VwGH: Nachversteuerung von Verlusten ausländischer Gruppenmitglieder im letzten Jahr der Gruppenzugehörigkeit
Dem VwGH (VwGH 27.11.2017, Ro 2017/15/0010) zufolge hat die Nachversteuerung der Auslandsverluste stets im letzten Jahr der aufrechten Gruppenzugehörigkeit zu erfolgen – unabhängig davon, ob mit dem Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitglieds auch die Beendigung der gesamten Gruppe verbunden ist oder nicht.
Sachverhalt und gesetzliche Basis
- Steuergruppe mit einem inländischen Gruppenträger, die ab der Veranlagung 2005 bestand
- Es gab insgesamt nur zwei (ausländische) Gruppenmitglieder.
- Der inländische Gruppenträger hielt 100% der Anteile an einem französischen und 65% der Anteile an einem polnischen Gruppenmitglied.
- Am 10. November 2010 wurden die Anteile an den beiden ausländischen Gruppenmitgliedern verkauft (Abtretungsvertrag mit Wirksamkeit der Vertragsunterzeichnung).
Am 10. November 2010 ging mit dem Verkauf der Beteiligungen unstrittig die finanzielle Verbindung des inländischen Gruppenträgers zu den ausländischen Gruppenmitgliedern verloren. Die Gruppe endete damit mit der Veranlagung 2009. Das Ausscheiden der ausländischen Gruppenmitglieder bewirkte die Nachversteuerung der zugerechneten Verluste.
Die Nachversteuerung der zugerechneten, im Ausland noch nicht verrechneten, Verluste beim beteiligten Gruppenmitglied / Gruppenträger soll gem § 9 Abs 7 KStG (früher Abs 6) im Jahr des Ausscheidens des ausländischen Gruppenmitgliedes aus der Unternehmensgruppe erfolgen. Das Gesetz sieht keine explizite Regelung für den Fall vor, dass die Unternehmensgruppe durch das unterjährige Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitglieds zum letzten Bilanzstichtag beendet wird.
Streitfrage
Sind die nachzuversteuernden Verluste dem Gruppenträger
- im letzten Jahr, in dem die Gruppe noch bestanden hat (2009) oder
- im Jahr des Ausscheidens des ausländischen Gruppenmitglieds (2010)
zuzurechnen?
Ansicht des VwGH
Der VwGH sieht die Nachversteuerungspflicht beim Gruppenträger im letzten Jahr, in dem die Gruppe noch bestanden hat (per Ende 2009) und begründet dies wie folgt:
- Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gruppe ist vom Zeitpunkt der Veräußerung zu unterscheiden. Die finanzielle Verbindung muss während des gesamten Wirtschaftsjahres vorliegen. Bei unterjähriger Veräußerung erfolgt das Ausscheiden aus der Gruppe bereits mit Jahreswechsel (in der letzten Sekunde).
- Das Gesetz geht von einer Zurechnung an Gruppenträger/Gruppenmitglied aus. Nach der Beendigung der Gruppe sind hingegen weder ein Gruppenträger noch Gruppenmitglieder vorhanden. Eine Zurechnung wäre daher nur mehr beim ehemaligen Gruppenträger/Gruppenmitglied möglich.
- Unterscheidung Weiterbestand/Beendigung der Gruppe: Die Nachversteuerung erfolgt im letzten Jahr der Gruppenzugehörigkeit des ausländischen Gruppenmitglieds, auch wenn die Gruppe nach dem Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitgliedes weiterbesteht.
Mit diesem Erkenntnis revidiert der VwGH das BFG-Erkenntnis (10.11.2016, RV/6100706/2011, wir haben berichtet).
Auswirkungen
Die derzeitige KStR Rz 1092 differenziert beim Zeitpunkt der Nachversteuerung
- ob die Gruppe weiterbesteht (Abs 2 – Nachversteuerung im Jahr des Ausscheidens) oder
- durch das Ausscheiden beendet wird (Abs 3 – Nachversteuerung rückwirkend zum letzten Bilanzstichtag).
Dabei bezieht sich die Rz 1092 stets auf das Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitglieds selbst. Rz 1092 Abs 2 behandelt nicht explizit den Fall des Ausscheidens eines ausländischen Gruppenmitglieds infolge eines Ausscheidens seiner inländischen Muttergesellschaft, die ebenfalls Gruppenmitglied ist.
Diesen Fall spricht der VwGH nun auch an und sieht die Nachversteuerungspflicht zum letzten Bilanzstichtag, an dem Wirkungen der Gruppenbesteuerung auf die inländische Muttergesellschaft sowie das ausländische Gruppenmitglieds anzuwenden waren.
Es ist zu erwarten, dass die KStR im Rahmen des nächsten Wartungserlasses in diesem Sinne angepasst werden.