Neues höchstgerichtliches Urteil zur Vertreterbetriebsstätte

Im Jänner diesen Jahres erging eine höchstgerichtliche Entscheidung in Spanien zur Betriebsstättenbegründung. Dieses Urteil erging nicht nur zu Ungunsten des Berufungswerbers, sondern steht auch mit den bereits zuvor ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen zu dieser Thematik nicht im Einklang.

Zugrundeliegender Sachverhalt und Beurteilung

Die spanische Niederlassung eines Schweizer Prinzipals war bis 1999 als Eigenhändler tätig, der neben der Vertriebs- auch Produktionsfunktionen wahrnahm. Anschließend wurde die spanische Gesellschaft im Zuge einer Konzernrestrukturierung zu einem Auftragsfertiger herabgestuft, der zusätzlich als Kommissionär Verkaufsförderung im spanischen Markt übernahm. Die Auftragsfertigung wurde vertraglich mittels Kostenaufschlagsmethode vergütet, während der Verkaufsförderungsvertrag eine umsatzabhängige Provision als Vergütung vorsah.

In der Folge wurde von den spanischen Steuerbehörden die Existenz einer Betriebsstätte des Schweizer Prinzipals in Spanien unterstellt. Diese Ansicht wurde im Instanzenzug bis zum spanischen Höchstgericht geteilt und auch von letzerem übernommen. Das Höchstgericht legte dar: In Ermangelung einer festen Geschäftseinrichtung kann zwar keine Betriebsstätte begründet werden, durch gemeinsame Betrachtung des Verkaufsförderungs- und Auftragsfertigungsvertrages können jedoch sehr wohl betriebsstättenbegründende Elemente vorliegen. Das Gericht leitete aus den Verträgen die Abhängigkeit der spanischen Niederlassung vom Prinzipal und damit die Begründung einer Betriebsstätte unter anderem aus folgenden Gründen ab:

  • die Produktion erfolgte ausschließlich für den Prinzipals als einzigen Auftraggeber;
  • die spanische Niederlassung musste in der Produktion den Anforderungen des Prinzipals folgen;
  • die Vergütung der Auftragsfertigung stellte bloß einen Kostenersatz und keinen echten Marktpreis dar;
  • die Verträge legten dar, dass eigentlich der Prinzipal am spanischen Markt tätig wurde.

Widersprüchliche Ansätze auf internationaler Ebene

Im Ergebnis widerspricht dieses Urteil den bereits zuvor ergangenen Entscheidungen in den Rechtssachen Zimmer (Frankreich) und Dell (Norwegen). Beiden Fällen lag ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde, die Existenz einer Betriebsstätte wurde jedoch jeweils von den Höchstgerichten verneint. Die beiden Gerichte stellten auf den Kommentar zum OECD-Musterabkommen ab.

Fazit

Aus den widersprüchlichen höchstgerichtlichen Entscheidungen wird ersichtlich: international wird keineswegs ein einheitlicher Ansatz betreffend Kommissionärsstrukturen verfolgt. Obwohl in Österreich zu dieser Thematik noch keine höchstgerichtliche Entscheidung vorliegt, sei an dieser Stelle erwähnt, dass die österreichische Finanzverwaltung bisher dazu tendierte, den Begriff der „Abhängigkeit“ des Kommissionärs eher weit auszulegen.

Daher sind Steuerpflichtige, die sich solcher Kommissionärsstrukturen bedienen – besonders im Falle von Konzernrestrukturierungen – gut beraten, die gewählten Strukturen im Detail auf lokaler Ebene zu prüfen und zu dokumentieren, sowie Verträge eindeutig auszugestalten. Weiters sollte auf die angemessene Vergütung des Kommissionärs ausreichend Augenmerk gelegt werden. Diese muss im Einklang mit dessen Funktions- und Risikoprofil stehen.

Autorin: Bettina Dorfer