Diskriminierende Spendenbegünstigung: Schlussanträge im Verfahren EU-Kommission gegen Republik Österreich veröffentlicht

Die EU-Kommission hat im Jänner 2010 beim EuGH eine Vertragsverletzungsklage gegen die Republik Österreich wegen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingebracht. Laut ihrer Ansicht ist die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an Forschungs- und Bildungseinrichtungen auf in Österreich ansässige Einrichtungen beschränkt. Am 8. März 2011 wurden die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache C-10/10 veröffentlicht.

Regelung

Nach § 4a Z.1 EStG sind Spenden an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben mit 10% vom Vorjahresgewinn begrenzt steuerlich abzugsfähig, z.B. Spenden an Universitäten, Kunsthochschulen oder die Akademie der Wissenschaften sowie bestimmte juristische Personen, die ihre Tätigkeit zum Nutzen der österreichischen Wissenschaft oder Wirtschaft ausüben. Zuwendungen an ausländische Einrichtungen sind in der Praxis von der Abzugsfähigkeit ausgenommen.

Argumente der österreichischen Regierung und der Kommission

Die österreichische Regierung rechtfertigt die strittige Regelung mit folgenden Argumenten:

  1. Die begünstigten (österreichischen) Einrichtungen sind nicht mit den von der Begünstigung ausgenommenen (ausländischen) Einrichtungen vergleichbar, da es sich bei ersteren überwiegend um Einrichtungen des öffentlichen Rechts handelt.
  2. Bei diesen begünstigten Einrichtungen könnten daher die Ziele und Aufgaben im Sinne der Förderung des inländischen Gemeinwohls durch den Gesetzgeber gesteuert werden, was bei ausländischen Einrichtungen nicht möglich wäre.
  3. Österreich soll als Wissenschafts- und Bildungsstandort gefördert werden.
  4. Private Zuwendungen an die begünstigten Einrichtungen sollen den Staat von einer ihm ansonsten zukommenden Finanzierungsverpflichtung entlasten.

Diesen Standpunkten hält die EU-Kommission entgegen:

  1. Die österreichischen Vorschriften folgen rein geographischen Kriterien ohne Rücksicht auf sachliche Differenzierungen wie z.B. dem Zweck der geförderten Einrichtungen.
  2. Den Zusammenhang zwischen privaten Zuwendungen und staatlichen Finanzierungen hält die Kommission einerseits für nicht nachvollziehbar und
  3. andererseits auch für nicht relevant.

Aussage der Generalanwältin

Die Generalanwältin kommt zu dem Ergebnis, dass die (de-facto) Beschränkung der Steuerbegünstigung gemäß § 4a Z.1 lit. a-d EStG auf inländische Einrichtungen der Kapitalverkehrsfreiheit iSd Art. 56 EG sowie des Art. 40 EWR-Abkommen widerspricht. Die Argumente der österreichischen Regierung lehnt sie als unzutreffend und unbegründet ab.

Erwartetes Ergebnis des EuGH

Eine Entscheidung des EuGH in diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten. Aufgrund der eindeutigen Aussagen der Generalanwältin und der bisherigen Rechtsprechung des EuGH (siehe auch Rechtssache Persche) ist jedoch zu erwarten, dass das endgültige EuGH-Urteil zu einer Änderung von § 4a Z.1 EStG im Sinne einer Ausweitung des Begünstigungstatbestandes auf vergleichbare ausländische EU bzw. EWR-Forschungs- und Bildungseinrichtungen führen wird.

Autorin: Ulrike Koller