BFG: Kein Ausschluss der Optionsmöglichkeit gem. § 6 Abs. 2 UStG bei Verschmelzung der mietenden Gesellschaft
Das BFG erteilt mit Erkenntnis vom 06. Juni 2018 (RV/5101672/2014) eine Absage an die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach es auch infolge einer Verschmelzung mit Gesamtrechtsnachfolge zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses kommen kann.
Hintergrund
Die Vermietung zu Geschäftszwecken ist grundsätzlich unecht umsatzsteuerfrei, dem Vermieter steht somit kein Vorsteuerabzug für die in Zusammenhang mit der Vermietung angefallenen Eingangsleistungen zu. Gemäß § 6 Abs. 2 UStG kann jedoch zur Steuerpflicht optiert werden, wodurch der Vermieter – bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen – auch zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Seit dem 1. StabG 2012 ist die Ausübung der Option zur Steuerpflicht nur mehr möglich, wenn der Leistungsempfänger (Mieter) das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. „Nahezu ausschließlich“ bedeutet nach Auffassung der Finanzverwaltung (Rz 899a UStR) zu mindestens 95%. Die Regelung des § 6 Abs. 2 UStG greift im Wesentlichen für Mietverhältnisse, die nach dem 31. August 2012 neu begründet werden.
Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die (unseres Erachtens unzutreffende) Auffassung, dass ein neues Mietverhältnis auch bei einer Änderung auf Mieter- oder Vermieterseite infolge Gesamtrechtsnachfolge eintreten kann (Rz 899c UStR).
BFG vom 06. Juni 2018, RV/5101672/2014
Dem BFG-Erkenntnis liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
- Umsatzsteuerpflichtige Vermietung ab 2011 an die Mieter-GmbH (Vermieter ist nicht Errichter des Gebäudes)
- Verschmelzungsvertrag vom September 2013; Eintragung ins Firmenbuch im Oktober 2013
- Die Nachfolge-Mieterin hat Umsätze, die zu mehr als 5% nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Seitens des Finanzamtes wurde daher aufgrund der inzwischen in Kraft getretenen Einschränkung der Optionsmöglichkeit gem. § 6 Abs. 2 UStG idF 1. StabG 2012 die Auffassung vertreten, dass eine steuerpflichtige Vermietung nicht mehr möglich sei.
Über die Streitfrage, ob es im Zuge der Verschmelzung der Mieter-GmbH zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses kam und damit gem. § 6 Abs. 2 UStG idF 1. StabG 2012 die Ausübung der Option zur Steuerpflicht im gegebenen Fall nicht mehr möglich gewesen wäre, hatte sodann das BFG zu entscheiden.
Das BFG hat auf Grundlage der Gesamtrechtsnachfolge (und § 19 BAO) das Vorliegen eines neuen Mietverhältnisses verneint und ist der herrschenden Auffassung in der Literatur gefolgt: „Aufgrund dieser Gesamtrechtsnachfolge wird das ursprüngliche Mietverhältnis nahtlos fortgesetzt und, da es zudem dazu auch keiner neuerlichen Willenseinigung bedarf, wird auch kein neues Mietverhältnis begründet. Ebenso wenig führt eine im Zuge eines Umgründungsvorganges eingetretene Änderung bei Organgesellschaften zu einem neuen Mietverhältnis.“
Die Revision an den VwGH wurde zugelassen. Ob Revision erhoben wird, ist noch nicht bekannt.
Auswirkungen für die Praxis
- Es bleibt abzuwarten, ob Revision erhoben wird und wenn ja, wie der VwGH entscheiden wird.
- Das BFG erteilt eine Absage an die (unseres Erachtens unzutreffende) Auffassung der Finanzverwaltung in Rz 899c UStR, wonach es auch infolge einer Verschmelzung mit Gesamtrechtsnachfolge zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses kommen kann.
- Gleiches könnte unseres Erachtens gelten, wenn die Vermieter-Seite als übertragende Gesellschaft verschmolzen wird, oder es zu einer Änderung auf Mieter- oder Vermieterseite durch Spaltungen und Umwandlungen mit Gesamtrechtsnachfolge kommt.
- Transaktionen mit Einzelrechtsnachfolge werden (weiterhin) sorgfältig in Bezug auf die Auswirkungen auf bestehende Mietverhältnisse zu prüfen sein.