OECD-BEPS Update 2014: Konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung
Im Rahmen des BEPS-Aktionsplans (siehe unseren Tax Newsletter) veröffentlichte die OECD am 3. November 2014 einen ersten Diskussionsentwurf zu Änderungsvorschlägen des Kapitels VII der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien im Zusammenhang mit konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung.
Der Diskussionsentwurf wurde zu Aktionspunkt 10 als Teil der BEPS-Initiative der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung erarbeitet. Im Fokus dieses Aktionspunktes stehen Transaktionen, die zwischen fremden Dritten nicht oder nur äußerst selten vorkommen, wie z.B. Management Fees und Konzernumlagen. Durch die Erarbeitung von Maßnahmen soll die Einordnung dieser Transaktionen und die Anwendung der Verrechnungspreismethoden – insbesondere im Kontext globaler Wertschöpfungsketten – geklärt werden, um die Schmälerung der Besteuerungsgrundlage im Staat des Leistungsempfängers zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund schlägt die OECD einen vereinfachten Ansatz zur Verrechnung und Dokumentation von konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung vor, der wahlweise angewandt werden kann. Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger gegen die Anwendung des vereinfachten Ansatzes, sind die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zur Ermittlung eines fremdüblichen Preises sowie die darin vorgesehenen Dokumentationsverpflichtungen vollinhaltlich heranzuziehen.
Nach dem Diskussionsentwurf ist eine konzerninterne Dienstleistung mit geringer Wertschöpfung eine Dienstleistung, die
- unterstützenden Charakter hat,
- nicht Teil der Kerntätigkeit des Konzerns ist,
- zu deren Erbringung keine einzigartigen und werthaltigen immateriellen Wirtschaftsgüter benötigt werden und
- für deren Erbringung kein hohes Risiko eingegangen wird.
Folgende Dienstleistungskategorien werden von der OECD als häufige Beispiele für konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung angeführt: Buchhaltung, Revision- und Prüfungswesen, Personalwesen (z.B. Rekrutierung, Training), IT-Dienstleistungen, Rechts- und Steuerberatung und sonstige administrative (Büro-)Tätigkeiten. Nach dem Diskussionsentwurf gehören Forschung & Entwicklung, Produktion, Vertrieb, Marketing, Finanzierungstransaktionen und Versicherungsleistungen, sowie Leistungen der obersten Konzern-Geschäftsleitung nicht in diese Kategorie.
Vereinfachter Ansatz für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung
- Der vereinfachte Ansatz sieht vor, dass zunächst alle Kosten, die den Konzernunternehmen für die Erbringung von Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung im jeweiligen Jahr entstanden sind, zusammengefasst werden. Kosten, die Aktivitäten betreffen, von denen nur der Leistungserbringer profitierte (inkl. „shareholder costs“) und direkt verrechenbare Kosten, die ausschließlich für ein einziges Konzernunternehmen erbracht wurden, werden aus der Kostenbasis herausgerechnet.
- Für jede Dienstleistungskategorie soll ein Kostenschlüssel gewählt werden, anhand dessen die Kosten auf die konzerninternen Leistungsempfänger aufgeteilt werden. Die Auswahl der Kostenschlüssel soll sachlich gerechtfertigt sein.
- Der Gewinnaufschlag soll unabhängig von der Dienstleistungskategorie einheitlich gewählt werden. Die OECD schlägt für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung eine fremdübliche Bandbreite in Höhe von 2 % bis 5 % vor. D.h. ein Gewinnaufschlag in der angeführten Bandbreite könnte ohne weitere Nachweise der Angemessenheit, z.B. ohne Datenbankstudie, angewandt werden. Allerdings sollten alle Kosten mit Gewinnaufschlag verrechnet werden. Dies steht im Widerspruch zur derzeitig gültigen Fassung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien (7.36), die eine Weiterleitung von Durchlaufkosten auch ohne Aufschlag vorsehen.
- Das Leistungsentgelt ergibt sich dann aus den direkt verrechenbaren Leistungen und aus der mittels Kostenschlüssel zugeteilten Verrechnung.
- Der Diskussionsentwurf sieht vereinfachte Vorschriften für die Dokumentation mit folgenden Punkten vor:
- Beschreibung der Kategorien der Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung, inklusive i) Erläuterung der Einordnung als Dienstleistung mit geringer Wertschöpfung, ii) Darlegung, warum die konzerninternen Dienstleistungen erbracht werden, iii) Beschreibung des erwarteten Nutzens für jede Dienstleistungskategorie, iv) Auswahl der Kostenschlüssel und Begründung, warum die ausgewählten Kostenschlüssel den jeweiligen Nutzen der empfangenen Dienstleistung am besten widerspiegeln, und v) Bestätigung des angewandten Gewinnaufschlags.
- Schriftliche Vereinbarungen/Verträge über die Erbringung dieser Dienstleistungen und aller Änderungen zu diesen schriftlichen Vereinbarungen/Verträgen.
- Berechnungen, welche die Ermittlung der Kostenbasis aufzeigen, inklusive einer detaillierten Auflistung der Dienstleistungskategorien und der Leistungen, die nur an ein Konzernunternehmen erbracht werden.
- Berechnungen, welche die Anwendung der jeweiligen Kostenschlüssel darlegen.
Die Dokumentation der oben angeführten Punkte soll laut OECD gleichzeitig als Nachweis gelten, dass die Leistungsempfänger einen entsprechenden Nutzen aus der erbrachten Dienstleistung erhielten („benefit test“).
Zusätzlich zum Abschnitt zu Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung enthält der Diskussionsentwurf weitere Änderungsvorschläge für das Kapitel VII der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien. Insbesondere wurden Beispiele für nicht abzugsfähige „Shareholder Activities“ (z.B. iZm Corporate Governance des Konzerns) und für konzernintern erbrachte Dienstleistungen ergänzt.
Ausblick
Erklärtes Ziel des Diskussionsentwurfs ist es, eine Balance zu finden zwischen einer angemessenen Vergütung für konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung und dem Schutz der Besteuerungsgrundlage im Staat des Leistungsempfängers. Der geplante eigene Abschnitt zu konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung mit einem vereinfachten Ansatz zur Verrechnung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch besteht ausreichend Diskussionsbedarf in der Begutachtungsphase.
Einerseits wäre eine klarere Aussage zu den vereinfachten Dokumentationsvorschriften wünschenswert, z.B. ob für die lokalen Konzernunternehmen tatsächlich keine weiteren Dokumentationsverpflichtungen erwachsen, wenn die Erfordernisse laut dem neuen Abschnitt des Kapitels VII erfüllt sind. Andererseits stehen einige Aussagen des neuen Abschnitts im Widerspruch zur derzeitigen Fassung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien: etwa bei der Frage, ob eine Weiterleitung von (Durchlauf-)Kosten ohne Gewinnaufschlag möglich sein soll.
Ob die neuen Regelungen in der finalen Version Vereinfachungen für den Steuerpflichtigen bringen werden, wird auch von der Umsetzung der Leitlinien in den einzelnen Staaten abhängen. Aus österreichischer Sicht ist anzumerken, dass die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (Rz 77) für Dienstleistungen mit Routinecharakter einen 5-15%-igen Gewinnaufschlag als Richtwert vorsehen, der deutlich über dem von der OECD vorgeschlagenen Aufschlag liegt. Es ist daher abzuwarten, welche Auswirkungen der vorliegende OECD-Diskussionsentwurf auf die österreichische Sichtweise haben wird.
Die OECD nimmt Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf bis 14. Jänner 2015 an, eine öffentliche Konsultation des Entwurfs ist für 19. und 20. März 2015 geplant.
Autorin: Sophia Reismann