Diversität im Aufsichtsrat – Einführung einer verpflichtenden Frauenquote
Der Gesetzgeber greift den internationalen Trend zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen auf und führt mit dem Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G), BGBl I Nr. 104/2017, eine verpflichtende geschlechtsspezifische Quote von 30% für Aufsichtsratsmitglieder ein. Die Regelung erfolgte in Anlehnung an die deutsche Rechtslage und tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Daneben existieren Frauenquoten beispielsweise in Frankreich, Spanien, Italien, Finnland und Norwegen.
Hintergrund
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen großer Unternehmen ist in Österreich aktuell gering. Aus diesem Grund wurde in der Vergangenheit immer wieder über die Einführung von Frauenquoten diskutiert. Seit 2012 sieht das Aktiengesetz die Berücksichtigung von Diversitätskriterien für den Aufsichtsrat vor. Neben der fachlichen und persönlichen Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder ist seit damals sowohl auf die Vertretung beider Geschlechter als auch auf eine ausgewogene Altersstruktur zu achten. Bei börsenotierten Unternehmen spielt zudem der Aspekt der Internationalität der entsendeten Vertreter eine Rolle. Auch der österreichische Corporate Governance Kodex sieht entsprechende Regelungen vor. Trotz jener Vorgaben stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten in den vergangenen Jahren nur geringfügig an. Im Jahr 2016 lag der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder in den 200 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs bei durchschnittlich 17,7%. Mit dem am 26. Juli 2017 verlautbarten Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat wurde ein neuerlicher Vorstoß zur Frauenförderung in Österreich unternommen.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Die Neuregelung gilt für börsenotierte Gesellschaften sowie Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern. Dazu zählen Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Europäische Gesellschaften (SE). Im Detail müssen die in den Aufsichtsrat entsandten Mitglieder (Kapitalvertreter und Arbeitnehmervertreter) in Zukunft einen Anteil von je 30% beider Geschlechter aufweisen. Dies gilt jedoch nur, sofern der Aufsichtsrat aus mindestens 6 Kapitalvertretern besteht und jedem Geschlecht mindestens 20% der Belegschaft zuzuordnen sind.
Damit ist eine Ausnahme für jene Unternehmen vorgesehen, deren Aufsichtsrat aus weniger als sechs Kapitalvertretern (bzw insgesamt 9 Mitgliedern) besteht oder deren Belegschaft nicht einen Mindestanteil von je 20% Frauen und Männern aufweist.
Generell ist die geschlechtsspezifische Quote von 30% vom Aufsichtsrat insgesamt ohne Differenzierung nach Kapitalvertretern und Arbeitnehmervertretern zu erfüllen. Allerdings haben sowohl die Kapitalvertreter als auch die Arbeitnehmervertreter ein Widerspruchsrecht gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, das spätestens sechs Wochen vor der Wahl oder Entsendung von der Mehrheit auszuüben ist. Im Fall eines Widerspruchs ist die geschlechtsspezifische Mindestquote von 30% für Kapitalvertreter und Arbeitnehmervertreter jeweils separat einzuhalten.
Compliance-Hinweis auf der Website
Wird von den Aktionären (mindestens 1%) ein Wahlvorschlag für ein Aufsichtsratsmitglied eingereicht, hat das Unternehmen diesen unter bestimmten Voraussetzungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Dabei hatte das Unternehmen auch bisher schon die fachliche Qualifikation, die beruflichen Funktionen und mögliche Befangenheitsgründe des nominierten Aufsichtsratsmitglieds anzugeben. In Zukunft ist darüber hinaus anzuführen, wie viele Sitze im Aufsichtsrat jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, damit die Mindestquote erfüllt wird. Außerdem ist bekanntzugeben, ob ein Widerspruch erhoben wurde.
Wann tritt die Neuregelung in Kraft?
Die verpflichtende geschlechtsspezifische Mindestquote tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Entsendungen von Kapitalvertretern und Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat nach dem 31. Dezember 2017 anzuwenden. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt. Die Mindestquote von 30% ist jedoch beim Nachrücken von Ersatzmitgliedern zu beachten, die vor dem 1. Jänner 2018 in den Aufsichtsrat gewählt wurden.
Rechtsfolgen eines Verstoßes
Eine Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern unter Missachtung des geschlechtsspezifischen Mindestanteils von 30% ist nichtig. In der Folge sind auch jene Maßnahmen nichtig, an denen nicht gesetzeskonform bestellte Aufsichtsratsmitglieder beteiligt waren. Damit wirkt sich die Nichterfüllung der geschlechtsspezifischen Mindestquote direkt auf die Wirksamkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen aus. Auf diese Weise wären beispielsweise die Feststellung des Jahresabschlusses oder Vertretungshandlungen gegenüber dem Vorstand von Nichtigkeit bedroht.
PwC Legal berät Sie gerne hinsichtlich der Zusammensetzung von Aufsichtsräten sowie der Anpassung an die neuen Vorgaben.
Autorinnen: Verena Heffermann / Martina Hausberger