VfGH leitet Gesetzesprüfungsverfahren zur Grunderwerbsteuer ein

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Beschluss vom 13. Juni 2012 eine Prüfung zu § 6 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) eingeleitet. Die Verfassungsrichter haben ihre Bedenken angemeldet, dass die Art und Weise der Bemessung der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig sei.

Derzeitige Rechtslage

Nach derzeit geltendem Recht unterliegen Liegenschaftstransaktionen der Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 % bzw. 2 % (im Familienverband). Die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Grunderwerbsteuer richtet sich nach der Art des Erwerbes.

Bei entgeltlichen Grundstückstransaktionen ist die Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen – somit vom Kaufpreis bzw. vom aktuellen Verkehrswert des anderen Grundstückes (beim Grundstückstausch).

Wird ein Grundstück unentgeltlich übertragen, bemisst sich die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes. Als Wert des Grundstückes ist im Wesentlichen der dreifache Einheitswert anzusetzen – in Sonderfällen der einfache Einheitswert. Ist der gemeine Wert des Grundstückes geringer, so kann dieser herangezogen werden. Dieser Wert ist allerdings durch ein Gutachten nachzuweisen.

Bedenken des VfGH

Grundsätzlich zulässig laut VfGH: Unentgeltliche Grundstückserwerbe (wie etwa im Familienverband vorgesehen) können steuerrechtlich anders und somit günstiger behandelt werden als entgeltliche Erwerbe zwischen Fremden – solange die Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Aber: Er geht davon aus, dass das Abstellen auf überholte Einheitswerte nicht geeignet ist, diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Grund: Zwischen dem aktuellen Verkehrswert und dem Einheitswert (auch wenn dieser verdreifacht wird) bestehen im Regelfall erhebliche Abweichungen. Dies beruht vor allem auf der seit Jahrzehnten unterlassenen Hauptfeststellung der Einheitswerte. Es ist somit unsachlich, bei entgeltlichen Übertragungen die tatsächliche Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen und bei unentgeltlichen Übertragungen die „weitgehend als Zufallswerte anzusehenden“ Einheitswerte zugrunde zu legen.

Folgen des Beschlusses

Sollten die Bedenken des VfGH zutreffen, könnte die Verfassungswidrigkeit dadurch behoben werden, dass die zugrundeliegende Bestimmung im GrEStG aufgehoben wird – unter Einräumung einer Reparaturfrist. Bis zum Ende der Fristsetzung hätte der Gesetzgeber Zeit, eine Neuregelung zu erlassen. Andernfalls wäre bei unentgeltlichem Erwerb von Grundstücken der aktuelle Verkehrswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Dies würde aber bedeuten, dass der unentgeltliche Erwerb von Grundstücken deutlich teurer wird. Das betrifft unter anderem

  • Übertragungen im privaten Bereich durch Schenkung oder Erbe,
  • Übertragungen im betrieblichen Bereich im Rahmen der Anteilsvereinigung und bei der Überlassung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Zuge der Hofübergabe an nahe Angehörige sowie
  • die unentgeltliche Zuwendung von Grundstücken an Privatstiftungen.

Auswirkungen auf das Grundsteuergesetz und die Grundbucheintragungsgebühr

Der VfGH ist bereits in seinem Erkenntnis vom 21. September 2011 zu folgendem Schluss gekommen: Es ist verfassungswidrig, wenn für die Ermittlung der Grundbucheintragungsgebühr bei unentgeltlichen Grundstücksübertragungen die Einheitswerte herangezogen werden. Die Berechnung der Grundsteuer sieht er jedoch aufgrund der geringen Steuerfolgen als verfassungsrechtlich unbedenklich an.