IESG-Beitragspflicht entfällt für Vorstände!
Mit dem Einbeziehen von freien Dienstnehmern in den Kreis der nach § 1 Abs 1 IESG geschützten Personen hat sich in der Praxis immer wieder die Frage ergeben: Hat ein Vorstand einer Aktiengesellschaft Anspruch auf Insolvenz-Entgelt? Der OGH hat dazu in einem im März 2014 ergangenen Urteil entschieden.
Übt eine Person rechtlich oder faktisch eine Unternehmerfunktion (Arbeitgeberfunktion) gegenüber den „normalen“ Arbeitnehmern eines Unternehmens aus, schließt dies den Schutz nach den Bestimmungen des IESG aus. Durch die grundsätzlich unbeschränkte Leitungsgewalt des Vorstands einer Aktiengesellschaft und der Befugnis, in allen Geschäftsbereichen selbstständig entscheiden zu können, ist abzuleiten, dass die Ausübung der Arbeitgeberfunktion in der Aktiengesellschaft dem Vorstand zukommt.
Demnach bestätigte der OGH, dass ein Vorstand, auch wenn er – wirtschaftlich betrachtet – nicht Unternehmer ist und er allenfalls freier Dienstnehmer sein kann, nicht zum Kreis der nach § 1 Abs 1 IESG geschützten Personen gehört. Damit hat er auch keinen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für seine offenen Ansprüche im Falle der Insolvenz der Aktiengesellschaft.
Obwohl kein Anspruch auf Leistung aus dem IESG für Vorstände besteht, war unklar, ob IESG-Beiträge für Vorstandsmitglieder zu entrichten sind. Nun haben die Gebietskrankenkassen doch kürzlich bestätigt, dass für Vorstände keine IESG-Beiträge abzuführen sind. Dies hat folgende Auswirkungen:
1. Ab sofort entfällt der IESG-Zuschlag iHv 0,55 Prozent für Vorstandsmitglieder. Eine Umstellung der Beitragsgruppe wird Anfang nächsten Jahres erwartet.
2. Die in der Vergangenheit ungebührlich entrichteten Beiträge können gemäß § 69 ASVG zurückgefordert werden.
Das Rückforderungsrecht bezieht sich auf die Verfahrensregelungen nach ASVG. Demnach kann ein Rückerstattungsantrag für die letzten fünf Jahre gestellt werden. Zusätzlich können auch die gesetzlichen Zinsen in der Höhe von 4 % pro Jahr zurückgefordert werden. Um von dem Rückforderungsrecht Gebrauch machen zu können, ist einen Antrag an die zuständige Gebietskrankenkasse zu stellen.
Gilt diese Befreiung von der IESG-Beitragspflicht auch für GmbH-Geschäftsführer?
Auch hierzu hat der OGH kürzlich über die Einbeziehung von Geschäftsführern in den Schutzbereich des IESG entschieden.
Demnach sind Geschäftsführer nicht vom Schutzbereich des IESG umfasst, wenn diesen ein erheblicher, selbstbestimmter Einfluss auf die Willensbildung in der Generalversammlung zukommt, sei es durch
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das Ausmaß der Gesellschaftsanteile,
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die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages oder
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rein faktisch, UND
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sich ihr Handeln nicht primär als Verwaltung fremden Gesellschaftsvermögens im Interesse der Gesellschafter, sondern als unternehmerische Tätigkeit unter Verfolgung eigener Vorstellungen und wirtschaftlicher Interessen darstellt.
Klassische Geschäftsführerverträge auf Basis von echten oder freien Dienstverhältnissen, die dem ASVG unterliegen, sind unseres Erachtens daher vom IESG umfasst und in die IESG-Beitragspflicht miteinzubeziehen.