Entscheidung vor allem der konkrete Zeitpunkt, wann die „grundsätzliche Kaufentscheidung“ gefallen ist. Im Gegensatz zum BFG legte der VwGH hier allerdings ein wesentlich weiteres Begriffsverständnis zugrunde. So muss die grundsätzliche Erwerbsentscheidung zwar gefasst, aber noch nicht unumstößlich sein, um eine Kaufentscheidung zeitlich zu postulieren. Im vorliegendem Fall wurde im „Letter of Intent“ vom 2. Februar 2010 nicht nur das Durchführen einer Due Diligence Prüfung festgelegt, sondern auch vereinbart, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein Kaufpreisangebot abgegeben wird (Kalenderwoche 11) und die Kaufpreisverhandlungen möglichst bis Anfang Kalenderwoche 15 abzuschließen. Obwohl zusätzlich vereinbart wurde, dass die Verhandlung jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden können, sah der VwGH bereits mit dem Abschluss eines solchen „Letter of Intent“ die Kaufentscheidung als gefallen. Mit der Urkunde hat der Erwerber nämlich bereits seine Absicht kundgetan, eine ganz bestimmte Gesellschaft in einem konkret genannten Zeitraum erwerben zu wollen. Im Ergebnis diente somit das Durchführen der Due Diligence lediglich zur Bestimmung der Beschaffenheit und des Wertes der Beteiligung. Die Kosten der Due Diligence Prüfung waren somit Anschaffungs(neben)kosten.
Ergebnis
Auch wenn der VwGH die Entscheidung des BFG revidiert hat, hat er damit unseres Erachtens nicht grundsätzlich die Unterscheidung zwischen sofort abzugsfähigen „pre-decision costs“ und aktivierungspflichtigen „post-decision costs“ verneint. Die Kosten einer Due Diligence sind somit nur dann Anschaffungs(neben)kosten, wenn die Due Diligence nach der Kaufentscheidung durchgeführt wird und somit nur der Bestimmung des Wertes und der Beschaffenheit der Beteiligung dient. Bei der Bestimmung des Anschaffungszeitpunktes legt der VwGH aber einen weiten Maßstab an. Die Entscheidung muss noch nicht unumstößlich (final) getroffen sein, sondern es reicht bereits die deutliche Absicht. Um eine sofortige Abzugsfähigkeit der Due Diligence Kosten zu bewerkstelligen, wird es in Hinkunft entscheidend sein eindeutig zu dokumentieren, dass die Grundsatzentscheidung zum Erwerb der Beteiligung erst nach der Durchführung der Due Diligence getroffen wurde.
