VwGH zum nahtlosen zeitlichen Übergang bei Verschmelzung in der Unternehmensgruppe
Grundsätzlich sieht § 9 Abs 5 KStG vor, dass eine Verschmelzung innerhalb der Gruppe nicht zum Ausscheiden der verschmelzenden Gesellschaft oder einer sonstigen Änderung der Gruppenverhältnisse führt. Der VwGH hatte sich nun in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2022, Ro 2022/15/0032 mit einer Sonderkonstellation zu befassen: Die übernehmende Gesellschaft war zwar eine 100%-ige Tochter des Gruppenträgers, wurde jedoch erst am Tag nach dem Verschmelzungsstichtag Gruppenmitglied.
Sachverhalt
Die A GmbH war seit dem Veranlagungsjahr 2017 Mitglied einer Unternehmensgruppe. Mit Verschmelzungsvertrag vom 26. September 2018 wurde sie zum Stichtag 31. Dezember 2017 rückwirkend auf die B GmbH verschmolzen.
Die B GmbH wurde zwar bereits langfristig zu 100% durch den Gruppenträger gehalten, jedoch erst mit Veranlagungsjahr 2018 – dh erst am Tag nach dem Verschmelzungsstichtag – in die Gruppe aufgenommen Der Gruppenfeststellungsbescheid erfolgte am 7. März 2018.
Das Finanzamt ging nun davon aus, dass die A GmbH (rückwirkend) auf eine gruppenfremde Gesellschaft (die B GmbH) verschmolzen wurde, weil diese erst mit dem Jahr 2018 und nicht bereits im Jahr 2017 Mitglied der Unternehmensgruppe war.
Da im Ergebnis die Mindestbestanddauer nicht erfüllt wurde, sollte nach Ansicht der Finanzverwaltung die A GmbH rückwirkend aus der Unternehmensgruppe ausscheiden und im Jahr 2017 individual besteuert werden.
Entscheidung des VwGH
Für Übertragungen innerhalb der Gruppe ist § 9 (5) KStG von normativer Bedeutung, dem zufolge steuerlich rückwirkende Vermögensübertragungen nicht als Änderung der Voraussetzung für die Gruppenverhältnisse gelten.
Strittig ist es somit, ob es sich bei der Verschmelzung mit Stichtag 31. Dezember 2017 auf eine Gesellschaft, die erst seit 1. Jänner 2018 Teil der Unternehmensgruppe war, um eine solche unschädliche „Vermögensübertragung innerhalb der Unternehmensgruppe“ handelt.
Umgründungen gelten dem VwGH zufolge mit Ablauf des vereinbarten Stichtages als durchgeführt. Die Verschmelzung mit Stichtag 31. Dezember 2017 wird daher am 1. Jänner 2018 wirksam. Das übertragene Vermögen ist daher auch erst ab dem auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tag (somit 1. Jänner 2018) dem übernehmenden Rechtsträger ertragsteuerlich zuzurechnen.
Wenn die übernehmende Gesellschaft daher mit Wirkung ab dem auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Tag in die Gruppe aufgenommen wird, handelt es sich dennoch um die Übertragung von Vermögen innerhalb einer Unternehmensgruppe, das gem § 9 KStG nicht zum Ausscheiden aus der Gruppe führt.
Entscheidend war es dem VwGH zufolge jedoch, dass
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- die B GmbH von vornhinein eine hinreichende finanzielle verbundene Gesellschaft war und damit (unabhängig von der Verschmelzung) bereits ab dem Jahr 2018 in die Gruppe aufgenommen werden konnte und
- zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages auch bereits Gruppenmitglied war.
Zusammenfassung / Praxishinweis
Wird ein Gruppenmitglied mit Verschmelzungsstichtag am Tag vor Aufnahme des übernehmenden Rechtsträgers in die Unternehmensgruppe verschmolzen, liegt ein Fall der „nahtlosen“ Gruppenzugehörigkeit des übertragenden Gruppenmitglieds vor.
Es kommt dann weder zum Ausscheiden noch zur Rückabwicklung bei Verschmelzung innerhalb der Mindestbestandsdauer.
Gemäß der VwGH Entscheidung müssen aber auch zeitliche Aspekte mitberücksichtigt werden. Insbesondere ist zu beachten, dass die vom VwGH aufgestellten zeitlichen Kriterien der finanziellen Verbundenheit und rechtzeitigen Aufnahme in die Unternehmensgruppe erfüllt sind.
Gerne unterstützen wir Sie bei der richtigen Planung dieses Ablaufs!
Verfasst von: Yasmin Lawson / Michael Wenzl