BMF zur Betriebsstättenthematik im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie
Aufgrund der Maßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 können viele Mitarbeiter ihre Tätigkeit seit einiger Zeit nicht mehr an jenem Ort ausüben, an dem sie diese vor der Pandemie üblicherweise ausgeübt haben. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann dies zu unerwünschten Verschiebungen von Besteuerungsrechten zwischen Staaten führen – zum Beispiel durch die Begründung von Betriebsstätten. Mit der Information vom 22. Mai 2020 äußerte sich nun das BMF ua. zu diesem Thema, wobei das BMF grundsätzlich der Meinung des OECD Sekretariats (Paper vom 3. April 2020, wir haben berichtet) folgt:
Homeoffice-Betriebsstätte
- Arbeiten Dienstnehmer während der COVID-19 Pandemie aufgrund der Empfehlungen der jeweiligen Regierungen im Homeoffice, so begründet dies nach Ansicht des BMF mangels Kontinuität und ausreichender Verfügungsmacht noch keine Betriebsstätte iSd Art 5 OECD-MA.
- Anderes gilt, wenn die Tätigkeit im Homeoffice nach COVID-19 zum Regelfall wird oder bereits vor den Einschränkungen teilweise aus dem Homeoffice gearbeitet wurde. In diesem Fall ist eine detaillierte Analyse des Betriebsstättenrisikos zu empfehlen.
Bau- und Montage-Betriebsstätte
- Das BMF sieht – vorbehaltlich einer bilateralen Vereinbarung – grundsätzlich keine Hemmung der (zumeist 12-monatigen) Baustellenfrist vor, wenn die Baustelle aufgrund COVID-19 stillsteht.
- Das BMF stellt klar, dass dies auch dann gilt, wenn die Arbeiten an einem Bauwerk separat in mehreren zeitlich getrennten Abschnitten in Auftrag gegeben wurden (sogenannte Vergabe in Baulosen) und für das jeweilige DBA eine getrennte Fristenberechnung vereinbart wurde (zB mit Deutschland, Schweiz oder Tschechien). In solchen Fällen ist die arbeitsfreie Zeit zwischen den Arbeitsphasen (Baulosen) grundsätzlich nicht in die Frist einzubeziehen. Daraus lässt sich unseres Erachtens Folgendes ableiten:
- Wurden die Arbeiten aufgrund von COVID-19 während eines Bauloses unterbrochen, ist auch diese Zeit des Stillstands folglich in die Fristenberechnung einzubeziehen.
- Verlängerten die COVID-19 Einschränkungen hingegen lediglich die arbeitsfreie Zwischenzeit zwischen den einzelnen Baulosen, bleibt diese Zeit nach wie vor unberücksichtigt.
- In Bezug zu Deutschland werden derzeit allerdings bilaterale Konsultationsgespräche im Hinblick auf eine mögliche Unterbrechung der Baustellenfrist geführt
Schlussfolgerungen für die Praxis
- Die Empfehlungen zur Homeoffice-Arbeit der betreffenden Regierungen sollten dokumentiert werden, insbesondere wann diese wieder aufgehoben werden.
- Es bleibt fraglich, wie die Zählung der relevanten Fristen zu erfolgen hat und zu welchem Zeitpunkt das BMF die COVID-19 Maßnahmen in anderen Staaten als beendet ansehen wird (zB bei Öffnung der Grenzen aber gleichzeitig weiterhin geltenden Mindestabstandsregelungen im Büro, wodurch ein Teil der Mitarbeiter im Homeoffice bleiben muss).
- Im Gegensatz zur OECD Stellungnahme enthält die BMF-Info vom 22. Mai 2020 keine Äußerungen zur Vertreterbetriebsstätte und COVID-19 Einschränkungen. Eine detaillierte Analyse ist unseres Erachtens daher empfehlenswert.
- Nach unserem Kenntnisstand sind derzeit mit einigen Nachbarländern Konsultationen im Gange, die eventuell weitere Begünstigungen vorsehen können und im Einzelfall geprüft werden sollten.
Ausblick
Es ist sehr begrüßenswert, dass sich nun auch das BMF der Betriebsstättenthematik im Zusammenhang mit COVID-19 angenommen hat und die Meinung des OECD grundsätzlich teilt. Das BMF beabsichtigt überdies, diese Information vom 22. Mai 2020 regelmäßig zu warten und allfällige neue Entwicklungen in die Information aufzunehmen. Es bleibt abzuwarten, ob bei der nächsten Wartung vor allem auch konkrete Anhaltspunkte für die Zählung der relevanten Fristen sowie für den Zeitpunkt, zu dem das BMF die COVID-19 Maßnahmen als beendet ansehen wird, aufgenommen werden. Wir empfehlen daher nach wie vor ein kontinuierliches Monitoring, an welchem Arbeitsort sich Mitarbeiter befinden und für das Unternehmen tätig werden, insbesondere während und nach den COVID-19 bedingten Reisebeschränkungen, um frühzeitig Gestaltungsmöglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls fristgerecht alle Registrierungs- und Compliance Verpflichtungen erfüllen zu können.
Autoren: Katharina Königseder / Nikola Breinhölder