VfGH: Beschränkung des Verlustabzugs auf betriebliche Einkunftsarten verfassungswidrig?
Mit Beschluss vom 26. Februar 2010 B 192/09 hat der Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Beschränkung des Verlustabzuges („Verlustvortrages“) gemäß § 18 (6) EStG auf betriebliche Einkunftsarten eingelenkt.
Auslösend für die Prüfung war folgender Sachverhalt: Seit dem Jahr 1991 bezog die Beschwerdeführerin im Rahmen einer Miteigentümergemeinschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Lediglich im Jahr 2006 ergab sich ein Verlust, der sich durch die Kosten für den Abriss eines baufälligen Gebäudes ergab. Die Berücksichtigung dieses Verlustes im Jahr 2007 wurde aufgrund der Tatsache, dass die Möglichkeit eines Verlustabzuges gemäß § 18 (6) EStG 1998 nur für betriebliche Einkunftsarten bestehe, von der zuständigen Behörde verweigert.
Der Verfassungsgerichtshof hegt nun Zweifel, ob die Beschränkung des Verlustabzuges gemäß § 18 (6) EStG auf betriebliche Einkunftsarten verfassungskonform ist. Vergangener Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zufolge wären die Abbruchkosten einschließlich eines allfälligen Restbuchwerts des Altgebäudes grundsätzlich als aktivierungspflichtige Herstellungskosten des in der Folge neu errichteten Gebäudes betrachtet worden („Opfertheorie“). Die Anwendung der Opfertheorie hätte zur Folge gehabt, dass im Abbruchjahr gar kein Verlust aus Vermietung und Verpachtung entstehen hätte können, weil die Kosten durch Aktivierung neutralisiert worden wären und sich erst in Folge durch höhere Abschreibungen von den Herstellungskosten des neuen Gebäudes ausgewirkt hätten. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die Opfertheorie in der jüngsten Rechtsprechung aufgegeben (VwGH 25.1.2006, 2003/14/0107).
Auch im vorliegenden Fall dürfte die belangte Behörde nicht von einer Aktivierung der Abbruchkosten ausgegangen sein. Dies hatte zur Folge, dass die Beschwerdeführerin eine Einkommensteuer-Belastung von bis zu 50 % des nicht ausgeglichenen Verlustes zu tragen hat. Sie hatte somit ein Einkommen zu versteuern, das sie auf mehrere Jahre gesehen gar nicht erzielt hatte und wurde so Miteigentümern gegenüber benachteiligt, die im Jahr 2006 über entsprechend hohe andere Einkünfte verfügten, um Verluste aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen.
Diese Effekte, für die der Verwaltungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung erkennen kann, ergeben sich nicht nur durch die Aufgabe der Opfertheorie, sondern immer dann, wenn im Zusammenhang mit einem Mietobjekt außerhalb des in § 28 EStG berücksichtigten Investitionsbereichs hohe laufende Kosten anfallen oder unvorhersehbare Schäden auftreten, die im Jahr des Schadensereignisses steuerlich als Werbungskosten im Wege einer Absetzung für außergewöhnliche technische Absetzung berücksichtigt werden müssen. Es bleibt nun abzuwarten, wie das Gesetzprüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofs ausgehen wird.