Neues in der Gruppenbesteuerung – „Sandwich-Gruppen“ möglich

Das EuGH-Urteil vom 27. November 2008 in der Rs Papillon und dessen Auswirkungen auf die österreichische Gruppenbesteuerung wurden in den vergangenen Jahren umfangreich diskutiert. Das BMF nimmt im Rahmen eines Informationsschreibens zu dieser Thematik Stellung und veröffentlicht eine EU-rechtskonforme Auslegung des § 9 Abs. 2 TS 1 KStG.

Die Rechtssache Papillon

Der EuGH entschied in der französischen Rs Papillon (C-418/07) folgendes: Es verstößt gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EUV), die Aufnahme einer inländischen Enkelgesellschaft in eine Steuergruppe zu verwehren, weil die zwischengeschaltete Tochtergesellschaft im Ausland ansässig ist. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob die „steuerliche Integration“ der Enkelgesellschaft über eine zwischengeschaltete in- oder ausländische Tochtergesellschaft stattfindet.

Rechtslage in Österreich

Die österreichische Rechtslage im Falle einer solchen „Sandwich-Gruppe“ ist jener in Frankreich sehr ähnlich. Die Gruppenzugehörigkeit setzt gemäß § 9 Abs. 2 TS 1 KStG voraus, dass die beteiligte Körperschaft eine inländische, unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist. Somit können Beteiligungen eines ausländischen Gruppenmitglieds nicht in die Unternehmensgruppe integriert werden – unabhängig davon, ob diese Beteiligungen im In- oder Ausland gelegen sind.

Neue Auslegung durch das BMF

Im Rahmen eines Informationsschreibens vom 16. Mai 2012 trägt das BMF dem EuGH-Urteil in der Rs Papillon Rechnung und stellt fest, dass der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 2 TS 1 KStG dadurch verdrängt wird. Die Aufnahme einer inländischen Enkelgesellschaft in eine österreichische Steuergruppe muss demnach auch dann möglich sein, wenn eine ausländische EU-Gesellschaft zwischengeschaltet ist.

Folgende weitere Aussagen werden im Informationsschreiben des BMF getroffen:

  • Mit der Enkelgesellschaft finanziell verbundene in- und ausländische Körperschaften können nach wie vor nicht in die Steuergruppe mit einbezogen werden.
  • Das Ergebnis der inländischen Enkelgesellschaft wird zeitgleich mit dem Ergebnis der Tochter zu 100% direkt beim Gruppenträger erfasst.
  • Um eine doppelte Verlustverwertung zu vermeiden, ist eine steuerwirksame Teilwertabschreibung der Beteiligung an der inländischen Enkelgesellschaft seitens der ausländischen Tochter ausgeschlossen.
  • Die Vornahme einer Firmenwertabschreibung durch das ausländische Gruppenmitglied ist nicht möglich.

Ob diese Rechtsansicht auch direkt im Gesetz ihren Niederschlag finden wird, bleibt abzuwarten.

Autorin: Ulrike Koller