Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen in der Unternehmensgruppe
Gemäß § 11 Abs 1 Z 4 KStG idF des BBG 2011 sind Zinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nicht abzugsfähig, wenn diese Beteiligung von einem konzernzugehörigen Unternehmen erworben worden ist. Das BFG hat in zwei Erkenntnissen die Frage, ob dieses Abzugsverbot auch innerhalb von Unternehmensgruppen gemäß § 9 KStG anwendbar sein soll, unterschiedlich beantwortet. Damit ist weiterhin in Diskussion, ob das generelle Abzugsverbot von Fremdkapitalzinsen für konzerninterne Beteiligungserwerbe überschießend ist.
Hintergrund
Aufgrund von § 12 Abs 2 KStG sind Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (z.B. Dividenden) grundsätzlich steuerlich nicht abzugsfähig. Mit dem Steuerreformgesetz wurde in § 11 Abs 1 Z 4 KStG jedoch normiert, dass für Fremdkapitalzinsen im Zusammenhang mit Beteiligungserwerben ein Betriebsausgabenabzug zusteht, obwohl Dividenden aus Kapitalanteilen beim Empfänger steuerfrei sind. Diese generelle Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen führte in der Praxis jedoch dazu, dass Beteiligungen innerhalb des Konzerns verkauft wurden und der Kaufpreis für den Beteiligungserwerb oftmals über im Ausland befindliche, niedrig besteuerte Konzerngesellschaften fremdfinanziert wurde. In Kombination mit dem Ergebnisausgleich der Gruppenbesteuerung konnten durch diese Anteilsverkäufe oftmals erhebliche steuerliche Vorteile in Österreich lukriert werden.
Der Gesetzgeber reagierte auf diese Modelle durch das Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG 2011). Seit 1. Jänner 2011 sind Fremdkapitalzinsen im Zusammenhang mit konzerninternen Beteiligungserwerben daher generell steuerlich nicht mehr abzugsfähig (unabhängig davon, ob das zinsempfangende Unternehmen im In- oder Ausland steuerlich ansässig ist bzw. ob es sich um eine konzerninterne oder -externe Fremdfinanzierung handelt).
BFG Erkenntnisse
Das BFG Klagenfurt hatte mit Erkenntnis vom 22. Oktober 2015 (RV 4100145/2012) Fremdkapitalzinsen im Zusammenhang mit einem konzerninternen Beteiligungserwerb innerhalb von Unternehmensgruppen als abzugsfähig anerkannt. Das BFG Klagenfurt war der Ansicht, dass die Fremdkapitalzinsen innerhalb von Unternehmensgruppen nicht mit steuerfreien Dividendenausschüttungen in Zusammenhang stehen, da das Einkommen des Gruppenmitglieds auf Ebene des Gruppenträgers der Besteuerung unterzogen wird. Aufgrund dieser Besteuerung der Gewinne des fremdfinanziert erworbenen Gruppenmitglieds kommt das Abzugsverbot für Fremdkapitalzinsen daher nicht zur Anwendung. Dies gilt nach Ansicht des BFG allerdings nur insoweit, als die steuerfreie Gewinnausschüttung des Gruppenmitglieds nicht höher als das steuerpflichtige Einkommen des Gruppenmitglieds ist. Falls die steuerfreie Gewinnausschüttung des Gruppenträgers höher als das steuerpflichtige Einkommen des Gruppenmitglieds ist, besteht insoweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Fremdkapitalzinsen und steuerfreien Einnahmen, wodurch der Zinsabzug insoweit nicht zustehen soll. Gegen dieses Erkenntnis wurde Amtsrevision von Seiten der Finanzverwaltung erhoben.
In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem der korrespondierende Zinsertrag bei einem anderen Gruppenmitglied vereinnahmt und beim gemeinsamen Gruppenträger versteuert wurde, kam das BFG Wien (Erkenntnis vom 10.06.2016, RV 7102088/2013) hingegen zu einer gegenteiligen Ansicht. Das BFG Wien führte in einer knappen Begründung aus, dass trotz des Vorliegens einer Unternehmensgruppe nicht von der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen ausgegangen werden kann. Der Gesetzeswortlaut nimmt keine Differenzierung vor, ob die Zinsen an in- oder ausländische Empfänger bezahlt werden. Eine teleologische Reduktion mit dem Ziel, eine Doppelbesteuerung von Zinszahlungen innerhalb der Gruppe zu vermeiden, sei nach Ansicht des BFG demzufolge nicht erforderlich. Gegen diese Entscheidung wurde Parallelbeschwerde beim VfGH und beim VwGH eingebracht.
Implikationen und Ausblick
Der VwGH bzw. VfGH wird sich in naher Zukunft mit der Frage auseinandersetzen, ob in Unternehmensgruppen bzw. in Konstellationen, wo der korrespondierende Zinsertrag in Österreich steuerpflichtig ist (in zugespitzten Fällen sogar in derselben Gruppe), das allgemeine Abzugsverbot für Fremdkapitalzinsen bei konzerninternen Beteiligungserwerben nicht doch überschießend ist und dem Gesetzeszweck widerspricht. Dafür würde zumindest im Falle des Bestehens einer Unternehmensgruppe auch die – (zumindest) für Zwecke des Verlustvortrages – vertretene gruppenbezogene Betrachtungsweise sprechen.
Unter diesem Blickwinkel ist in ähnlich gelagerten Fällen anzuraten, ein Rechtsmittel zu ergreifen bzw. die entsprechenden Veranlagungszeiträume bis zur Entscheidung des VwGH bzw. VfGH offenzuhalten.
Autoren: Christiane Zöhrer, Franz Rittsteuer