Neue US-Zollregelungen: Herausforderung und Handlungsbedarf für Unternehmen
Anfang April 2025 ist zwischen den USA und der EU ein Handelsstreit ausgebrochen, der europäische Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Dieser Newsletter gibt einen kurzen Überblick über mögliche Herausforderungen und bietet Handlungsalternativen, wie diesen begegnet werden kann.
Die USA haben Anfang April 2025 eine umfassende Zollregelung auf Waren aus unterschiedlichen Ländern in Kraft gesetzt. Diese Gegenzölle sehen einerseits, mit Ausnahme von einigen Warengruppen, einen Mindestzoll von 10% auf sämtliche Importe in die USA vor. Der Mindestzoll kann länderspezifisch höher ausfallen – für die EU beträgt er 20%. Für die meisten Länder, mit Ausnahme China, sind die Gegenzölle, die über den Mindestzoll hinausgehen, aktuell für 90 Tage ausgesetzt. Andererseits wurden bereits im März Zölle in Höhe von 25% für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile sowie Stahl und Aluminium eingeführt. Die Gegenzölle und die Zölle für bestimmte Warengruppen wirkt nicht additiv – d.h. Warengruppen, die bereits mit Zöllen belegt sind, werden nicht nochmals mit dem Mindestzoll belegt. Zölle für weitere Produktgruppen sind vorgesehen. Die EU prüft ihrerseits Gegenmaßnahmen und schlägt Gegenzölle für bestimmte US-Waren vor. Wie lange dieser Handelsstreit andauern wird, ist derzeit ungewiss.
Von diesem herausfordernden Marktumfeld sind mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich alle Branchen betroffen. Es dürfen auch die Auswirkungen von Vergeltungszöllen nicht aus den Augen gelassen werden. Vom aktuellen Handelsstreit können auch Unternehmen getroffen werden, die Waren aus den USA importieren. Unternehmen sollten daher generell die Entwicklung in diesem Bereich im Auge behalten und potenzielle Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit proaktiv evaluieren, um den daraus resultierenden Handlungsbedarf rechtzeitig adressieren zu können.
Potenzielle Strategien zur Minderung der Zollbelastung
Um den bevorstehenden Störungen im globalen Handel und Commerce wirksam zu begegnen, sollten Unternehmen, insbesondere solche mit einer starken Abhängigkeit von globaler Beschaffung, proaktiv ihre Warenströme und -verkäufe analysieren und wenn nötig an die sich wandelnde Handelslandschaft anpassen. Nachdem feststeht, welche Waren von den Zöllen tatsächlich betroffen sind, könnten beispielsweise folgende Maßnahmen ad hoc zur Reduktion der Zölle angedacht werden:
- Überprüfung der zolltariflichen Einreihung
- Überprüfung der Zollwertermittlung
- Überprüfen, ob US-Content bei der Berechnung der Zölle berücksichtigt wird
- Unbundling von Leistungspaketen – d.h. Überprüfung, ob im Warenpreis z.B. Dienstleistungen, Transportkosten, etc. enthalten sind und abgegolten werden
- Anwendung der First Sale Rule (d.h. bei mehreren Verkäufen in der Lieferkette wird der Zollwert anhand des ersten Verkaufs festgelegt)
Bei den zuvor dargestellten ad hoc Maßnahmen dürfen die Verrechnungspreise nicht außer Acht gelassen werden. Beim Unbundling von Leistungspaketen ist zu beurteilen, wie die einzelnen „frei werdenden“ Transaktionen aus Sicht der Verrechnungspreise zu beurteilen sind. Auch bei Anwendung der First Sale Rule ist sicherzustellen, dass der erste Verkauf in der Lieferkette dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht und entsprechende Dokumentationserfordernisse bzw. Nachweise geführt werden können.
Mittel- und langfristig könnten strukturelle Änderungen in der Supply Chain angedacht werden. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass strukturelle Änderungen in der Lieferkette nicht nur aus Sicht des Zolls beurteilt werden, sondern auch aus steuerlicher Sicht – d.h. vor allem hinsichtlich der Auswirkungen auf die Verrechnungspreise und hinsichtlich Exit Tax.
Aus Sicht der Verrechnungspreise ist im Zusammenhang mit der Zollthematik ganz generell zu bedenken, dass Margenänderungen sowie die Ungewissheit zukünftiger Kosten auf Ebene von US verbundenen Unternehmen wesentliche Herausforderungen darstellen können. Die angewandte Verrechnungspreispolitik sollte daher eingehend bewertet und die Auswirkungen von Zöllen auf Waren sorgfältig analysiert werden. Dabei sollte insbesondere untersucht werden, ob sich Margen auf Ebene der US verbundenen Unternehmen auf Grund der Zölle aus der fremdüblichen Bandbreite heraus bewegen und beurteilt werden, wie damit umzugehen ist. Es stellt sich generell die Frage, wer die Effekte aus den verringerten Margen bzw. wer die zu erwartenden zusätzlichen Kosten auf Grund der Zölle in der multinationalen Unternehmensgruppe zu tragen hat, sollten diese nicht an den Kunden weitergegeben werden können.
Fazit und Ausblick
Multinationale Unternehmen sollten sorgfältig analysieren, wie veränderte Zölle ihr jährliches operatives Ergebnis beeinflussen könnten. PwC bietet umfassende Unterstützung, um Unternehmen sowohl bei der Identifizierung des erforderlichen Anpassungsbedarfs als auch bei der erfolgreichen Umsetzung der neuen Anforderungen zu begleiten.
Die Auswertung kritischer Daten wird dabei entscheidend sein, um fundierte strategische Entscheidungen zu treffen und umsetzbare Optionen zu identifizieren.
Eine harmonisierte Ausrichtung der Strategien in den Bereichen Lieferkette, Steuerrecht, Zoll und Finanzen ist unerlässlich, um Risiken zu minimieren und unerwartete Kosten zu vermeiden. Ein effektives Management der internen Preisgestaltung trägt zudem dazu bei, die unterschiedlichen Anforderungen von Steuer- und Zollbehörden in Einklang zu bringen und sowohl Stabilität als auch ein effektives Governance- und Compliance-System aufrechtzuerhalten.
Darüber hinaus können wir Sie unterstützen, ein effektives und reibungslos funktionierendes Verrechnungspreissystem zu etablieren, das den neuen Zollvorschriften gerecht wird und die Compliance sichert. Gerne analysieren wir gemeinsam mit Ihnen die Auswirkungen der Zölle auf Ihre Geschäftsabläufe und helfen Ihnen, geeignete kurz-, mittel-, und langfristige Strategien zur Risikominderung zu entwickeln.