EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 in Begutachtung: Das neue Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG)

Das Bundesministerium für Finanzen hat einen Begutachtungsentwurf zum EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 veröffentlicht. Dieser Entwurf enthält unter anderem auch das neue Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG). Die dargestellten Neuerungen bedeuten eine Ausweitung der Dokumentationspflichten für grenzüberschreitend tätige Konzernunternehmen.

Das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz soll die neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen in Österreich verbindlich umsetzen, da weder die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen noch die Verrechnungspreisrichtlinien 2010 hierfür geeignet sind. Die neue dreistufige Dokumentationsstruktur setzt sich zusammen aus einer Stammdokumentation, einer länderspezifischen Dokumentation sowie einer länderbezogenen Berichterstattung.

Stammdokumentation (Master File) und länderspezifische Dokumentation (Local File)

Eine in Österreich ansässige Konzernmuttergesellschaft oder Konzerntochtergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe muss eine Stammdokumentation sowie eine länderspezifische Dokumentation anfertigen, wenn die Umsatzerlöse den Betrag von 50 Millionen Euro oder die Provisionserlöse den Betrag von 5 Millionen Euro in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr übersteigen.

Die Stammdokumentation soll durch einen allgemeinen Überblick ermöglichen, die Verrechnungspreispraxis der multinationalen Unternehmensgruppen in ihren wirtschaftlichen, rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Gesamtkontext zu stellen. Die länderspezifische Dokumentation soll gesonderte Informationen zu Geschäftsvorfällen der jeweiligen Konzerngesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe umfassen. Die inhaltlichen Einzelheiten der Stammdokumentation sowie der länderspezifischen Dokumentation werden per Verordnung geregelt und sollen den Vorgaben der OECD entsprechen.

Die stamm- und länderspezifische Dokumentation ist ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zur Körperschaftsteuer bzw. Steuererklärung bei Feststellung von Einkünften auf Ersuchen des zuständigen Finanzamtes innerhalb einer Frist von 30 Tagen einzureichen.

Länderbezogene Berichterstattung (Country-by-Country Report)

Gemäß dem Begutachtungsentwurf muss eine multinationale Unternehmensgruppe, die in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr einen konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro aufweist, eine länderbezogene Berichterstattung erstellen. Dies entspricht ebenfalls den von der OECD vorgeschlagenen BEPS-Maßnahmen.

Nach dem vorliegenden Begutachtungsentwurf ist zur Übermittlung der länderbezogenen Berichterstattung verpflichtet:

  • die oberste Muttergesellschaft, wenn diese in Österreich niedergelassen ist, oder
  • eine in Österreich ansässige Konzerntochtergesellschaft, die in die Verpflichtung der obersten Muttergesellschaft eingetreten ist.

Eine in Österreich ansässige Geschäftseinheit kann in die Verpflichtung der obersten Muttergesellschaft eintreten, sobald eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • Die oberste Muttergesellschaft ist in ihrem Ansässigkeitsstaat nicht zur Abgabe einer länderbezogenen Berichterstattung verpflichtet.
  • Mit dem Ansässigkeitsstaat der obersten Muttergesellschaft besteht keine qualifizierte Vereinbarung zum Austausch der länderbezogenen Berichterstattung.
  • Mit dem Ansässigkeitsstaat besteht eine qualifizierte Vereinbarung zum automatischen Austausch der länderbezogenen Berichterstattung, dieser automatische Austausch wurde jedoch ausgesetzt oder über einen längeren Zeitraum hinweg versäumt (systemisches Versagen).

Das in Österreich ansässige Finanzamt kann unter den oben genannten Bedingungen eine österreichische Konzerntochtergesellschaft zur Vorlage der länderbezogenen Berichterstattung verpflichten. Dies gilt nicht, wenn eine ausländische Konzerntochtergesellschaft in die Verpflichtungen der obersten Muttergesellschaft eingetreten ist.

Die länderbezogene Berichterstattung ist spätestens 12 Monate nach dem letzten Tag des betreffenden Wirtschaftsjahres beim Finanzamt der obersten Muttergesellschaft (oder der eintretenden Konzerntochtergesellschaft) einzureichen. Wird die länderbezogene Berichterstattung vorsätzlich nicht fristgerecht oder meldepflichtige Informationen nicht oder unrichtig mitgeteilt, ist dieses mit einer Geldstrafe von bis zu 80.000 Euro zu bestrafen (grobe Fahrlässigkeit mit bis zu 25.000 Euro). Eine fahrlässige Übermittlung unrichtiger Informationen ist nicht strafbar.

Die vollständige Dokumentation (Master File, Local File und CbC-Report) kann in deutscher oder  englischer Sprache verfasst werden. Die Abgabenbehörde kann auf Verlangen eine beglaubigte Übersetzung der Dokumentation verlangen. Die anzufertigende Dokumentation betrifft die Wirtschaftsjahre ab dem 1. Jänner 2016.

Fazit

Mit dem veröffentlichten Begutachtungsentwurf zum neuen Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG) trifft Österreich nunmehr die unionsrechtliche Verpflichtung, von multinationalen Unternehmensgruppen Informationen über ihre weltweite Einnahmenaufteilung, die von ihnen gezahlten Steuern sowie weitere Angaben über ihre wirtschaftliche Tätigkeit in den einzelnen Staaten zu sammeln und automatisch mit anderen Staaten auszutauschen.
Für grenzüberschreitend tätige Konzernunternehmen bedeutet dies insgesamt einen deutlichen Mehraufwand, um ihren steuerlichen Compliance Verpflichtungen nachzukommen.