BFG erklärt horizontale Unternehmensgruppe für zulässig
Das BFG hat in seiner noch nicht veröffentlichten Entscheidung vom 31. März 2022, RV/7104573/2020 entgegen des Wortlauts des § 9 KStG eine Unternehmensgruppe zwischen österreichischen Schwesterngesellschaften für zulässig erklärt, deren gemeinsame Muttergesellschaft im Ausland ansässig ist und über keine Zweigniederlassung in Österreich verfügt.
Sachverhalt
- Eine deutsche Muttergesellschaft hält jeweils 100% der Anteile an zwei österreichischen Kapitalgesellschaften.
- Die deutsche Gesellschaft verfügt weder über eine österreichische Zweigniederlassung/Betriebsstätte noch über eine österreichische operativ tätige Personengesellschaft, der die Anteile an den Kapitalgesellschaften zurechenbar sind.
- Die deutsche Muttergesellschaft stellt einen Antrag auf Bildung einer Unternehmensgruppe zwischen ihren beiden österreichischen Töchtern.
Entscheidung des BFG
- Nach den gesetzlichen Vorgaben können als Gruppenträger nur unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften oder beschränkt steuerpflichtige Gesellschaften mit eingetragener Zweigniederlassung im Inland fungieren.
- Diese Voraussetzung einer eingetragenen Zweigniederlassung für beschränkt steuerpflichtige Gesellschaften beurteilte das BFG als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit.
- Unter Berufung auf die EuGH-Judikatur (C-39/13 SCA Group Holding, C-749/18 B ua) gab das BFG dem Gruppenantrag statt und begründete eine horizontale Gruppe zwischen den beiden Schwesterngesellschaften (ohne die ausländische Muttergesellschaft).
- Welche der Schwestern als Gruppenträgerin fungiert, darf der Steuerpflichtige in seinem Antrag frei wählen. Dem Gruppenträger wird das gesamte inländische Gruppeneinkommen, das sich aus den steuerlichen Einzelergebnissen der inländischen Gruppengesellschaften ergibt, zugerechnet.
- Der Gruppenantrag ist dennoch von der gemeinsamen ausländischen Muttergesellschaft zu stellen.
Implikationen
- Österreichische Schwesterngesellschaften, die über eine gemeinsame ausländische Muttergesellschaft gehalten werden, dürfen in bestehende Gruppen aufgenommen werden oder neue Unternehmensgruppen begründen.
- Das BFG-Erkenntnis erhält keine Ausführungen zur Gruppenbildung in anderen Konstellationen (bspw österreichische Tante/Nichte).
- Unseres Erachtens sprechen gute Gründe dafür, auch ausländische Tochtergesellschaften der österreichischen Schwestergesellschaften in die Unternehmensgruppe einbeziehen zu können.
- Die Revision wurde zugelassen.
