VwGH – keine Drohverlustrückstellungen für Mietaufwendungen von Verlustfilialen
Mit seiner Entscheidung vom 7. April 2022, Ro 2021/13/0009 schließt sich der VwGH der Judikatur des deutschen BFH an: Demzufolge können Drohverlustrückstellungen für nachteilige Mietverträge nur dann gebildet werden, wenn die Mietsache im Betrieb nicht mehr genutzt werden kann.
Sachverhalt
Die Revisionswerberin ist im Lebensmitteleinzelhandel tätig. Einige Filialen erwirtschafteten Verluste. Die betroffenen Filialen wurden von der Revisionswerberin weiter betrieben, weil der Verlust aus der Schließung durch Weiterzahlung des Mietzinses größer wäre als der Verlust, der bei Weiterbetrieb entsteht. Eine Untervermietung wäre nach Erfahrung der Revisionswerberin nur mit 50 % des Mietzinses möglich. Die Revisionswerberin bildete für den Zeitraum, für den die Mietverträge nicht gekündigt werden konnten, Rückstellungen für drohende Verluste aus Mietverträgen für Verlustfilialen.
Entscheidung des VwGH
Grundsätzlich ist anzunehmen, dass bei schwebenden Geschäften die wechselseitigen Pflichten wirtschaftlich gleichwertig sind. Werden allerdings konkrete Umstände nachgewiesen, nach denen mit dem Entstehen eines Verlusts zu rechnen ist, ist die Bildung einer Rückstellung zulässig.
Nach der Judikatur des BFH kann aber eine Drohverlustrückstellung für Mietverträge trotzdem nur dann gebildet werden, wenn die Mietsache für den Betrieb des Unternehmens keinen Wert mehr hat, dh im Betrieb weder genutzt noch untervermietet werden kann.
Mit seiner Entscheidung schließt sich der VwGH dieser Ansicht an.
Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass die Filialen für den Betrieb einen Wert hatten, dadurch, dass der Verlust aus der Schließung der Filialen höher als der Verlust bei Weiterbetrieb ist. Zusätzlich wurden andere Filialen der Revisionswerberin, die einen negativen Deckungsbeitrag erwirtschaftet hatten, geschlossen.
Da die streitgegenständlichen Filialen weiterhin für den Betrieb der Revisionswerberin genutzt wurden, war die Bildung einer Drohverlustrückstellung für steuerrechtliche Zwecke unzulässig.
Auch das bloße Absinken der Marktmiete bei vertraglich gleichbleibendem Mietaufwand könnte nach Ansicht des VwGh die Bildung einer Rückstellung nicht rechtfertigen.
Zusammenfassung / Praxishinweis
Der VwGH bewirkt mit seiner Entscheidung eine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Auch wenn aus unternehmensrechtlicher Sicht die Bildung der Drohverlustrückstellung in solchen Fällen zulässig ist, kann diese steuerlich nicht geltend gemacht werden.
Im Sinne der Entscheidung kristallisieren sich die folgenden Optionen heraus:
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- Werden verlustbringende Filialen weiterbetrieben, kann nach Ansicht des VwGH eine Drohverlustrückstellung für (überhöhte) Mietaufwendungen nicht gebildet werden.
- Werden Filialen, die einen negativen Deckungsbeitrag erwirtschaften, jedoch geschlossen und nicht weiterbetrieben, können Drohverlustrückstellungen aus Sicht des VwGH zulässig sein.