Rs Foggia: Missbrauch trotz umgründungsbedingter Kosteneinsparung?

Konzerninterne Kosteneinsparungen durch eine vereinfachte rechtliche Struktur werden gerne als wirtschaftliche Begründung für die Vornahme von Umgründungen herangezogen. Ein neues EuGH-Urteil beleuchtet diese Argumentationslinie und verschärft die Anforderungen welche an Umgründungen gestellt werden um nicht als missbräuchlich eingestuft zu werden.

 

Ausgangssachverhalt

Im vorliegenden EuGH-Fall erfolgte eine innerstaatliche Verschmelzung zweier Gesellschaften in Portugal, wobei es sich bei der übertragenden Gesellschaft um eine Mantelgesellschaft mit Verlustvorträgen unklaren Ursprungs handelte. Da die portugiesischen Behörden in der Verschmelzung mit der substanzlosen Mantelgesellschaft einen missbräuchlichen Vorgang erblickten, kam es nicht zur Anwendung des portugiesischen Umgründungssteuerrechts, welches sich an der Fusionsrichtlinie (2009/133/EG) orientiert; daher somit auch zu keiner Übertragung der steuerlichen Verlustvorträge.

Seitens der aufnehmenden Gesellschaft wurde die Verschmelzung mit der dadurch bewirkten Vereinfachung der Konzernstruktur und Kostenrationalisierung begründet. Somit lägen wirtschaftlich sinnvolle Gründe und daher kein missbräuchlicher Vorgang vor. Aufgrund des Direktverweises des portugiesischen Umgründungssteuerrechtes auf die EU-Fusionsrichtlinie wurde der EuGH angerufen, über die Missbräuchlichkeit des Vorganges zu urteilen.

EuGH-Urteil

Auf Basis des o.a. Sachverhalts wurde im EuGH-Urteil Foggia (EuGH 10. November 2011, C-126/10) nun der in Art. 11 der Fusionsrichtlinie verwendete Begriff: „vernünftiger wirtschaftlicher Grund“ näher erläutert. Liegt ein solcher vor, so wäre im Ausgangssachverhalt grundsätzlich eine Übertragung der steuerlichen Verlustvorträge möglich (da nicht als Missbrauch qualifiziert).

Ein „vernünftiger wirtschaftlicher Grund“ kann lt. EuGH bei einer Umstrukturierung im Konzern tatsächlich in der dadurch bedingten Kostenrationalisierung erkannt werden. Dieser Standpunkt gilt jedoch nur insoweit als die Kosteneinsparung nicht nur „völlig nebensächlich“ ist bzw. die Erlangung eines Steuervorteils nicht offensichtlich den wesentlichen Beweggrund für die Umgründung darstellt. Im gegenständlichen Fall wurde die umgründungsbedingte Kostenersparnis vom EuGH als bloß nebensächlich und der Umgründungsvorgang daher als missbräuchlich eingestuft.

Relevanz für Österreich

Anders als das portugiesische sieht das österreichische Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) bei einem dem Urteil Foggia vergleichbaren Sachverhalt vor, dass jedenfalls das verlustverursachende Vermögen zum Umgründungsstichtag noch vorhanden bzw. das vorhandene Vermögen zum Umgründungsstichtag mit dem Vermögen im Zeitpunkt des Entstehens der Verluste unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vergleichbar sein muss. Dementsprechend wäre bei einem vergleichbaren österreichischen Sachverhalt ein Übergang von Verlustvorträgen auf die übernehmende Körperschaft – aller Voraussicht nach – schon aus diesen Gründen versagt worden.

Unabhängig davon muss jedoch beachtet werden, dass auch das österreichische UmgrStG missbräuchliche Umgründungen nicht begünstigt, wobei es hier u.a. an den Missbrauchsbegriff der EU-Fusionsrichtlinie anknüpft. In diesem Zusammenhang kann das Foggia-Urteil durchaus Einfluss auf die zukünftige Missbrauchsdefinition seitens der österreichischen Finanzverwaltung haben und von dieser – v.a. vor dem Hintergrund, dass viele Umgründungen über Einsparung von administrativen Kosten gerechtfertigt werden – als Interpretationsbehelf herangezogen werden um die Anwendbarkeit des UmgrStG zu versagen.

Empfehlung

Vor dem Hintergrund des obigen Urteils empfehlen wir bei Umgründungen, die mit einem signifikanten Steuervorteil verbunden sind bzw. den Anschein erwecken könnten alleine aus steuerlichen Beweggründen heraus durchgeführt zu werden: Prüfen Sie verstärkt, ob tatsächlich ein „vernünftiger wirtschaftlicher Grund“ für die Umgründung vorliegt. Besteht ein offensichtliches, wertmäßiges Missverhältnis zwischen dem steuerlichen und dem wirtschaftlichen Vorteil (z.B. Kosteneinsparung durch schlankere Konzernstrukturen), so besteht das Risiko einer Versagung der Vorteile des Umgründungssteuerrechts. In derartigen Fällen wäre die Durchführung einer der Umgründung vorgelagerten Rulinganfrage bei der Finanzbehörde zu überlegen.