Russland auf „Schwarzer Liste“ der EU
Besondere Sorgfalt bei russischen Beteiligungen geboten
Das neueste Treffen der EU-Finanzminister (ECOFIN) bringt Neuerungen für die Liste der nicht kooperierenden Gebiete für steuerliche Zwecke. Am 14. Februar 2023 beschlossen die Finanzminister der EU-Staaten, die Schwarze Liste gleich um vier Staaten zu erweitern. Neben der Russischen Föderation wurden die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und die Marshallinseln in die Liste aufgenommen. Als Gründe für die Aufnahme Russlands auf die Liste werden angeführt, der Verstoß Russlands gegen die „Good Tax Governance“-Kriterien des EU-Code of Conducts sowie der Dialogstopp in steuerlichen Angelegenheiten infolge des Ukraine-Konflikts.
Steuerliche Auswirkungen für österreichische Gesellschaften
Diese Entwicklung bringt erhebliche Auswirkungen für die Praxis mit sich. Die Schwarze Liste ist nämlich relevant für:
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- die Einstufung ausländischer Konzerngesellschaften als „niedrigbesteuert“ iSd § 10a Abs. 11 KStG („Fiktion der Niedrigbesteuerung“) sowie
- die Auslösung der Meldepflicht bei grenzüberschreitenden Zahlungen iSd § 5 Z. 1 lit. b EU-MPfG („DAC 6“).
- die Berechtigung zur Inanspruchnahme von COVID-19 Förderungen (zB Fixkostenzuschuss, Investitionsprämie, Verlustersatz) oder dem Energiekostenzuschuss iSd § 3 Z. 3 WohlverhG oder entsprechender Bestimmungen in den jeweiligen Förderrichtlinien.
Das bedeutet: Russische Gesellschaften an denen österreichische Unternehmen direkt oder indirekt beteiligt sind, gelten nun für Zwecke des § 10a KStG pauschal als „niedrigbesteuert“. Dies führt auf Ebene österreichischer Muttergesellschaften unter Umständen zur Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung (CFC). Für Dividendenerträge bzw. Veräußerungsgewinne kann es weiters zum Wechsel von der Befreiungs- zur Anrechnungsmethode („Methodenwechsel/Switch-Over“) kommen.
Zusätzlich wird bei Gestaltungen, welche in Österreich steuerlich abzugsfähige konzerninterne Zahlungen nach Russland bewirken (zB Darlehen, Lizenzvereinbarungen, Service-Level Agreements, Auftragsfertigung), potenziell eine DAC 6-Meldepflicht ausgelöst, da der russische Empfänger nun in einem Staat ansässig ist, der sich auf der „Schwarzen Liste“ befindet. Näheres dazu auf unserer DAC6-Microsite.
Darüber hinaus könnten österreichische Unternehmen, die ihren Sitz oder eine Niederlassung in Russland haben, künftig nicht mehr zur Inanspruchnahme von COVID-19-Förderungen (z.B. Investitionsprämie, Verlustausgleich, Erlösausfallbonus) oder dem Energiekostenzuschusses berechtigt sein, wenn die in Russland ansässige Gesellschaft bzw. Niederlassung überwiegend passive Einkünfte bezieht.
Handlungsbedarf
Aufgrund der Erweiterung der EU-Blacklist auf Russland ist allen österreichischen Gesellschaften mit Russlandbeteiligungen empfohlen zeitnah zu prüfen, ob dadurch die laufende Hinzurechnungsbesteuerung zur Anwendung gelangt. Selbiges gilt im Falle des Bezuges von Dividenden bzw. Veräußerungsgewinnen aus russischen Beteiligungen und der Anwendung des Methodenwechsels.
Österreichische Unternehmen, die ihren Sitz oder eine Niederlassung in Russland haben und die primär passive Einkünfte erzielen, sind ebenso aufgerufen, die Relevanz der Erweiterung der Schwarzen Liste in Hinblick auf ihre Berechtigung zum Erhalt von Förderungen zu überprüfen.
Hinweis: In Zeiten in denen zahlreiche Konzerne ihr Engagement am russischen Markt zurückfahren und zB lokale Einheiten liquidieren (woraus unter Umständen ein steuerlicher Veräußerungsgewinn resultiert) kann ein Wechsel zur Anrechnungsmethode zu einer empfindlichen Steuermehrbelastung auf Ebene der österreichischen Muttergesellschaft führen.
Sinngemäß ist auch bei Gestaltungen mit grenzüberschreitenden konzerninternen Zahlungen nach Russland im Einzelnen zu prüfen, ob durch die Änderung zukünftig DAC6-Meldepflichten ausgelöst werden.
Verfasst von: Richard Jerabek / Aleksandar Vesić