BFH zur Ausgestaltung von konzerninternen Dienstleistungsverträgen

In einer Entscheidung (I R 75/11) vom 11. Oktober 2012 nahm der Deutsche Bundesfinanzhof (BFH) zur formellen Ausgestaltung von konzerninternen Dienstleistungsverträgen Stellung.

Ausgangssachverhalt

Eine niederländische Gesellschaft verrechnete einer deutschen Konzerngesellschaft konzerninterne Dienstleistungen im Rahmen eines „group cost sharing agreements“. Dieses Agreement wurde im Jahr 2003 in mündlicher Form zwischen den beiden Konzerngesellschaften abgeschlossen. Der schriftliche Vertrag wurde erst im Dezember des Jahres 2004 final unterzeichnet und sollte rückwirkend ab 01. Januar 2004 Gültigkeit besitzen. In diesem Zeitraum wurden der deutschen Konzerngesellschaft Dienstleistungen in Höhe von rund 71.000 € verrechnet. Es gab keine Zweifel in Bezug auf die Angemessenheit der Kostenumlage.

Die Meinungen von Finanzverwaltung und Bundesfinanzhof

Die deutsche Finanzverwaltung akzeptierte die rückwirkende Verrechnung der Dienstleistung an die deutsche Konzerngesellschaft im Jahr 2004 nicht – sie qualifizierte die Zahlung als verdeckte Gewinnausschüttung. Dies begründete die deutsche Finanzverwaltung damit: Nach § 8 Abs. 3 KStG muss bereits vor der Ausübung der jeweiligen Leistung ein schriftlicher Vertrag bestehen. Demnach sei das steuerpflichtige Einkommen der deutschen Konzerngesellschaft um rund 71.000 € zu erhöhen.

Der Deutsche Bundesfinanzhof bestätigt in seinem Urteil eine Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens gegenüber der nationalen, deutschen Gesetzgebung. Der Bundesfinanzhof stellte in seiner Entscheidung klar: Es sei nicht von Bedeutung ob Konditionen für konzerninterne Dienstleistungen vor Erbringung der Leistung in einem schriftlichen Vertrag festgehalten werden oder nicht. Der Fremdvergleichsgrundsatz in Art. 9 des OECD Musterabkommens besagt, dass sich der Grundsatz des „dealing at arm’s length“ beim Austausch von Gütern oder Leistungen nur mit der Angemessenheit der Vergütung beschäftige, nicht aber mit formellen Einzelheiten zum Vertragsabschluss.

Artikel 6 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) von 1959 zwischen den Niederlanden und Deutschland entspricht grundsätzlich Art. 9 Abs. 2 des OECD Musterabkommens. Aufgrund dessen, dass das DBA der nationalen Rechtssprechung gegenüber eine Sperrwirkung entfaltet, entschied der Deutsche Bundesfinanzhof zu Gunsten des Steuerpflichtigen – und somit gegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch die deutsche Finanzverwaltung.

Empfehlungen für Österreich

Das Urteil des Deutschen Bundesfinanzhofes könnte durchaus ein richtungsweisendes Indiz für zukünftige Entscheidungen des VwGH zur Behandlung von formellen Anforderungen an Dienstleistungsverträge sein. Wir empfehlen daher österreichischen Steuerpflichtigen, deren Verrechnungspreise auf Grund von ähnlichen Umständen aus formellen Gründen angezweifelt werden:

  1. Prüfen Sie das jeweilige DBA inhaltlich auf Ähnlichkeiten mit Art. 9 des OECD Musterabkommens und
  2. verweisen Sie gegebenenfalls auf das Urteil des BFH.

Auch wenn das Urteil des BFH dem Fremdvergleichsgrundsatz den Vorrang gegenüber den nationalen Bestimmungen gewährt, empfiehlt es sich dennoch, Verträge zwischen Konzerngesellschaften schriftlich und im Voraus abzuschließen, um eine Konfrontation mit der österreichischen Finanzverwaltung zu vermeiden. Zudem kann eine vertragliche Risikozuordnung, die in vielen Fällen erforderlich ist, nur im Vorhinein vereinbart werden. Ein lediglich mündlich abgeschlossener Vertrag sollte deshalb ehestmöglich schriftlich fixiert werden.