OECD BEPS-Aktionsplan: Aktionspunkt 8 – schwer bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter (hard-to-value intangibles)

Am 6. und 7.  Juli 2015 fand in Paris eine öffentliche Diskussion bezüglich der BEPS Aktionspunkte 8 bis 10 statt – dabei wurde auch der Themenbereich der „Hard-to-value intangibles“  intensiv diskutiert. Dieser spezielle Bereich gehört zu den hoch komplexen Problembereichen im Rahmen des Aktionspunktes 8. Der nachfolgende Artikel gibt einen ersten Überblick über den aktuellen Entwurf.

Ein Überblick

Mit dem am 4. Juni 2015 publizierten Diskussionsentwurf hat die OECD ein weiteres Zwischenergebnis für den Aktionspunkt 8 der BEPS-Initiative vorgelegt. Dieser Entwurf soll den bereits im September 2014 veröffentlichten Stand zur Änderung des Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinie betreffend die Behandlung von immateriellen Wirtschaftsgütern ergänzen. Das sechs Seiten umfassende Diskussionspapier beschäftigt sich konkret mit der Verrechnungspreisgestaltung von immateriellen Wirtschaftsgütern, deren Wertermittlung zum Zeitpunkt der Übertragung höchst ungewiss scheint.

Der Entwurf gliedert sich in zwei Abschnitte: Im ersten Abschnitt wird dargestellt, wie eine fremdübliche Preisbestimmung erfolgen soll, wenn die Bewertung von immateriellen Wirtschaftsgütern oder Rechten an immateriellen Wirtschaftsgütern im Zeitpunkt der Übertragung sehr ungewiss ist. Im zweiten Teil des Diskussionsentwurfs wird die Kategorie der schwer bewertbaren immateriellen Wirtschaftsgüter näher beschrieben und ein möglicher Umgang mit diesen aufgezeigt.

Definition: schwer bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter

Das veröffentlichte Diskussionspapier definiert eine neue Kategorie „schwer bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter“. Schwer bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter sind demnach immaterielle Wirtschaftsgüter

  • für die keine ausreichend verlässlichen Vergleichsdaten existieren und
  • es an verlässlichen Prognosen für zukünftige Cashflows oder Einkommenserwartungen fehlt oder die genutzten Annahmen bei der Bewertung der immateriellen Wirtschaftsgüter höchst unsicher sind.

Anwendungsbereich der Regelung

In den Anwendungsbereich der Regelung fallen immaterielle Wirtschaftsgüter, die folgende Charakteristika aufweisen:

  • die zum Zeitpunkt der Übertragung nur teilweise entwickelt waren;
  • deren kommerzielle Verwertung erst mehrere Jahre nach der Übertragung zu erwarten ist;
  • welche für sich betrachtet zwar keine schwer bewertbaren immateriellen Wirtschaftsgüter darstellen, jedoch mit der Entwicklung oder Aufwertung von anderen immateriellen Wirtschaftsgütern, welche selbst als schwer bewertbar eingeordnet werden könnten, verbunden sind;
  • welche in einer Art verwertet werden können, die zum Übertragungszeitpunkt noch unbekannt bzw. neuartig ist.

Sofern es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter handelt, die die vorgenannten Charakteristika aufweisen, besteht die Möglichkeit, dass eine Informationsasymmetrie zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung vorherrscht. Die bestehenden Informationsasymmetrien können es für die Finanzverwaltung beschwerlich machen,

  • eine Risikobewertung für Verrechnungspreiszwecke durchzuführen,
  • eine zuverlässige Bewertung der verfügbaren Informationen vorzunehmen, welche Basis für die Verrechnungspreisgestaltung sind,
  • zu prüfen, ob die Übertragung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch eine Über- oder Unterbewertung erfolgt ist.

Gemäß OECD-Lösungsansatz kann die Finanzverwaltung in solchen Fällen ex-post Informationen über die tatsächlichen finanziellen Ergebnisse berücksichtigen, um zu prüfen, ob der ex-ante gesetzte Verrechnungspreis dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Eine solche Vorgehensweise soll jedoch nur auf Fälle beschränkt werden, in denen eine signifikante Differenz zwischen dem Ex-post-Ergebnis und den Ex-ante-Annahmen existiert. Was genau „signifikante Differenz“ bedeutet, wird jedoch nicht näher definiert.

Finanzverwaltungen können diesen Ansatz jedoch dann nicht anwenden, wenn

  • der Steuerpflichtige vollständige Informationen seiner Ex-ante-Annahmen vorlegt, welche zum Zeitpunkt der Übertragung der Preisbestimmung zugrunde lagen, und hierbei insbesondere darstellen kann, wie Risiken in der Preisbestimmung berücksichtigt wurden und dass vernünftigerweise die vorhersehbaren Ereignisse oder weiteren Risiken vollumfänglich berücksichtigt wurden, und
  • der Steuerpflichtige nachweist, dass ein signifikanter Unterschied zwischen der finanziellen Prognose und dem tatsächlichen Resultat durch unvorhersehbare oder außergewöhnliche Entwicklungen oder Ereignisse nach der Preisbestimmung aufgetreten ist, die von den beteiligten Unternehmen zum Zeitpunkt der Übertragung vernünftigerweise nicht hätten erwartet werden können.

Für weitere Informationen siehe unter:

  • OECD Public Discussion Draft BEPS Action 8: Hard-to-value intangibles (Link)
  • Public comments received on discussion draft on BEPS 8: Hard-to-value intangibles (Link)

 Ausblick und Schlussbemerkung

Die vergangenen Monate waren für Verrechnungspreisexperten geprägt von einer sehr dynamischen Weiterentwicklung im Bereich Verrechnungspreise im Rahmen des „Base Erosion and Profit Shifting“ Projekts. Selten hat die OECD im Bereich des internationalen Steuerrechts in so hohem Tempo und in einem so beträchtlichen Umfang (Zwischen-)Ergebnisse vorgelegt. Es ist zu erwarten, dass die OECD in naher Zukunft (Ende September 2015) weitere finale Handlungsempfehlungen zum Thema Verrechnungspreise veröffentlichen wird. Des Weiteren kündigte die OECD im Rahmen der öffentlichen Diskussion an, dass die Veröffentlichung der Ergebnisse zu einigen wenigen Themengebieten, darunter auch die Umsetzung im Bereich „Hard-to-value intangibles“, verzögert erfolgen wird (voraussichtlich 2016/2017).