Besteuerung von Portfoliodividenden aus Drittstaaten widerspricht EU-Recht
Am 10. Februar 2011 wurde das Urteil des EuGH in den verbundenen Rechtssachen Haribo und Österreichische Salinen AG vs. Finanzamt Linz (C-436/08 und C-437/08) veröffentlicht, wobei der Auffassung der Generalanwältin Kokott nur teilweise gefolgt wurde. Die Fragen, welche der Unabhängige Finanzsenat (UFS) dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorgelegt hatte, betrafen die Besteuerung von Portfoliodividenden welche unter § 10 KStG wie folgt geregelt ist:
- Dividendenerträge von in Österreich ansässigen Gesellschaften sind generell von der KöSt befreit (unabhängig vom Beteiligungsausmaß).
- Portfoliodividenden (< 10%) von in der EU ansässigen Gesellschaften sind steuerbefreit, wenn die ausschüttende Gesellschaft einer Besteuerung ähnlich der österreichischen KöSt unterliegt und der ausländische KöSt-Satz nicht unter 15% liegt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so kommt es zur Anwendung der Anrechnungsmethode (Switch-over).
- Für EWR-Portfoliodividenden gilt prinzipiell dieselbe Systematik wie für EU-Portfoliodividenden, allerdings mit der Voraussetzung, dass ein Amts- und Vollstreckungshilfeabkommen mit dem Quellenstaat besteht (nur für Norwegen erfüllt).
- Für Portfoliodividenden aus Drittstaaten und aus EWR-Staaten ohne Amts- und Vollstreckungshilfeabkommen besteht weder die Möglichkeit einer Befreiung noch einer Anrechnung der ausländischen KöSt.
Wesentliche Aussagen des EuGH
- Die österreichische Regelung, wonach auf EU/EWR Portfoliodividenden unter gewissen Umständen nicht die Befreiungs- sondern die Anrechnungsmethode angewandt wird (Switch-over) während inländische Dividendeneinkünfte generell befreit sind, widerspricht nicht der Kapitalverkehrsfreiheit.
- Es widerspricht jedoch der Kapitalverkehrsfreiheit, dass für Portfoliodividenden aus Drittstaaten weder die Befreiungs- noch die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt.
- Die Steuerbefreiung bzw. Anrechnung für Portfoliodividenden aus EWR- oder Drittstaaten an das Erfordernis eines Amtshilfeabkommens zwischen Österreich und dem Quellenstaat zu knüpfen widerspricht grundsätzlich nicht dem EU-Recht. Das Erfordernis eines Abkommens über Vollstreckungshilfe hingegen widerspricht dem EU-Recht.
- Die Finanzbehörde kann als Voraussetzung für die steuerliche Entlastung der ausländischen Dividenden Angaben über die ausländische Steuervorbelastung verlangen. Die Verantwortung für das Erbringen der erforderlichen Dokumentation liegt dabei primär beim Steuerpflichtigen, wobei praktische Hürden bei der Erlangung der notwendigen Dokumentation die Entlastungsregelung nicht EU-rechtswidrig macht.
- Bei Anwendung der Anrechnungsmethode muss ein Anrechnungsvortrag für im Ausland entrichtete Körperschaftsteuern ermöglicht werden. Für ausländische Quellensteuern gilt diese Verpflichtung nicht.
Erwartete Änderungen der österreichischen Besteuerung von Portfoliodividenden
Aufgrund des o.a. Urteils werden Änderungen in der österreichischen Besteuerungssystematik von Portfoliodividenden in folgenden Bereichen erwartet:
- Entfall des Erfordernisses eines Vollstreckungshilfeabkommens zwischen Österreich und dem Quellenstaat als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der bedingten Befreiungsmethode auf Portfoliodividenden aus EWR-Staaten.
- Einführung der Anrechnungsmethode für Portfoliodividenden aus Drittstaaten (verbunden mit dem Erfordernis eines Amtshilfeabkommens mit dem jeweiligen Quellenstaat).
- Einführung eines Anrechnungsvortrags für ausländische Körperschaftsteuern (nicht jedoch für Quellensteuern).
Insofern Sie in der Vergangenheit Portfoliodividenden lukriert haben oder dies aktuell tun, empfehlen wir eine genaue Analyse der unter den o.a. Gesichtspunkten zur Anwendung gelangenden steuerlichen Behandlung. Wir stehen Ihnen diesbezüglich gerne zur Verfügung.
Autorin: Ulrike Koller