DAC-6 Meldefrist kann um 6 Monate verschoben werden – knapper Zeitplan für lokale Umsetzung
Der Beginn der DAC-6 Meldepflicht für Unternehmen und Berater steht vor der Tür. Der ursprüngliche Vorschlag der EU Kommission, die Meldepflicht um 3 Monate zu verschieben, wurde von den Mitgliedstaaten als nicht weitgehend genug abgelehnt. Jetzt soll eine Fristverschiebung um 6 Monate kommen – der Zeitraum für die innerstaatliche Umsetzung wird allerdings sehr knapp.
Status quo
Im Vorjahr wurde – in Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU (DAC 6) – das EU-Meldepflichtgesetz („EU-MPfG“) beschlossen. Dieses sieht eine Meldepflicht für bestimmte grenzüberschreitende Gestaltungen vor, welche Berater (Intermediäre) als auch Steuerpflichtige selbst treffen kann. Die Meldung hat elektronisch über FinanzOnline binnen 30 Tagen ab der Bereitstellung oder Umsetzung der meldepflichtigen Gestaltung oder binnen 30 Tagen ab dem Tag, an dem der Steuerpflichtige zur Umsetzung der meldepflichtigen Gestaltung bereit ist, zu erfolgen. Das EU-MPfG sieht derzeit einen Beginn der laufenden Meldeverpflichtung mit 1. Juli 2020 vor. Sog. „Altfälle“ (meldepflichtige Gestaltungen, die zwischen dem 25. Juni 2018 und dem 30. Juni 2020 umgesetzt wurden bzw. werden) sind bis zum 31. August 2020 zu melden (nähere Ausführungen zum EU-MPfG siehe unseren Newsletter vom 20. September 2019 sowie auf unserer DAC6-Website).
Verschiebung der DAC6-Meldeverpflichtung infolge von COVID-19
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen zu COVID-19, präsentierte die Kommission am 8. Mai 2020 einen Richtlinienvorschlag zur Verschiebung des Beginns der DAC6 Meldeverpflichtung. Dem Vorschlag zufolge sollte der Beginn der Meldeverpflichtung um drei Monate – mit der Möglichkeit einer erneuten Fristverschiebung – aufgeschoben werden (siehe unseren Newsletter vom 13. Mai 2020). Da dieser Vorschlag seitens der EU Mitgliedstaaten als nicht weit gehend genug angesehen wurde, wurde Anfang Juni – zuerst im COREPER und dann im ECOFIN – über eine Verschiebung des Beginns der Meldeverpflichtung um 6 Monate abgestimmt. Der daraus resultierende neue Richtlinienvorschlag sieht unter anderem vor, dass die Mitgliedstaaten zu Folgendem optieren können:
- Aufschub des Beginns der laufenden Meldeverpflichtung („Neufälle“) bis zum 1. Jänner 2021
- Meldung von „Altfällen“ bis spätestens zum 28. Februar 2021
- Meldung von marktfähigen Gestaltungen (grenzüberschreitende Gestaltungen, die konzipiert, vermarktet oder zur Umsetzung bereitgestellt werden oder umsetzungsbereit sind, ohne dass sie an einen relevanten Steuerpflichtigen angepasst werden müssen) durch Berater bis spätestens 30. April 2021
- Aufschub des Beginns des automatischen Informationsaustausches bis zum 30. April 2021
Ebenso wie der Richtlinienvorschlag der Kommission enthält der derzeit gefasste Entwurf die Möglichkeit einer erneuten Fristverschiebung um 3 Monate, sofern die Eindämmungsmaßnahmen zu COVID-19 weiterhin aufrecht sind und die Pandemie die Mitgliedstaaten wie bisher vor große wirtschaftliche Herausforderungen stellt. Es gilt anzumerken, dass die geplante Fristverschiebung keine Änderung der Kategorisierung von Transaktionen in Alt- und Neufälle bewirkt (sondern lediglich eine Verschiebung des Meldezeitpunktes).
Nächste Schritte
Aufgrund der außergewöhnlichen Situation und der damit verbundenen Dringlichkeit ist das Europäische Parlament gebeten worden, eine Stellungnahme zum RL-Entwurf bis spätestens 30. Juni 2020 abzugeben. Erst sobald dies geschehen ist, kann die Richtlinie durch den ECOFIN Rat final (einstimmig) angenommen werden. Aktuell wird davon ausgegangen, dass die neue Richtlinie jedenfalls gegen Ende Juni 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und damit wirksam wird.
Damit jedoch die Fristverschiebung auf österreichischer Ebene rechtzeitig Rechtswirkung entfaltet (dh noch vor Fälligkeit der ersten Meldungen gemäß aktueller Rechtlage) muss sie bis Ende Juli 2020 umgesetzt werden. Folglich muss auch der lokale Gesetzwerdungsprozess – um der parlamentarischen „Sommerpause“ nicht zum Opfer zu fallen – noch Anfang Juli umgesetzt werden. Derzeit ist noch unklar, wie der österreichische Gesetzgeber auf die Optionsmöglichkeit reagieren wird. Zahlreiche andere EU-Staaten haben angesichts der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage für ihre Unternehmen und der noch vielen offenen inhaltlichen Fragen bereits öffentlich kommuniziert, die Fristverlängerungsoption lokal vollumfänglich umzusetzen (zB Luxemburg, Belgien, Ungarn oder auch Schweden). Es bleibt zu hoffen, dass auch der österreichische Gesetzgeber die von der EU gewährte Erleichterung zu Gunsten des Wirtschaftsstandortes nutzt und dies auch möglichst zeitnah und offen kommuniziert.
Conclusio
Eine Verschiebung der Meldefristen des EU-MPfG um sechs Monate scheint auf EU-Ebene fixiert. Es bleibt nun zu hoffen, dass der Gesetzgeber – so wie in anderen Mitgliedsstaaten – den krisengebeutelten österreichischen Unternehmen diese notwendige „Verschnaufpause“ gönnt und die neue Richtlinie noch Anfang Juli 2020 in lokales Recht umsetzt. Fest steht jedenfalls, dass jene österreichischen Unternehmen mit grenzüberschreitenden Transaktionen und Strukturen – sofern noch nicht bereits passiert – sich in den nächsten Wochen noch intensiv auf die bevorstehende Meldeverpflichtung des EU-MPfG vorbereiten und dabei auch die Entwicklungen in anderen für sie relevanten EU-Staaten im Auge behalten sollten.
Für weitere Details zum Thema siehe unseren englischsprachigen EUDTG Newsalert vom 11. Juni 2020.
Autorin: Sophie Schönhart