Geänderte Rechtsprechung zum „Anschaffungsnahen Erhaltungsaufwand“
Als anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen sind Aufwendungen anzusehen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Betriebsgebäudes stehen und in einem Zeitraum von drei Jahren zwischen Anschaffung und Erhaltungsaufwand getätigt wurden.
Nach bisheriger Rechtsprechung war anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand in nicht bloß untergeordneter Höhe stets zu aktivieren und über die Restnutzungsdauer verteilt abzuschreiben.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Berufungswerberin im Jahre 2000 ein Gebäude erworben, dessen nicht an Dritte zu Wohnzwecken vermieteten Teil sie bereits seit längerem gewerblich genutzt hatte und nach dem Erwerb des Gebäudes in gleicher Weise weiternutzte. Ein Jahr nach dem Erwerb des Gebäudes wurden von der Berufungswerberin die Fenster des Gebäudes und das Geschäftsportal erneuert. Den Aufwand dafür erachtete das Finanzamt wegen seiner Anschaffungsnähe als aktivierungspflichtig.
In der Entscheidung vom 30. Juni 2010 zur Aktivierungspflicht anschaffungsnaher Instandsetzungsaufwendungen ist der VwGH nunmehr von der bisherigen Rechtsansicht abgegangen und hat sich der Auffassung des UFS (Entscheidung vom 12. April 2005) sowie der Judikatur des BFH und der österreichischen Lehre angeschlossen:
Der VwGH teilt nunmehr die Auffassung, dass die Ableitung einer Aktivierungspflicht bloß aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf und aus dem Verhältnis der Höhe der Aufwendungen zum Kaufpreis problematisch erscheint und in Fällen, in denen die Aufwendungen nicht der Erlangung der betriebsbezogenen Betriebsbereitschaft dienen, eine gesetzliche Grundlage dafür nicht erkennbar ist.
Für die Abgrenzung zwischen sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand und aktivierungspflichtigem Anschaffungsaufwand sei nach Ansicht des VwGH somit darauf abzustellen, wann die Betriebsbereitschaft des Gebäudes für den Erwerber gegeben ist. Im vorliegenden Fall sei entscheidend gewesen, dass in der betrieblichen Nutzung nach dem Kauf keine Veränderungen eingetreten seien. Das Gebäude wurde bereits vor dem Kauf durch den Erwerber betrieblich genutzt und die betriebliche Nutzung lief nach dem Kauf im Wesentlichen unverändert weiter. Es ist daher davon auszugehen, dass das Gebäude bereits vor dem Erwerb als betriebsbereit anzusehen war. Nach dem Erwerb angefallene Erhaltungsaufwendungen dienen somit nicht der Erlangung einer betriebsbezogenen Bereitschaft und sind daher sofort abzugsfähig.