EuGH SK Telecom – Österreichische Roamingleistungen an Empfänger im Drittland unterliegen der österreichischen Umsatzsteuer
Der EuGH judiziert, dass Roamingleistungen, die von einem im Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an Kunden, die ebenfalls im Drittland ansässig sind, erbracht werden und die es den Kunden ermöglichen, das österreichische Mobilfunknetz während eines Aufenthaltes zu nutzen, der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen.
EuGH 15.4.2021, C-593/19, SK Telecom
Das Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Bundesfinanzgerichts betrifft die SK Telecom und ihre Kunden, die in Südkorea ansässig sind. Die Kunden nutzten ihre Mobiltelefone während eines Aufenthaltes in Österreich. SK Telecom verrechnete ihren Kunden dafür Roaminggebühren. Telekommunikationsleistungen unterliegen grundsätzlich dort der Umsatzsteuer, wo der Kunde ansässig ist. Ist der Kunde im Drittland ansässig, verlagert sich der Ort der sonstigen Leistung ins Inland, wenn der Kunde die sonstige Leistung im Inland nutzt oder auswertet. Im Fall der Roamingleistungen, die es dem südkoreanischen Kunden ermöglichten, in Österreich zu telefonieren, war das österreichische Finanzamt der Ansicht, dass diese im Inland genutzt wurden und für diese Telekommunikationsleistungen daher österreichische Umsatzsteuer anfällt.
Nach Ansicht des EuGH ist die Möglichkeit, den Leistungsort gem Art 59a Abs 1 lit b MwStSyst-RL im Fall von Doppel- oder Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen ins Inland zu verlagern, nicht auf Empfänger, die in der EU ansässig sind, beschränkt und somit auf Empfänger, die in Südkorea ansässig sind, anwendbar. Entscheidend für die Möglichkeit der Verlagerung des Leistungsorts ist, ob die Roamingleistungen im Inland tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden und ob die Besteuerung im Inland zur Vermeidung von Doppel- oder Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen in der EU erfolgt.
Dass die tatsächliche Nutzung oder Auswertung der Roamingleistungen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaates erfolgt, wenn sich die Kunden dort vorübergehend aufhalten, ergibt sich bereits aus der Natur der Roamingleistung. Bei der Prüfung, ob eine Doppel- oder Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung vorliegt, ist lediglich die steuerliche Behandlung der sonstigen Leistung in der EU von Bedeutung. Die steuerliche Behandlung im Drittland ist irrelevant, weil sich in der Regelung kein Hinweis auf deren Berücksichtigung findet. Somit ist es auch unerheblich, ob südkoreanische Umsatzsteuer anfällt: Die Leistungen unterliegen jedenfalls (auch) der österreichischen Umsatzsteuer.
Auswirkungen auf Österreich
Mit dem Urteil klärt der EuGH die wesentliche Unklarheit, die bisher bei der Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten im Zusammenhang mit dem Drittland bestand: Werden Telekommunikationsleistungen im Inland genutzt oder ausgewertet (in Österreich wird zB telefoniert), unterliegen diese sonstigen Leistungen im Verhältnis zum Drittland immer der österreichischen Umsatzsteuer. Im Endeffekt unterliegt die Erbringung dieser Leistungen sowohl von einem österreichischen Unternehmer an seinen ausländischen Leistungsempfänger aber auch von einem Unternehmer mit Sitz im Drittland an seine Drittlandskunden der österreichischen Umsatzsteuer.
Für Telekommunikationsleistungen an Leistungsempfänger im Drittland stellen die UStR bisher auf die Höhe der Besteuerung im Drittland ab (UStR Rz 643). Diese Regelung wird vermutlich geändert werden, sodass Roamingleistungen an Leistungsempfänger im Drittland jedenfalls der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen.
