Abgabenänderungsgesetz 2023 beschlossen
Das Abgabenänderungsgesetz 2023 (AbgÄG 2023) wurde am 6. Juli 2023 im Nationalrat beschlossen und sieht eine Vielzahl von Neuerungen vor; darunter möchten wir einige herausgreifen:
Neuregelungen im Umgründungssteuergesetz
Im Rahmen des Gesellschaftsrechtlichen Mobilitätsgesetz (GesMobG) wird die EU-Mobilitätsrichtlinie umgesetzt werden, die neben der bereits bekannten EU-Verschmelzung nun auch die EU-Umwandlung (Sitzverlegung) und die EU-Spaltung gesellschaftsrechtlich umsetzt – insbesondere durch das EU-Umgründungsgesetz (EU–UmgrG). Die steuerlichen Begleitmaßnahmen dazu als auch weitere Neuerungen im Umgründungssteuergesetz finden sich im AbgÄG 2023:
Verschmelzung und Umwandlung als steuerliche Sitzverlegung
Da die EU-Verschmelzung schon bekannt ist, bedarf es hier keiner spezifischen Anpassungen an die EU-Mobilität.
Neu ist allerdings die Regelung zu side-stream Verschmelzungen, die faktisch einen Steueraufschub vorsieht: Kommt es durch die Verschmelzung zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts auf Ebene der Anteile an der übertragenden Gesellschaft, und werden die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft in weiterer Folge vom Anteilseigner verkauft oder scheiden sonst aus dem Betriebsvermögen aus, kommt es zur Nacherfassung der vormals steuerhängigen stillen Reserven in den Anteilen.
Ausgliederung als steuerliche Einbringung
Die Ausgliederung gem § 47 Z 5 EU-UmgrG nach unten ist für steuerliche Zwecke eine Einbringung und unterliegt somit sinngemäß den Regelungen des Art III UmgrG.
Neu sind ergänzend die Regelungen zur Rückwirkung von Rechtsbeziehungen auf den dem Einbringungsstichtag folgenden Tag, wenn zeitgerecht eine Entgeltvereinbarung getroffen wird, und die Möglichkeit (§ 19 Abs 2 Z 6 UmgrStG) auf eine Anteilsgewähr zu verzichten, wenn die Einbringenden am einzubringenden Vermögen im gleichen Verhältnis zueinander beteiligt sind als an der übernehmenden Gesellschaft. Die Parteienidentität ist an der Substanzbeteiligung zu messen (für Mitunternehmeranteile daher zB auf Basis des fixen Kapitals).
Zusammenschluss
Ein verunglückter Zusammenschluss soll entsprechend der Neuregelung im EStG, zur sog. Teilrealisierung führen. Dabei wird der Vorgang aufgeteilt: in Höhe der Eigenquote liegt eine Einlage bzw Buchwertfortführung vor, in Höhe der Fremdquote liegt eine Realisierung unter Aufdeckung der stillen Reserven vor (siehe dazu auch Einlagen in Personengesellschaften).
Spaltung
Die Neuregelung betreffen insbesondere die Begleitmaßnahmen zur grenzüberschreitenden Spaltung, die sich im Wesentlichen an der Verschmelzung orientieren: Kommt es zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts, entsteht die österreichische Steuerschuld, welche auf Antrag in Raten gezahlt werden kann. Wird das Besteuerungsrecht Österreichs eingeschränkt, kommt es zu keiner weiteren Besteuerung auf Ebene der Gesellschafter, sofern diese in der EU/EWR ansässig sind. Zur side-stream Spaltung siehe bereits vorne zur Verschmelzung.
Elektronische Meldung von Umgründungen
Gem § 43 UmgrStG sind Umgründungen den jeweiligen Finanzämtern anzuzeigen. Dies soll für Umgründungen mit einem Stichtag nach dem 31. Dezember 2023 über ein Datenblatt in FinanzOnline erfolgen. Selbiges gibt auch für die Meldungen gem § 13 UmgrStG.
Einlagen in Personengesellschaften
Bisher war strittig, wie Einlagen der Mitunternehmer in ihre (anteilige) Mitunternehmerschaft steuerlich zu erfassen sind. Die Finanzverwaltung hat eine Teilrealisierung vertreten, wonach es nur in Höhe der Fremdquote zu einer Realisierung der stillen Reserven im Wirtschaftsgut kommt. Diese Ansicht wird nun im AbgÄG 2023 gesetzlich verankert, sodass der Vorgang für steuerliche Zwecke quasi in zwei Akte aufgeteilt wird. Dies bedingt, dass eine entsprechende Vorsorge gegen die Verschiebung von stillen Reserven getroffen wird:
- In Höhe der Eigenquote kommt es zur Einlage bzw bei verunglückten Zusammenschlüssen oder Realteilungen zur Buchwertfortführung.
- In Höhe der Fremdquote kommt es zur Realisierung der stillen Reserven.
Zurechnung von Dividenden aus börsennotierten Aktien
Mit dem Erkenntnis vom 28. Juni 2022 hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschieden, dass Dividenden steuerlich der Person zuzurechnen sind, die im Zeitpunkt des Dividendenbeschlusses (Tag der Hauptversammlung) Eigentümerin der Aktien war (VwGH 28.06.2022, Ro 2022/13/0002). Folglich ist nach dieser Entscheidung die österreichische Kapitalertragsteuer (KESt) auf Dividenden auch nur an die Person zu erstatten, die über die Aktien am Tag der Hauptversammlung verfügte. Nach der Entscheidung des VwGH gilt dies auch dann, wenn die Person die Dividenden aufgrund einer Veräußerung der Aktien zwischen Hauptversammlung und dem Ex-Tag (das ist der Tag, ab dem eine Aktie ohne Dividende gehandelt wird) gar nicht erhalten hat.
Da diese Zurechnungsregelung der Dividenden nicht den internationalen Börseusancen entspricht, wurde mit dem AbgÄG 2023 in § 32 EStG der Absatz 4 hinzugefügt, der für börsennotierte Aktien Folgendes regelt:
- Eine Dividende ist derjenigen Person zuzurechnen, die wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien am Ende des Record-Tages ist. Der Record-Tag ist der Tag, an dem der Zentralverwahrer der Aktien die Dividenden-Anspruchsberechtigung feststellt. Die Person, die demnach die Aktien am Ende des Record-Tages auf ihrem Wertpapierdepot verbucht hat, kann sich die österreichische Kapitalertragsteuer (KESt) auf die Dividenden auf die Körperschaftsteuer anrechnen lassen oder eine Rückerstattung auf Basis eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA), der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie oder sonstiger Bestimmungen beantragen.
- Um Missbrauch (d.h. Gestaltungen, die auf eine Vermeidung der KESt abzielen) zu vermieden, ist eine Anrechnung oder Erstattung der KESt auf Dividenden dann nicht möglich, wenn der wirtschaftliche Eigentümer der Aktien kein angemessenes wirtschaftliches Risiko trägt, eine Mindestbehaltedauer von 45 Tagen rund um den Record-Tag nicht erfüllt ist, die Übertragung zu einem Steuervorteil führt und die Dividenden in einem Kalenderjahr EUR 20.000 übersteigen. Eine Erstattung der KESt wird also insbesondere bei einer kurzfristigen Wertpapierleihe nicht möglich sein, wenn der Entleiher – anders als der Verleiher – nicht der KESt unterliegt.
Der neue § 32 Abs 4 EStG gilt für Dividenden, deren Record-Tag nach dem 30. Juni 2023 liegt. Liegt der Record-Tag vor dem 1. Juli 2023, so ist hinsichtlich der Zurechnung der Dividenden – basierend auf der VwGH-Entscheidung – auf das wirtschaftliche Eigentum am Tag der Hauptversammlung (dh Verbuchung der Aktien am Wertpapierdepot am Ende des Tages vor der Hauptversammlung) abzustellen.
Digitale KESt-Befreiungserklärung
Bei Wertpapierdepots, die einem Betrieb einer inländischen Körperschaft zuzuordnen sind, hat die inländische depotführende Stelle keine KESt abzurechnen, wenn eine KESt-Befreiungserklärung abgegeben und von der depotführenden Stelle an das Finanzamt weitergeleitet wird (§ 94 Z 5 EStG). Ab dem Jahr 2025 ist die KESt-Befreiungserklärung in digitaler Form an das Finanzamt zu übermitteln. Auch bei Wertpapierdepots einer eigennützigen Privatstiftung darf die depotführende Stelle ab dem Jahr 2025 vom KESt-Abzug nur noch dann absehen, wenn eine digitale KESt-Befreiungserklärung an das Finanzamt übermittelt wird (derzeit ist eine Übermittlung an das Finanzamt nicht erforderlich).
Klarstellungen zur Besteuerung von Kryptowährungen
Seit dem 1. März 2022 gelten Einkünfte aus Kryptowährungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und werden in der Regel mit dem besonderen Steuersatz von 27,5% besteuert. Mit dem AbgÄG 2023 wurden folgende Klarstellungen in das EStG aufgenommen:
- Gemäß § 27b Abs 2 EStG sind Einkünfte aus Staking, Airdrops, Bounties und Hardfork nicht im Zuflusszeitpunkt, sondern erst im Zuge der späteren Veräußerung steuerlich zu erfassen. Mit dem AbgÄG 2023 wird klargestellt, dass dies auch im betrieblichen Bereich gilt. Auch der Tausch einer Kryptowährung gegen eine andere Kryptowährung soll im betrieblichen Bereich nicht zu einer Realisierung führen (§ 4 Abs. 3b EStG).
- Bei allen auf einer Kryptowährungsadresse bzw. Kryptowährungswallet befindlichen Einheiten derselben Kryptowährung ist bei Erwerb in zeitlicher Aufeinanderfolge der gleitende Durchschnittspreis in Euro als Anschaffungskosten anzusetzen (§27a Abs 4 Z 3a EStG).
- Eine Kryptowährung und die im Rahmen einer Leihe entstandene Forderung auf Rückzahlung der Kryptowährung stellen ein einheitliches Wirtschaftsgut dar (siehe dazu auch EStR, Rz 6178k). Die Überlassung einer Kryptowährung (Lending) ist folglich kein Tausch und löst daher auch keine Besteuerung aus (§ 27b Abs 4 EStG).
Generalnorm für die Antragstellung und Ausübung von Wahlrechten in den Steuererklärungen
Im Sinne der Rechtssicherheit wurde eine Generalnorm geschaffen, wonach Anträge und die Ausübung von Wahlrechten grundsätzlich in der jeweiligen Steuererklärung zu erfolgen habent. Damit wird nicht nur die Art und Weise der Informationsbereitstellung geregelt, sondern auch damit einhergehende Änderungsmöglichkeiten (zB im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens). Entsprechend sorgfältig ist die Steuererklärung ab dem Jahr 2023 vorzubereiten.
Übergangsregelung bei der Übertragung von stillen Reserven von Privatstiftung
Stille Reserven aus dem Verkauf von Anteilen können gem § 13 Abs 4 KStG auf Ersatzbeteiligungen übertragen werden. Dem entsprechend kürzen sich die Anschaffungskosten an der Ersatzbeteiligung. Bis zum VwGH-Erkenntnis 17.11.2022, Ra 2021/15/0053 war es gängige Praxis, dass auch auf eine Kapitalerhöhung an bestehenden Gesellschaften eine Übertragung stattfinden konnte. Der VwGH verneinte jedoch eine Übertragung auf bereits bestehende, erweiterte Anteile. Vor diesem Hintergrund ist die Übergangsregelung zu sehen: Sie gilt für Altfälle, in denen Ersatzanschaffungen durch Kapitalerhöhung ab dem Kalenderjahr 2001 bis zum 30. April 2023 stattfand. Für diese Altfälle bleiben die, um stillen Reserven gekürzten, Anschaffungskosten relevant.
Wesentliche Änderungen in der Umsatzsteuer
Keine USt kraft Rechnungsstellung gem § 11 Abs 12 UstG tritt ein, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Lieferung oder sonstige Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Entsprechend der Rechtsprechung des EuGH erlischt lediglich die Zollschuld, nicht jedoch die Einfuhrumsatzsteuerschuld, wenn die Waren eingezogen oder beschlagnahmt und eingezogen werden.
Wesentliche Änderungen in der Bundesabgabenordnung
Automationsunterstützte Quotenregelung
Bisher bestand für die Quotenregelung für Steuerberater:innen keine gesetzliche Regelung. Dies ändert sich mit dem AbgÄG 2023 und dem neuen § 134a BAO:
Grundsätzlich sind Steuererklärungen (ESt, KöSt, USt und Feststellungserklärungen) jeweils bis zum 30. Juni des Folgejahres (bei elektronischer Einreichung) einzureichen. Gemäß § 134a Abs 1 BAO können jedoch Abgabenerklärungen von vertretenen Abgabepflichtigen durch Steuerberater:innen bis längstens 31. März des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres eingereicht werden („automationsunterstütze Quotenregelung“). Das zuständige Finanzamt kann die Frist bis 30. Juni des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres verlängern, allerdings nur für alle Abgabenerklärungen, die im Rahmen der jeweiligen Quote durch den/die Steuerberater:in noch nicht eingereicht wurden.
Umfasst sind alle oben genannten Steuererklärungen. Ausgenommen von der Quotenregelung sind nur Arbeitnehmerveranlagungen, also Einkommensteuererklärungen, für die die Einkommensteuer durch Lohnsteuerabzug erhoben worden ist oder zu erheben gewesen wäre.
In Kraft tritt § 134a BAO mit 1. Jänner 2024 und ist erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, der nach dem 31. Dezember 2022 beginnt.
In § 134a BAO ist eine Konkretisierung der automationsunterstützten Quotenregelung durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen vorgesehen. Eine solche Verordnung liegt auch bereits im Entwurf vor.
Elektronische Übermittlung von Auskunftsbescheiden
Auskunftsbescheide gemäß § 118 BAO sind ab 1. Jänner 2024 lediglich über FinanzOnline einzubringen. Die Verpflichtung besteht jedoch nur, wenn der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung über eine inländische Steuernummer verfügt.
Verwaltungsvereinfachung für Landes- und Gemeindeabgaben
Ländern und Gemeinden wird es ab 1. Jänner 2024 ermöglicht, Landes- und Gemeindeabgaben von höchstens EUR 300 durch eine formlose Zahlungsaufforderung vorzuschreiben (§§ 198a und 203a BAO).
Videogestütztes elektronisches Verfahren zur Feststellung der Identität
In § 86a BAO ist zukünftig vorgesehen, dass durch Verordnung ein videogestütztes elektronisches Verfahren zur Feststellung der Identität einer betroffenen Person (Online-Identifikation) eingesetzt werden darf. Anwendungszweck sind die erstmalige Aufnahme einer Person in den Datenbestand der Bundesfinanzverwaltung oder die Ausstellung von Zugangsdaten zu FinanzOnline bzw deren Rücksetzung. Eine entsprechende Verordnung liegt auch bereits im Entwurf vor.
Neuerungen im Finanzstrafrecht
Verlängerung Verjährungsfrist
Für besonders schwerwiegende Finanzvergehen wird die Verjährungsfrist verlängert. Für den Abgabenbetrug mit einem EUR 500.000 übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag sowie für den grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug ist nun eine zehnjährige Verjährungsfrist (bislang: fünf Jahre) vorgesehen. Anwendbar ist § 31 Abs 2 FinStrG ab dem Tag nach Kundmachung im Bundesgesetzblatt.
Gerichtliche Zuständigkeit: Anhebung der Wertbeträge
Das Gericht ist nun zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn
- das Finanzvergehen vorsätzlich begangen wurde und der strafbestimmende Wertbetrag EUR 150.000 (bislang: EUR 100.000) übersteigt oder
- wenn die Summe der maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge aus mehreren zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen EUR 150.000 übersteigt und alle diese Vergehen in die sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fallen.
An die Stelle des Wertbetrages von EUR 150.000 tritt für bestimmte Delikte der Wertbetrag von EUR 75.000 (bislang: EUR 50.000):
- Schmuggel und Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben (§ 35 FinStrG),
- Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 FinStrG mit Sachen oder mit Erzeugnissen aus Sachen, hinsichtlich derer ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde.
Anwendbar ist § 53 Abs 1 und 2 FinStrG ab dem Tag nach Kundmachung im Bundesgesetzblatt.
Andere wesentliche Änderungen in der Übersicht
Weitere wesentliche Punkte des AbgÄG 2023 sind ua:
- Zahlungen gem der Kraftstoffverordnung an den:die Besitzer:innen von e-Fahrzeugen sind steuerfrei, und die Grenzen für die Photovoltaikanlagen wurden entsprechend angehoben.
- Entnahme von Grund und Gebäude aus dem Betriebsvermögen zum Buchwert, die damit aufgehobene Entnahmebesteuerung soll der Bodenversiegelung vorbeugen;
- Elektronische Übermittlung von behördlichen Schriftsätzen an das BFG;
- Ansatz des Buchwertes im Fall der Nichtfestsetzung als auch bei § 16 Abs 1a UmgrStG;
- Typenvergleich auch für unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften.