Auswirkungen von Liquidationen auf die Unternehmensgruppe

Der VwGH hat im Erkenntnis 2011/13/0008  vom 26. November 2014 entschieden, dass eine in Liquidation befindliche Kapitalgesellschaft nicht als Gruppenträger iSd § 9 KStG fungieren kann. Das BMF hat dieses Erkenntnis zum Anlass genommen, seine bisher in den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 dargestellte Rechtsansicht zu dieser Thematik zu ändern.

Erkenntnis des VwGH

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis klar gestellt, dass eine nach § 19 KStG in Liquidation befindliche Kapitalgesellschaft nicht als Gruppenträger iSd § 9 KStG in Betracht kommt. Als Begründung führt der VwGH an, dass es ansonsten zu einer Vermischung des Regimes der Gruppenbesteuerung (operative Einkünfte) mit jenem der Liquidationsbesteuerung (Einkünfte aus der Abwicklung der Gesellschaft) kommen würde. Diese Vermischung würde dem Sinn und Zweck der Gruppen- und Liquidationsbesteuerung widersprechen. Der VwGH bleibt jedoch eine Erklärung für diese Begründung schuldig.

Bisherige Rechtsansicht des BMF

Das BMF vertrat bisher folgende Rechtsansicht in den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 (KStR 2013):

  • Körperschaften, die sich in Liquidation befinden, können nicht in die Gruppe aufgenommen werden, da sie die dreijährige Mindestdauer nicht erfüllen. Dies gilt sowohl für Gruppenträger also auch für Gruppenmitglieder.
  • Wenn der Gruppenträger in die Liquidation eintritt, wird die Unternehmensgruppe erst mit Löschung des Gruppenträgers beendet. Ist zu diesem Zeitpunkt die Mindestdauer erfüllt, kommt es zu keiner Rückabwicklung.
  • Sollte ein Gruppenmitglied in Liquidation eintreten, scheidet das Gruppenmitglied nicht aus der Unternehmensgruppe aus, wenn es bereits zwei volle Wirtschaftsjahre Gruppenmitglied ist und der folgende Liquidationszeitraum zumindest zwölf Monate umfasst. Ansonsten scheiden das Gruppenmitglied und damit auch alle Gruppenmitglieder, an denen das in Liquidation eintretende Gruppenmitglied als beteiligte Körperschaft iSd § 9 (4) KStG fungiert, mit dem Ende des der Auflösung des Gruppenmitglieds vorangegangenen Wirtschaftsjahres aus.

Neue Rechtsansicht des BMF

Wie in der Information des BMF vom 3. Juli 2015 verlautbart, vertritt das BMF aufgrund des oben genannten VwGH-Erkenntnisses nun folgende Rechtsansicht, die in die nächste Wartung der KStR 2013 einfließen soll:

  • Körperschaften, die sich in Liquidation befinden, können nicht in die Gruppe aufgenommen werden, da sie die dreijährige Mindestdauer nicht erfüllen. Dies gilt sowohl für Gruppenträger also auch für Gruppenmitglieder (keine Änderung der bisherigen Ansicht).
  • Tritt der Gruppenträger in die Liquidation ein, führt dies zur Beendigung der bestehenden Unternehmensgruppe mit dem Ende des der Auflösung der Körperschaft vorangegangenen Wirtschaftsjahres.
  • Sollte ein Gruppenmitglied in Liquidation eintreten, scheidet das Gruppenmitglied nicht aus der Unternehmensgruppe aus, wenn es bereits zwei volle Wirtschaftsjahre Gruppenmitglied ist und der folgende Liquidationszeitraum zumindest zwölf Monate umfasst. Ansonsten scheiden das Gruppenmitglied und damit auch alle Gruppenmitglieder, an denen das in Liquidation eintretende Gruppenmitglied als beteiligte Körperschaft iSd § 9 (4) KStG fungiert, mit dem Ende des der Auflösung des Gruppenmitglieds vorangegangenen Wirtschaftsjahres aus (keine Änderung der bisherigen Ansicht).
  • Der Eintritt eines Gruppenmitglieds in die Liquidation hat jedoch stets zur Folge, dass jene Gruppenmitglieder, an denen das in Liquidation eintretende Gruppenmitglied als beteiligte Körperschaft iSd § 9 (4) KStG fungiert, mit dem Ende des der Auflösung des beteiligten Gruppenmitglieds vorangegangenen Wirtschaftsjahres aus der Gruppe ausscheiden.

Auswirkungen

Die neue Regelung soll für alle Kapitalgesellschaften gelten, die nach dem 26. November 2014 in Liquidation getreten sind. Diese Frist erscheint jedoch aufgrund des Vertrauensgrundsatzes als überschießend, da die Information des BMF erst am 3. Juli 2015 veröffentlicht wurde und den Aussagen der in Geltung befindlichen KStR 2013 entgegen stehen.

Autor: Niclas Thurnher