UFS: Verlustübergang bei Verschmelzung – Vergleichbarkeit auch bei bis zu 90%iger Umfangsminderung

In seiner Berufungsentscheidung vom 24. Juni 2013 hat der UFS, entgegen der bisherigen Rechtsansicht der Finanzverwaltung, entschieden, dass die Vergleichbarkeit des verlustverursachenden Vermögens im Rahmen einer Verschmelzung auch bei einer bis zu 90%igen Umfangsminderung gegeben ist.

Ansicht der Finanzverwaltung

Verluste einer übertragenden Gesellschaft gehen im Rahmen einer Verschmelzung nur insoweit auf die übernehmende Gesellschaft über, als eine Vergleichbarkeit des verlustverursachenden Vermögens zum Verschmelzungsstichtag gegenüber dem Zeitpunkt des Entstehens des Verlustes gegeben ist.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist die Vergleichbarkeit im Umgründungssteuergesetz ab einer qualifizierten Umfangsminderung der in Frage kommenden betriebswirtschaftlichen Kriterien (z.B. Umsatz, Anlagevermögen, Auftragsvolumen) um 75 % nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr gegeben.

Soweit eine Vergleichbarkeit des verlustverursachenden Vermögens nicht mehr gegeben ist, geht ein Verlustvortrag einer übertragenden Gesellschaft anlässlich einer Verschmelzung zur Gänze verloren.

Ansicht der Literatur

Die Regelung der qualifizierten Umfangsminderung im Umgründungssteuergesetz verfolgt ebenso wie die Mantelkaufbestimmung im Körperschaftsteuergesetz das gleiche Ziel: die Verhinderung des Verlustübergangs, wenn eine Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben ist.

Im Rahmen der Mantelkaufbestimmung werden zur Bestimmung der Vergleichbarkeit drei Kriterien herangezogen, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit der Tatbestand erfüllt ist: Änderung in der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur sowie Änderung in der Gesellschafterstruktur.

Im Rahmen der konkretisierenden Auslegungen des Umgründungssteuergesetzes kommt es hingegen allein auf das Kriterium der qualifizierten Umfangsminderung an.

Wird nunmehr für das Kriterium der wirtschaftlichen Struktur im Rahmen der Mantelkaufbestimmungen eine Veränderung des Betriebsvermögens von mindestens 75 % gefordert und müssen darüber hinaus noch zwei zusätzliche Kriterien erfüllt sein, so kann im Rahmen des Umgründungssteuergesetzes nicht derselbe Maßstab (von 75 %) angesetzt werden, weil es hier nur auf ein einziges Kriterium ankommt. Eine qualifizierte Umfangsminderung kann daher erst ab einer wesentlich höheren als bloß 75%igen Minderung vorliegen.

Eine 75%-Grenze im Rahmen des Umgründungssteuergesetzes wäre demnach unsystematisch und stünde in einem Wertungswiderspruch zu den Mantelkaufbestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes.

UFS-Entscheidung

Der UFS hat sich der oben angeführten Literaturmeinung vollinhaltlich angeschlossen und entscheidet somit gegen die Richtlinienmeinung der Finanzverwaltung. Nach Ansicht des UFS ist eine qualifizierte Umfangsminderung erst ab einer Minderung der betriebswirtschaftlichen Parameter von mehr als 90 % gegeben.

Hinweis/Ausblick

Fraglich ist, ob das BMF aufgrund der vorliegenden UFS-Entscheidung eine Anpassung der Rz 222/1190 UmgrStR vornehmen wird. Die Finanzverwaltung hat gegen diese UFS-Entscheidung keine Amtsbeschwerde eingelegt. Zu beachten ist allerdings, dass der UFS Graz in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2012 (RV/0188-G/11) die Bestimmungen der qualifizierten Umfangsminderung eher streng auslegt.

Durch den Verweis in § 9 Abs 6 KStG auf § 4 Z 1 lit c UmgrStG ist die umfangsmäßige Vergleichbarkeit auch für die Nachversteuerung von ausländischen Verlusten im Rahmen der Gruppenbesteuerung von Bedeutung.

Autoren: Sebastian Heger/Christian Pöchlinger