OECD BEPS-Update: Überarbeitung des Kapitels I der OECD Verrechnungspreisgrundsätze
Im Rahmen des BEPS-Aktionsplans veröffentlichte die OECD am 19. Dezember 2014 ein Diskussionspapier mit Änderungsvorschlägen zum Kapitel I der OECD Verrechnungspreisgrundsätze. Dieses enthält Ausführungen zu Risiken, zur Anerkennung/Umqualifikation von Transaktionen sowie Vorschläge für besondere Maßnahmen. Am 19. und 20. März 2015 fand unter reger Anteilnahme der Öffentlichkeit eine Konsultation zum Diskussionspapier statt. Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte des Papiers sowie der öffentlichen Konsultation skizziert.
Das Diskussionspapier zu den geplanten Änderungen des Kapitels I der OECD Verrechnungspreisgrundsätze erging im Zusammenhang mit Aktionspunkten 8, 9 und 10 des BEPS–Aktionsplans. Ziel dieser Aktionspunkte ist es, die Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisergebnissen und Wertschöpfung zu gewährleisten.
Teil I: Leitlinien für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes
Im Fokus des ersten Teils des Diskussionspapiers stehen die geplanten Änderungen zu Kapitel I, Teil D der OECD Verrechnungspreisgrundsätze: den Leitlinien für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes.
Identifikation der wirtschaftlichen oder finanziellen Beziehungen
Ausgangspunkt für eine Analyse sind weiterhin die zwischen verbundenen Unternehmen abgeschlossenen Verträge. Allerdings sind die Vertragsbedingungen dem tatsächlichen wirtschaftlichen Verhalten der Vertragsparteien gegenüberzustellen und im Lichte der Wertschöpfungskette des Konzerns zu analysieren. Die OECD betont in diesem Zusammenhang: In Fällen, in denen die vertraglichen Vereinbarungen nicht die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten widerspiegeln, ist die Transaktion auf Grundlage der tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen .
Identifikation und Zuordnung von Risiken
Signifikant überarbeitet werden die Vorgaben zur Analyse von Risiken. Die neuen Regelungen sollen sicherstellen, dass Risiken im Einklang mit den jeweils relevanten Funktionen stehen. Insbesondere soll vermieden werden, dass eine Gesellschaft nur aufgrund einer vertraglichen Übernahme von Risiken eine unangemessen hohe Vergütung erhält.
Die Zuordnung eines Risikos soll sich danach richten, welches der verbundenen Unternehmen die Kontrolle des Risikos tatsächlich ausübt sowie die Entscheidung zur Risikoübernahme trifft bzw. das Risikomanagement übernimmt. Das Diskussionspapier beschreibt ausführlich, wie die Risikoaufteilung aus Verrechnungspreissicht unter Berücksichtigung dieser Kriterien erfolgen soll.
Weiters enthält es eine beispielhafte Aufzählung von Risiken, die oft zu berücksichtigen sein werden, wie etwa strategisches Risiko, Marktrisiko, operatives Risiko etc.
Anerkennung/Umqualifikation von Transaktionen
Der “commercial rationality test” wird durch das “concept of fundamental economic attributes of arrangements” (“Konzept der fundamentalen ökonomischen Attribute”) ersetzt. Nach diesem Konzept werden die zwischen verbundenen Unternehmen eingegangenen Vereinbarungen dahingehend analysiert, welche Alternativen den Vertragsparteien realistisch zur Verfügung stehen und ob das Eingehen der konzerninternen Vereinbarung ihre wirtschaftliche und finanzielle Position verbessert oder schützt. Wenn eine Transaktion nicht im Einklang mit diesem Konzept steht, sieht das Diskussionspapier eine Nicht-Anerkennung der Transaktion aus Verrechnungspreissicht vor.
Die Tatsache, dass eine Transaktion zwischen fremden Dritten nicht anzutreffen ist, führt jedoch nicht per se zu einer Nicht-Anerkennung der Transaktion.
Öffentliche Konsultation
Die oben erwähnten Punkte wurden in der öffentlichen Konsultation eingehend diskutiert.
In Bezug auf die „Identifikation der wirtschaftlichen oder finanziellen Beziehungen“ lag der Schwerpunkt der Diskussionen in einer Bekräftigung der Relevanz der von den Parteien eingegangenen vertraglichen Vereinbarungen. Die bestehenden OECD Verrechnungspreisgrundsätze beinhalten bereits Regelungen zur Berücksichtigung des tatsächlichen wirtschaftlichen Verhalten der Vertragsparteien, weshalb von den Unternehmen / der Beratung vorgebracht wurde, dass weitere Ausführungen nicht erforderlich sind.
In Bezug auf die „Identifikation und Zuordnung von Risiken“ wurde in der Diskussion die Frage aufgeworfen, ob „Kontrolle“ der Lösungsansatz sei, um die vertragliche Risikoverteilung im Lichte von BEPS überprüfen zu können. In Bezug auf die Thematik „künstlicher Risikotransfer“ wurde darauf verwiesen, dass Kapitel IX der OECD Verrechnungspreisgrundsätze bereits einen Rahmen für eine Analyse vorsieht.
In Bezug auf „Anerkennung/Umqualifikation von Transaktionen“ wurde von den Unternehmen / der Beratung vorgebracht, dass die OECD Verrechnungspreisgrundsätze bereits einen Test vorsehen. Dieser Test sollte auch nur als letztes Mittel angewandt werden. Das vorgeschlagene Konzept wurde als zu umfassend und subjektiv bezeichnet.
Teil II: „Besondere Maßnahmen“
Der zweite Teil des Diskussionspapiers skizziert „besondere Maßnahmen“ zur Erreichung der BEPS-Ziele, und schlägt Lösungsansätze vor, die über den Fremdvergleichsgrundsatz hinausgehen.
Die „besonderen Maßnahmen“ betreffen insbesondere immaterielle Vermögenswerte, Risiken und Überkapitalisierung. Die „besonderen Maßnahmen“ stehen auch im engen Zusammenhang mit den Aktionspunkten 3 (CFC-Rules) und 4 (Zinsabzug).
Im Rahmen der öffentlichen Konsultation wurde insbesondere besprochen, dass die „besonderen Maßnahmen“ im Rahmen von anderen Aktionspunkten behandelt werden.
Conclusio
Durch das Diskussionspapier wird die Bedeutung einer eingehenden Analyse der tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten von Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen hervorgehoben. Auch ist damit zu rechnen, dass konzerninterne Risikotransfers, die nicht durch entsprechende Funktionen begleitet werden, zukünftig kritisch überprüft werden.