BMF veröffentlicht Regierungsvorlage zum EU-Abgabenänderungsgesetz 2016: Neuerungen beim Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG)

Am 14. Juni 2016 hat das BMF – nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens – die Regierungsvorlage zum EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 veröffentlicht. Darin sind insbesondere einige Änderungen zum Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG) enthalten. Die in der Regierungsvorlage veröffentlichten inhaltlichen Anforderungen entsprechen den Empfehlungen der OECD gemäß dem Aktionspunkt 13 des BEPS-Projektes zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung.

Eine wesentliche Neuerung der Regierungsvorlage im Vergleich zum Begutachtungsentwurf (siehe PwC-Beitrag vom 13. Mai 2016) ist, dass die Umsatzschwelle für die Verpflichtung zur Erstellung eines Master Files und Local Files in Höhe von EUR 50 Mio. nun in zwei vorangegangenen Wirtschaftsjahren überschritten werden muss. Das bedeutet, dass österreichische Konzerngesellschaften nur dann ein Master File und Local File vorlegen müssen, wenn ihre Umsätze in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren diese Schwelle überschreiten. Auf der anderen Seite entfällt diese Verpflichtung ab dem Wirtschaftsjahr, wenn die Umsatzerlöse in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren diese Umsatzschwelle unterschreiten. Im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf enthält die Regierungsvorlage keinen Schwellenwert in Höhe von EUR 5 Mio. im Fall von konzerninternen Provisionserlösen.

Master File und Local File

Das Master File soll durch einen allgemeinen Überblick ermöglichen, die Verrechnungspreispraxis der multinationalen Unternehmensgruppe in ihren wirtschaftlichen, rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Gesamtkontext zu stellen. Demnach sollen laut der Regierungsvorlage und dem Entwurf zur Durchführungsverordnung nachfolgende 5 Teilbereiche dargestellt werden:

  • Organisationsaufbau der multinationalen Unternehmensgruppe,
  • Beschreibung der Geschäftstätigkeit,
  • Dokumentation der immateriellen Werte,
  • Dokumentation der unternehmensgruppeninternen Finanztätigkeiten und
  • Dokumentation der Finanzlage- und Steuerpositionen.

Grundsätzlich soll das Master File die multinationale Unternehmensgruppe als Gesamtheit darstellen. In begründeten Fällen ist es aber auch zulässig, wenn eine Gliederung nach den einzelnen Geschäftsbereichen (Divisionen) erfolgt. In solchen Fällen ist darauf zu achten, dass die zentralisierten Konzernfunktionen und die Geschäftsvorfälle zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen im Master File richtig beschrieben sind. Gleichzeitig soll bei einer Gliederung nach Geschäftsbereichen in jedem Staat/Gebiet das gesamte Master File mit sämtlichen Geschäftsbereichen zur Verfügung stehen.

Das Local File soll das Master File um detaillierte Informationen zu spezifischen unternehmensinternen Geschäftsvorfällen ergänzen. Gemäß der Regierungsvorlage sowie der Durchführungsverordnung (Entwurf) soll das Local File folgende 3 Teilbereiche beinhalten:

  • Beschreibung der inländischen Geschäftseinheit,
  • Dokumentation der wesentlichen unternehmensgruppeninternen Geschäftsvorfälle sowie
  • Finanzinformationen.

Die dargestellten inhaltlichen und strukturellen Anforderungen an das Master File und Local File sind damit weitgehend identisch mit den Empfehlungen der OECD.

Gemäß der Regierungsvorlage soll die gesamte Dokumentation bestehend aus Master File, Local File und länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report) in einer zugelassenen Amtssprache (Deutsch) oder in englischer Sprache vorgelegt werden. Für Teile des länderbezogenen Berichts kann eine Fassung in englischer Sprache verpflichtend sein. Damit konnte im Rahmen der Begutachtung eine erhebliche Erleichterung gegenüber dem Begutachtungsentwurf dahingehend erreicht werden, dass nun keine beglaubigte Übersetzung mehr notwendig ist.

Weiters ist das in der Regierungsvorlage enthaltene Strafmaß im Vergleich zum Begutachtungsentwurf für die vorsätzlich nicht fristgerechte oder nicht/unrichtige Übermittlung des länderbezogenen Berichts von max. EUR 80.000 auf max. EUR 50.000 gesenkt worden.

Erhöhte Dokumentationsanforderungen

Insgesamt überschreitet das neue Dokumentationserfordernis klar den aktuell üblichen Dokumentationsumfang in Österreich. Dies betrifft vor allem die inhaltlichen Anforderungen an das Master File. So sind beispielsweise gemäß Durchführungsverordnung (Entwurf)

  • die zentralen Faktoren für den Unternehmensgewinn (Gewinn- bzw. Werttreiber),
  • die Wertschöpfungskette für die umsatzbezogenen fünf größten Produkte bzw. Dienstleistungen (und zusätzlich für all jene Produkte, auf die mehr als 5 % des Gruppenumsatzes entfallen),
  • eine globale Funktionsanalyse (zuzüglich Wertschöpfungsbeitragsanalyse) sowie
  • ein Überblick über die immateriellen Werte und konzerninternen Finanzdienstleistungen einschließlich deren Verrechnung („Transfer Pricing Policy“)

darzustellen.

Angesichts dieses nunmehr erhöhten Dokumentationserfordernisses erscheint die Kostenschätzung des Gesetzgebers plausibel: In den Gesetzesmaterialien werden die Kosten für die erstmalige Erstellung eines Master Files und Local Files nach den neuen gesetzlichen Vorgaben mit insgesamt rund EUR 300.000 geschätzt. Dazu kämen die Kosten – falls anwendbar – für die Erstellung eines länderbezogenen Berichts (EUR 100.000). Davon sind die Kosten, die schon nach der bisherigen Rechtslage für die Verrechnungspreisdokumentation anfallen, abzuziehen.

Anmerkungen und Ausblick

Die vom Gesetzgeber vorgelegte Regierungsvorlage für den neuen österreichischen Dokumentationsstandard entspricht generell den Empfehlungen der OECD und ist somit konsistent mit der künftigen internationalen Verrechnungspreispraxis. Dennoch bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen das Begutachtungsverfahren auf die Durchführungsverordnung haben wird. So ist beispielsweise in Diskussion, ob nicht Wesentlichkeitsgrenzen für zu dokumentierende Geschäftsvorfälle – in Anlehnung an die Empfehlung der OECD – eingeführt werden sollten. Eine solche Grenze wäre aus Sicht der betroffenen Unternehmen wünschenswert.

Letztendlich wird sich noch vor der Sommerpause des Parlaments oder spätestens im Rahmen der Herbstlegistik zeigen, welche Fortentwicklungen sich final durchsetzen werden. Zweifelsohne werden die neuen Anforderungen für betroffene grenzüberschreitend tätige Konzernunternehmen einen deutlich erhöhten zeitlichen und finanziellen Mehraufwand mit sich bringen.