Rot-Weiß-Rot-Karte – Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
Ministerialentwurf vom 9. Dezember 2010
Die Zuwanderung von ausländischen hochqualifizierten Facharbeitskräften (so genannte „Schlüsselkräfte“), die bisher im Rahmen der Niederlassungsverordnung über Kontingente geregelt wurde, sieht künftig einer Neuregelung entgegen: Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte soll das bisherige Quotensystem abgeschafft und durch ein kriteriengeleitetes Zuwanderungsmodell abgelöst werden.
Nicht zuletzt wegen eines erhöhten Bedarfs an qualifizierten Leistungsträgern soll die Umsetzung des neuen Einwanderungssystems voraussichtlich ab Mitte 2011 erfolgen und u.a. der Aufwertung des Wirtschaftsstandortes Österreich sowie der Steigerung der Konkurrenzfähigkeit österreichischer Unternehmen dienen. Anlässlich des Ablaufs der Übergangsbestimmungen für die neuen EU-Länder werden bei der Neugestaltung des Zuwanderungssystems zudem Änderungen im Gültigkeitsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) berücksichtigt: Die Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten – mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien – genießen ab 1. Mai 2011 volle Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Das Konzept der Neuregelung des Arbeitsmarktzugangs im Überblick
Das Konzept des Punktesystems soll hochqualifizierten Arbeitskräften und deren Familienangehörigen die Zuwanderung nach Österreich erleichtern und bessere Integration gewährleisten. Die Punktevergabe je nach Qualifikation, Berufserfahrung, Alter, Sprachkenntnissen, Arbeitsplatzangebot etc. soll für ein transparenteres System bei der Reihung der Kandidaten sorgen. Dieses zielt vorrangig auf ein bestimmtes Ausländersegment außerhalb der EU-Staaten ab, wobei das Hauptaugenmerk zunächst auf der Auswahl von hochqualifizierten Arbeitskräften liegt – in weiterer Folge soll der Bereich der Mangelberufe abgedeckt werden.
Die Neuregelung der Zuwanderung sieht folgende Einteilung von besonders qualifizierten Facharbeitskräften aus Drittstaaten vor:
- Besonders hochqualifizierte Personen
- Fachkräfte in Mangelberufen
- Sonstige Schlüsselkräfte
Besonders hochqualifizierte Arbeitskräfte (z.B. Personen in Führungsposition) erhalten zunächst zwecks Arbeitssuche ein Aufenthaltsvisum für sechs Monate – sobald eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit vorliegt, wird ohne Arbeitsmarktprüfung die auf zwölf Monate befristete Rot-Weiß-Rot-Karte ausgestellt. Liegt nach einem Jahr eine Beschäftigung von mindestens zehn Monaten vor, besteht der Anspruch auf die „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, die unbeschränkten Arbeitsmarktzugang ermöglicht.
Bei der Zulassung von Facharbeitskräften für Mangelberufe sind in erster Linie einschlägige Qualifikation und Berufserfahrung als Bewertungskriterien ausschlaggebend. Zudem muss neben der Mindestpunkteanzahl auch eine entsprechende, branchenübliche Entlohnung vorliegen. Da im Falle der Mangelberufe von unzureichender Anzahl der Arbeitskräfte ausgegangen wird, kann auch in diesem Bereich auf eine Arbeitsmarktprüfung verzichtet werden. Die Rot-Weiß-Rot-Karte wird wie bei „besonders hochqualifizierten Personen“ zunächst befristet für zwölf Monate ausgestellt, nach einem Jahr ist die Erlangung der „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ möglich.
Die Zulassungsvoraussetzungen in der Kategorie sonstige Schlüsselkräfte, die u.a. Personen mit speziellen Kenntnissen oder Fertigkeiten (jedoch ohne abgeschlossene Berufsausbildung) sowie ausländische Studienabsolventen österreichischer Hochschulen und ausländische Schüler und Studierende umfasst, sind ähnlich wie im Bereich der Mangelberufe. Allerdings ist zwingend eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen um festzustellen, ob Bedarf am österreichischen Arbeitsmarkt besteht. Weiters ist eine Mindestentlohnung zu gewährleisten (bei unter 30-Jährigen 50% der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage, ansonsten 60%). Die Zulassung ausländischer Studienabsolventen bedarf zwar keiner Punktevergabe, es ist jedoch die Mindestentlohnung von 45% der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage einzuhalten. Die Ausstellung und Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte erfolgt nach demselben Prinzip wie in den anderen zwei Kategorien.
Der Vorteil des neuen, vereinfachten Einwanderungssystems liegt im Vergleich zum bisherigen Zulassungsverfahren im Wesentlichen darin, dass vor Antragstellung kein Nachweis über ein konkretes Stellenangebot vorliegen muss und Familiennachzug möglich ist. Überdies wird den Familienangehörigen der Inhaber einer Rot-Weiß-Rot-Karte unbeschränkter Arbeitsmarktzugang gewährt.
Parallel zu diesem Konzept sollen entsprechende Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping eingeführt werden (siehe Newsletter vom 24. September 2010). Die Flüchtlingsmigration nach Asyl- und Menschenrechtsbestimmungen ist von diesem Konzept nicht betroffen.