Veröffentlichung des Körperschaftsteuerrichtlinien-Wartungserlasses 2019
Durch den Ende des Jahres 2019 veröffentlichten Körperschaftsteuerrichtlinien-Wartungserlass wurden zahlreiche Zweifelsfragen vor allem im Zusammenhang mit der Hinzurechnungsbesteuerung und dem neuen Methodenwechsel behandelt. Eine Anpassung der KStR an die aktuelle VwGH-Rechtsprechung erfolgte etwa bei der Thematik der Liquidation von Gruppenmitgliedern und der Überlassung von „Luxusimmobilien“ an Gesellschafter. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Kernaussagen:
Hinzurechnungsbesteuerung
Im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 10a KStG) werden Passiveinkünfte von niedrigbesteuerten beherrschten ausländischen Körperschaften (CFC-Gesellschaften) der inländischen beherrschenden Körperschaft zugerechnet, wenn die Passiveinkünfte mehr als ein Drittel der Gesamteinkünfte betragen.
Definition der Passiveinkünfte
- Der Zinsbegriff und der Begriff der Lizenzgebühren orientieren sich an Art 11 und Art 12 OECD-MA und nicht anhand des nationalen Ertragsteuerrechts.
- Von einer CFC-Gesellschaft erzielte Dividenden und Veräußerungsgewinne gelten nur dann als Passiveinkünfte, wenn diese bei Direktbezug durch die inländische beherrschende Gesellschaft steuerpflichtig wären.
- Einkünfte aus Finanzierungsleasing gelten als Passiveinkünfte, Einkünfte aus Operating Leasing hingegen nicht. Für die Abgrenzung zwischen Finanzierungsleasing und Operating Leasing sind die Kriterien des IFRS 16 maßgeblich. Im Zweifelsfall kann die Abgrenzung auch nach innerstaatlichen Grundsätzen vorgenommen werden.
Bestimmung der Niedrigbesteuerung
- Bei fremdunüblichen Leistungsbeziehungen zwischen der CFC-Gesellschaft und ihrer inländischen beherrschenden Körperschaft bzw weiteren inländischen verbundenen Unternehmen gehen die Verrechnungspreiskorrekturen der Hinzurechnungsbesteuerung vor. Der fremdübliche Verrechnungspreis ist bei der Einkommensermittlung der CFC-Gesellschaft anzusetzen.
- Wird das Einkommen einer ausländischen Körperschaft aufgrund einer Gruppenbesteuerungsregelung im Ausland mit Einkünften anderer Körperschaften verrechnet, erfolgt die Beurteilung der Niedrigbesteuerung anhand des nominellen Steuersatzes. Diese Vereinfachungsregel gilt gleichermaßen für Gruppenmitglieder und Gruppenträger.
- Die Glaubhaftmachung der ausländischen Steuerbelastung kann durch einen KöSt-Bescheid oder eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde erbracht werden. Dem im geprüften Jahresabschluss ausgewiesenen Steueraufwand kommt Indizwirkung für die voraussichtliche Steuerbelastung zu.
Drittelgrenze
- Wird die Drittelgrenze auch in einem dreijährigen Beurteilungszeitraum (Korridorregelung gem § 2 Z 2 CFC-VO) gesamthaft überschritten, erfolgt zwar in dem zu beurteilenden Wirtschaftsjahr eine Hinzurechnung; für die beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahre ergeben sich aber keine rückwirkenden Änderungen.
Beherrschung
- Eine Beherrschung liegt vor, wenn die inländische Körperschaft selbst oder zusammen mit ihren verbundenen Unternehmen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50% an der CFC-Gesellschaft beteiligt ist. Mittelbare Beteiligungsquoten über nicht verbundene Unternehmen sind außer Acht zu lassen.
- Für die Beherrschungsquote relevant sind die Beteiligungsquoten am Ende des maßgebenden Wirtschaftsjahres der CFC-Gesellschaft. Dies gilt auch für das Ausmaß der Hinzurechnung, allerdings mit der Einschränkung – gem KStR ohne Möglichkeit eines Gegenbeweises bei fehlendem Missbrauch – bei konzerninternen Übertragungen kurz vor dem Stichtag, wonach die volle Hinzurechnung greifen soll, als hätte die Beteiligung zum Stichtag noch bestanden.
Substanznachweis
- Die gesetzlich vorgesehenen Substanzkriterien, bei deren Vorliegen es zu keiner Hinzurechnung kommt, müssen kumulativ vorliegen (eigenes oder geleastes Personal, Ausstattung, Vermögenswerte, eigene oder gemietete Räumlichkeiten). Die Substanz muss in quantitativer und qualitativer Hinsicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zu den gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten der ausländischen Körperschaft stehen.
- Anders als bei rein vermögensverwaltenden Holdinggesellschaften wird bei Holdinggesellschaften, die über das bloße Halten von Beteiligungen und deren Veräußerung hinausgehende Tätigkeiten entfalten (zB Geschäftsleitung von Tochtergesellschaften oder Erbringung sonstiger Dienstleistungen), das Fehlen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nicht vermutet.
- Bei „gemischten“ Gesellschaften (mit Aktiv- und Passiveinkünften) ist eine “doppelte Drittelgrenze” maßgeblich. Werden deren Kriterien (wenn (1.) Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten zu mindestens einem Drittel für diese wirtschaftlichen Tätigkeiten eingesetzt werden und (2.) mindestens ein Drittel der gesamten Einkünfte aus diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielt werden) nicht erfüllt, ist ein Substanznachweis nach Maßgabe des Gesamtbildes der Verhältnisse im Einzelfall möglich.
Durchführung der Hinzurechnung
- Bei der Einkünfteermittlung dürfen nur jene Aufwendungen berücksichtigt werden, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Erträgen der Passiveinkünfte stehen. Neutrale Aufwendungen, die nicht im ausschließlichen Zusammenhang mit Aktiveinkünften stehen, können im Verhältnis der Aktiv- und Passiveinkünfte aufgeteilt werden.
- Die Hinzurechnungsbesteuerung gilt auch für Rumpfwirtschaftsjahre. Bei mehrstöckigen Konzernstrukturen mit allenfalls mehreren beherrschenden Körperschaften sieht die Hinzurechnungsbesteuerung keine stufenweise Ergebniszurechnung vor, sodass es durch verschobene Bilanzstichtage zu keinen zeitlichen Verzögerungen bei der Hinzurechnung der Passiveinkünfte kommen kann.
Methodenwechsel
- Die Beurteilung des Unternehmensschwerpunktes und der Niedrigbesteuerung erfolgt bei Ausschüttungen anhand jenes Jahres, in dem die ausgeschütteten Gewinne erwirtschaftet wurden. Ohne Nachweis, welchen Jahren die ausgeschütteten Gewinne zuzuordnen sind, gelten die Gewinne früherer Wirtschaftsjahre als zuerst ausgeschüttet (FIFO).
- Überwiegen bei der Beurteilung des passiven Unternehmensschwerpunkts die Passiveinkünfte nur aufgrund besonderer Umstände wie insbesondere aufgrund von Anlaufverlusten (relevanter Zeitraum: drei Jahre, in Ausnahmefällen fünf Jahre) oder eines allgemeinen Konjunktureinbruchs (über einzelne Branchen hinausgehend), kann die Beurteilung anhand des Kapital- und Arbeitskräfteeinsatzes der ausländischen Körperschaft erfolgen. Dabei liegt kein passiver Unternehmensschwerpunkt vor, wenn Kapital und Arbeitskräfte nachhaltig (min. drei bis fünf Wirtschaftsjahre) zu mehr als 95% zur Erzielung von Aktiveinkünften eingesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die inländische beherrschende Gesellschaft nachweisen kann, dass die besonderen Umstände für ein über normale Schwankungen hinausgehendes Absinken der Aktiveinkünfte und damit verbunden ein Überwiegen der Passiveinkünfte ursächlich sind.
- Bei der Veräußerung einer internationalen Schachtelbeteiligung erfolgt die Beurteilung der Niedrigbesteuerung und des Unternehmensschwerpunkts anhand eines siebenjährigen Beurteilungszeitraums. Betragen die gesamten Passiveinkünfte dieser sieben Jahre mehr als die Hälfte der Gesamteinkünfte dieses Zeitraums, liegt dennoch kein passiver Unternehmensschwerpunkt vor, wenn die beteiligte Körperschaft glaubhaft macht, dass der Veräußerungsgewinn überwiegend aus dem aktiven Unternehmensbereich stammt (bspw aufgrund stiller Reserven im Aktivbereich). Weder dem Aktiv- noch dem Passivbereich zuordenbare stille Reserven können im Verhältnis der Aktiv- und Passiveinkünfte aufgeteilt werden.
Liquidation einer Gesellschaft: Verbindlichkeiten und Auswirkungen in der Unternehmensgruppe
- Nach aktueller VwGH-Rechtsprechung sind – entgegen der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung – nicht getilgte Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Liquidationsergebnisses Teil des Abwicklungsendvermögens und wirken sich somit nicht gewinnerhöhend aus. Dies wurde im KStR-WE berücksichtigt.
- Bei Liquidation eines Gruppenmitglieds sind dessen Abwicklungsergebnisse nicht dem Gruppenträger zuzurechnen, weil die Gruppenbesteuerung (nur) dem Ausgleich der Gewinne und Verluste werbender Körperschaften dient. Dementsprechend ist das Abwicklungsergebnis der in Liquidation befindlichen Körperschaft außerhalb der Gruppe gesondert zu veranlagen.
- Ein Gruppenmitglied scheidet nicht bei Eintritt in die Liquidation aus der Unternehmensgruppe aus, sondern (erst) bei Abschluss der Liquidation. Dies wirkt sich ua auf die Mindestbestandsdauer der Unternehmensgruppe (3 Jahre) sowie auf die Nachversteuerung von zugerechneten Verlusten bei ausländischen Gruppenmitgliedern (im Jahr des Ausscheidens vorzunehmen) aus. Dies gilt ebenso für jene (untergeordneten) Gruppenmitglieder, die mit dem in die Liquidation eingetretenen Gruppenmitglied finanziell verbunden sind.
- Im Sinn eines Nichtanwendungserlasses erlauben die KStR, für bis zum 30. September 2019 beschlossene Liquidation die bisherige Verwaltungsmeinung anzuwenden.
Überlassung von „Luxusimmobilien“ an Gesellschafter
- Die in die KStR aufgenommenen Aussagen reflektieren die jüngste VwGH-Rechtsprechung zur Vermietung von „Luxusimmobilien“.
- Aus einer fremdunüblichen Errichtung und Überlassung einer Immobilie von einer Körperschaft an den Anteilsinhaber kann kein wirtschaftliches Eigentum des Anteilsinhabers abgeleitet werden.
- Eine (KESt-pflichtige) verdeckte Ausschüttung liegt vor, wenn die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung zwischen der immobilienbesitzenden Körperschaft und ihrem Anteilseigner einem Fremdvergleich nicht standhält. Relevant dafür ist, ob es für ein Mietobjekt in der gegebenen Bauart, Größe und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt gibt. In diesem Fall knüpft die Beurteilung einer verdeckten Ausschüttung daran an, ob eine ortsübliche Miete geleistet wird. Den Nachweis für das Vorliegen eines funktionierenden Mietenmarktes hat der Steuerpflichtige zu erbringen.
- Liegt kein funktionierender Mietenmarkt vor, ist zur Prüfung einer verdeckten Ausschüttung als Beurteilungsmaßstab eine abstrakte Renditeermittlung vorzunehmen, indem die Renditeerwartung eines marktüblich agierenden Immobilieninvestors zu Grunde gelegt wird. Nach Auffassung des VwGH müsste im Allgemeinen ein Mietentgelt in der Bandbreite von 3% bis 5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erzielen sein. Die so ermittelte „Renditemiete“ bildet den Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung.
Der Wartungserlass adressiert zahlreiche in der Besteuerungspraxis relevante Aspekte. Gerade bei der neuen Hinzurechnungsbesteuerung bleiben zahlreiche Zweifelsfragen aber immer noch ungeklärt. Für diese werden anhand der bestehenden Regelungen Antworten im interpretativen Wege gefunden werden müssen.