VwGH: Beendigungszahlung an Vorstand gilt als Kündigungsentschädigung

Laut einer aktuellen VwGH-Entscheidung ist im Falle der vom Dienstgeber initiierten Beendigung des Dienstverhältnisses die an den Dienstnehmer geleistete Zahlung nicht als freiwillige Abfertigung, sondern als Kündigungsentschädigung gemäß § 67 Abs. 8 lit b EStG zu subsumieren.

Der Sachverhalt

In der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (15. September 2011, 2007/15/0231) handelte es sich um einen Dienstnehmer, welcher als Vorstandsmitglied bei der beschwerdeführenden AG tätig war. Der Anstellungs- und Versorgungsvertrag sah unter anderem dessen Auflösung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Monatsende vor.

Der Anstellungs- und Versorgungsvertrag wurde am 29. Mai 2002 einvernehmlich mit 30. Juni 2002 gelöst. In der Vereinbarung dazu wurde festgehalten, dass der Dienstnehmer bei Bedarf seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen habe. Er müsse jedoch darauf verzichten, ab sofort im Unternehmen anwesend zu sein. In der Auflösungsvereinbarung wurde festgehalten, dass der Dienstnehmer unter Anrechnung der für ein anderes Unternehmen erbrachten Dienstzeiten eine freiwillige Abfindung erhalte.

Dieser Betrag wurde vom Dienstgeber als freiwillige Abfertigung nach der Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG begünstigt besteuert. Das Finanzamt teilte diese Beurteilung nicht, woraufhin die Angelegenheit bis zum VwGH beeinsprucht wurde.

Das Urteil

Nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH erfasst die begünstigte Besteuerung von sonstigen Bezügen iSd § 67 Abs. 6 EStG nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist. Von einer freiwilligen Abfertigung im Sinn des § 67 Abs. 6 EStG kann daher nach Ansicht des VwGH nicht gesprochen werden, wenn eine Zahlung geleistet wird, um den Dienstnehmer zur vorzeitigen Auflösung eines Dienstvertrags zu bewegen. Derartige Zahlungen fallen unter die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit b EStG (Kündigungsentschädigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume).

Die Versteuerung kann daher nicht mit 6%, sondern muss – nach Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge und Ausscheiden von einem Fünftel als steuerfrei – nach dem Monatstarif (hier Grenzsteuersatz von 50%) erfolgen.

Bei Vorliegen eines der in § 67 Abs. 8 lit b EStG genannten Fälle hat die Versteuerung auch dann nach dieser Bestimmung – und nicht gemäß Abs. 6 – zu erfolgen, wenn ein Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses besteht. Dies wird insbesondere bei Kündigungsentschädigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume in der Regel der Fall sein.

Dieser Ansicht folgend wurde die beschwerdeführende AG zur Haftung der Lohnsteuer herangezogen sowie der Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag nachgefordert.

Schlussfolgerung

Obige Qualifikation wäre allerdings nicht richtig, wenn der Dienstvertrag auf Initiative und Wunsch des Dienstnehmers beendet wird. Auf diesbezügliche Dokumentation sollte geachtet werden, da die steuerliche Behandlung (Abrechnung nach § 67 Abs. 6 EStG anstatt § 67 Abs. 8 lit b EStG) zu unterschiedlicher Steuerbelastung führt.

Verfasser: Heidi-Maria Derler / Wolfgang Schneider