Umsatzsteuer-Richtlinien: Highlights aus dem Wartungserlass 2011

Das BMF hat im Wartungserlass 2011 einige gesetzliche Änderungen und die aktuelle Judikatur der Höchstgerichte eingearbeitet. Die wichtigsten Änderungen sind:

Verschärfung bei der Organschaft

Die ältere Rechtsprechung des VwGH ging von der Möglichkeit einer Schwesterorganschaft bei Kapitalgesellschaften aus, an denen der gleiche Gesellschafter beteiligt war. Dies selbst dann wenn die Schwestergesellschaften nicht in das Unternehmen des Gesellschafters (beispielsweise weil der Gesellschafter kein Unternehmer ist) eingegliedert waren. Die Finanzverwaltung ist jetzt einem Judikat des Bundesfinanzhofes (BFH) gefolgt und hat klargestellt, dass eine Schwesterorganschaft nur dann möglich ist, wenn beide Schwestergesellschaften in das Unternehmen des gemeinsamen Gesellschafters eingegliedert sind, d.h. wenn der Gesellschafter der gemeinsame Organträger ist.

Firmenwert weiterhin eine Lieferung

Die Finanzverwaltung geht weiterhin darauf davon aus, dass der Firmenwert und der Kundenstock Gegenstände und somit Lieferungen darstellen, obwohl in der EU (auch in Deutschland) von einer sonstigen Leistung ausgegangen wird. Diese Rechtsansicht widerspricht unseres Erachtens dem Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2009 (C-242/08, Swiss Re), der bei der Übertragung von Rückversicherungsportfolios eine sonstige Leistung annimmt.

Zahlungsbearbeitungsentgelt

Ein zusätzliches, bei Verwendung bestimmter Zahlungsarten (z.B. Zahlschein, Telekommunikationsdienste) berechnetes Entgelt wird wie die Hauptleistung behandelt und ist daher in der Regel steuerpflichtig.

Ort der sonstigen Leistung

Hinsichtlich des Orts der sonstigen Leistung werden die Begriffe „Sitz“ bzw. „Betriebstätte“ des Leistungsempfängers klarer definiert.

Konferenzen und Seminare

Künftig wird unterschieden, ob es sich um öffentliche, allgemein zugängliche Veranstaltungen handelt oder ob die Veranstaltung auf einen begrenzten Teilnehmerkreis beschränkt ist. Öffentliche und allgemein zugängliche Veranstaltungen sind auch im B2B-Bereich am Veranstaltungsort steuerbar. Veranstaltungen mit einem begrenzten Teilnehmerkreis sind im B2B-Bereich dagegen am Empfängerort steuerbar. Veranstaltet ein ausländischer Unternehmer in Österreich einen Kongress, so geht ab 2012 die Steuerschuld auch im B2B-Bereich nicht mehr auf den Leistungsempfänger über. Vielmehr ist der leistende ausländische Unternehmer zur Verrechnung und Abfuhr der Umsatzsteuer in Österreich verpflichtet und muss sich in Österreich umsatzsteuerlich registrieren.

Factoring

Es erfolgen geringfügige Ergänzungen. (Noch) nicht eingearbeitet wurde das EuGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 (C-93/10, GFKL), wonach der Verkauf von zahlungsgestörten Forderungen nicht als Factoringleistung des Forderungskäufers an den Forderungsverkäufer, sondern als steuerfreie Veräußerung einer Forderung durch den Forderungsverkäufer an den Forderungserwerber qualifiziert wird.

Übernahmegarantie

Die entgeltliche Abgabe von Übernahmegarantien durch Kreditinstitute an Emittenten anlässlich der Ausgabe von Wertpapieren ist steuerfrei (EuGH-Urteil vom 10.03.2011, C-540/09, SEB).

Glücksspiel und Postdienstleistungen

Im Erlass finden sich auch umfangreiche Ausführungen und Anpassungen aufgrund der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 sowie zu den Postdienstleistungen.

Ausfuhrnachweis

Voraussetzung für die Steuerbefreiung bei den Ausfuhrnachweisen im Rahmen des Electronic Control System (ECS) ist die Aufbewahrung des vom Zollamt übermittelten Datensatzes (entweder als Ausdruck oder elektronisch).

Reverse Charge

Die Begriffe „Reinigung von Bauwerken“ sowie „Lieferung von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen“ werden näher erläutert.