VwGH: Keine Anwendung des § 10 Abs 3 KStG bei Liquidation eines ausländischen Gruppenmitglieds
Der VwGH hat die Entscheidung des BFG zur Einschränkung der Nutzung finaler Verluste bei Liquidation eines ausländischen Gruppenmitglieds bestätigt (VwGH 16.4.2024, Ro 2023/12/0003). Ursprünglich steuerneutral vorgenommene Teilwertabschreibungen, die den Nachversteuerungsbetrag des § 9 (6) Z 7 KStG übersteigen und daher nicht steuerwirksam angesetzt werden können, können nicht nach § 10 (3) KStG als endgültige Vermögensverluste geltend gemacht werden.
Sachverhalt
Die Gruppenträgerin hält 100% der Anteile an einem südkoreanischen (Drittstaat) Gruppenmitglied. Im Laufe der Gruppenzugehörigkeit sind für die Beteiligung am Gruppenmitglied Teilwertabschreibungen in Höhe von EUR 6,9 Mio angefallen, die steuerlich nicht geltend gemacht werden konnten. Gleichzeitig hatte die Gruppenträgerin im Rahmen der Gruppenbesteuerung ausländische Verluste in Höhe von EUR 6,2 Mio verwertet. Im Jahr 2016 wurde das koreanische Gruppenmitglied mit einem Liquidationsgewinn liquidiert. Im Zuge dessen sind zuvor verwertete ausländische Verluste im Inland nachzuversteuern. Dieser Nachversteuerungsbetrag (hier EUR 6,2 Mio) kann gemäß § 9 (6) Z 7 KStG um steuerlich nicht geltend gemachte Teilwertabschreibungen gekürzt werden. Die darüber hinausgehenden, bisher nicht verwerteten, Teilwertabschreibungen in Höhe von EUR 0,7 Mio hat die Beschwerdeführerin gemäß § 10 (3) KStG als endgültige Vermögensverluste geltend gemacht.
Das BFG hielt diese Vorgehensweise zur Geltendmachung der EUR 700k in seinem Erkenntnis vom 7. Oktober 2022 (RV/7101680/2022) für nicht zulässig (siehe dazu unseren Newsletter). Der VwGH bestätigt nunmehr die Auffassung des BFG.
Entscheidung des VwGH
Im Rahmen der ordentlichen Revision hatte sich der VwGH damit auseinanderzusetzen, ob ursprünglich steuerneutral vorgenommene Teilwertabschreibungen, die den Nachversteuerungsbetrag des § 9 (6) Z 7 KStG übersteigen und daher nicht steuerwirksam angesetzt werden können, nach § 10 (3) KStG als endgültige Verluste geltend gemacht werden können.
Nach Ansicht des VwGH seien endgültige Verluste nicht im Rahmen des § 10 (3) KStG zu berücksichtigen. Vielmehr sehe § 9 (6) Z 7 KStG eine Nachversteuerung der bisher zugerechneten Verluste vor, welche im Falle einer Liquidation um während der Gruppenzugehörigkeit nicht wirksame Teilwertabschreibungen zu kürzen sind. Eine „Kürzung“ sei dabei nur bis zu einem Betrag von EUR 0,- möglich. Ein Wille des Gesetzgebers zur steuerlichen Abzugsfähigkeit einer darüber hinausgehenden Differenz sei nicht zu erkennen.
Die Anwendbarkeit des § 9 KStG sei auch nach Eintritt der Liquidation und etwaiger Kürzung des Nachversteuerungsbetrags auf EUR 0,- gegeben. Ein etwaiger Überhang (hier die EUR 0,7 Mio) falle nicht unter § 10 (3) KStG.
Eine parallele Anwendung des § 9 (6) Z 7 KStG und § 10 (3) KStG wurde ebenfalls verneint: Es handle sich bei § 9 (6) Z 7 KStG um Spezialnorm, die § 10 (3) KStG als generellere Norm in Bezug auf die Gruppenbesteuerung verdränge.
Eine potenzielle endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten aus einer Beteiligung, wenn die Teilwertabschreibungen die Verluste aus der Tochtergesellschaft übersteigen, sei in der Gruppenbesteuerung systemimmanent. Das System der Gruppenbesteuerung sehe keine zwingende Berücksichtigung von endgültigen Verlusten sowie keine zwingende Einmalverwertung jeglicher Verluste vor.
Praxishinweis
Bestehende EuGH-Judikatur wurde auf Grund der Drittstaats-Ansässigkeit des Gruppenmitglieds im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt. Bei Ansässigkeit des liquidierten Gruppenmitglieds in der EU wäre gesondert zu prüfen, ob die Anwendung von § 10 (3) KStG unionsrechtlich geboten ist.
Steuerliche Risiken bei der Liquidation eines ausländischen Gruppenmitgliedes können durch eine geeignete steuerliche Strukturierung minimiert werden, zB durch vorzeitiges Ausscheiden aus der Gruppe. Gerne können wir Sie dabei unterstützen.