Einkommensteuerrichtlinien-Wartungserlass 2023 veröffentlicht
Das Bundesministerium für Finanzen hat mit 31. März 2023 den finalen Einkommensteuerrichtlinien-Wartungserlass 2023 (EStR WE 2023) mit etwa 360 Seiten veröffentlicht. Durch diesen Erlass soll die Anpassung der EStR insbesondere aufgrund der Änderungen durch das ÖkoStRefG 2022 Teil I, das AbgÄG 2022, das Teuerungs-Entlastungspaket Teil II, die Verordnung zur Abzugsteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellung und die Verordnung zur Ermittlung der Steuerdaten von Kryptowährungen eingearbeitet werden. In der Folge dürfen wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Anpassungen geben.
Klarstellung zur Nachversteuerung ausländischer Verluste (Rz 203a)
Im Zusammenhang mit der Nachversteuerung ausländischer Verluste wurde ein Beispiel zur Systematik bei DBA-befreiten Betriebsstätten ergänzt.
Bilanzberichtigung (Rz 652 ff)
In Bezug auf die Bilanzberichtigung nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG wurden die Auswirkungen des VwGH-Erkenntnisses vom 29. September 2022, Ro 2022/15/0011 eingearbeitet. Diese betreffen Aussagen zum notwendigen Verfahrenstitel für das verjährte Jahr, zu berücksichtigende Elemente bei der Ermessensentscheidung und zur Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen bei Mitunternehmerschaften.
Nutzungsdauer Fahrräder und E-Fahrräder (Rz 3115)
(E-)Fahrrädern kann eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von fünf Jahren zugrunde gelegt werden.
Degressive Abschreibung (AfA) – Anschaffung nach dem 1. Jänner 2023 (Rz 3261)
Für Anschaffungen und Herstellungen mit Anschaffungs- bzw. Herstellungsdatum ab dem 1. Jänner 2023 kann die degressive AfA nur nach Maßgabe der unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vorgenommen werden (Maßgeblichkeit des Unternehmensrechts dem Grunde und der Höhe nach).
Investitionsfreibetrag (Rz 3801 ff)
Bei der Anschaffung oder Herstellung von bestimmten Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens kann ein Investitionsfreibetrag als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Dieser wird von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bemessen und zusätzlich zur Abschreibung des Wirtschaftsgutes gewährt. Kommt es im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zusätzlich zu einer Teilwertabschreibung, ist ein Investitionsfreibetrag auch neben der Teilwertabschreibung im vollen Ausmaß zulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt ist – unabhängig von der Bezahlung – die Anschaffung oder Herstellung.
Die für Zwecke des Investitionsfreibetrages begünstigte Investitionssumme ist mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von höchstens EUR 1 Mio pro Wirtschaftsjahr gedeckelt. Der Investitionsfreibetrag beträgt 10% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung oder Herstellung dem Bereich Ökologisierung zuzuordnen ist, erhöht sich der Investitionsfreibetrag um 5% und beträgt daher insgesamt 15% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, maximaler zusätzlicher Betriebsausgabenabzug ist daher EUR 100.000 bzw. EUR 150.000.
In Bezug auf den Investitionshöchstbetrag ist keine steuersubjektbezogene, sondern eine betriebsbezogene Betrachtung maßgeblich. Bei Kapitalgesellschaften ist für Zwecke des Investitionsfreibetrages aber grundsätzlich von einem einheitlichen Betrieb auszugehen. Bei steuerlichen Unternehmensgruppen kann jedes Gruppenmitglied und der Gruppenträger bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen den Investitionsfreibetrag eigens geltend machen.
Der Investitionsfreibetrag kann nur für Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden, die eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und inländischen Betrieben oder inländischen Betriebsstätten zuzurechnen sind. Die daraus basierende 4-jährige Behaltefrist läuft von Tag zu Tag.
Ausnahme beim Abzugsverbot für Sozialplanzahlungen (Rz 4852m)
Aufgrund der Judikatur des VfGH sind Sozialplanzahlungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes vom Abzugsverbot gem. § 20 Abs. 1 EStG ausgenommen. Alle nach dem 31. Dezember 2022 im Rahmen von Sozialplänen geleisteten Abfertigungen können dementsprechend betraglich unbegrenzt als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
Besteuerung von Kryptowährungen (Rz 6103j ff, Rz 6178a ff)
Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 Teil I wurden die Einkünfte aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert. Mit dem EStR WE 2023 wurden die Regelungen zur Besteuerung von Kryptowährungen in die Einkommensteuerrichtlinien eingearbeitet.
KESt-Abzug bei offenkundigen verdeckten Ausschüttungen (Rz 7758)
Bei offenkundigen verdeckten Ausschüttungen ist ein zwingender KESt-Abzug mit nachfolgendem Rückerstattungsverfahren vorgesehen.
Die Behörde kann jedoch in Fällen verdeckter Ausschüttungen von der Inanspruchnahme der KESt-Haftung gemäß § 95 Abs. 1 EStG im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zur Erlassung eines Haftungsbescheides absehen, wenn bereits vor dessen Erlassung zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass der Muttergesellschaft eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie zusteht.
ArbeitskräftegestellungsVO (Rz 7940a)
Die VO zur Abzugsteuerentlastung eröffnet die Möglichkeit durch Entlastung an der Quelle oder Rückerstattung die Abzugsteuer bei Arbeitskräftegestellungen unter bestimmten Voraussetzungen zu vermeiden bzw. rückzuerstatten. Die wesentlichste Änderung besteht durch eine fiktive Aufteilung der auf das Gestellungsentgelt fälligen Abzugsteuer, durch diese sollen 70% des Steuereinbehaltes als Einkommen- bzw. Lohnsteuer der überlassenen Arbeitskraft, die übrigen 30% als Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer des ausländischen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmens behandelt werden (eine Aufteilung nach tatsächlichen Verhältnissen ist nicht vorgesehen).
Eine vereinfachte Entlastung von 30% des Gestellungsentgelts an der Quelle kann bei konzerninterner Personalüberlassung durch das Einholen einer Ansässigkeitsbescheinigung des ausländischen Überlassers erreicht werden. Für alle übrigen Fälle (außerhalb des Konzerns) ist zusätzlich die Erteilung eines Befreiungsbescheids erforderlich.
Eine vollständige Entlastung an der Quelle kann durch die zusätzliche Durchführung eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs stattfinden. Die oben genannten Voraussetzungen (Ansässigkeitsbescheinigung, Befreiungsbescheid außerhalb des Konzerns) müssen ebenfalls erfüllt sein.