Brexit: Änderungen für (Versandhandels-)Lieferungen in das Vereinigte Königreich ab 1. Jänner 2021
Am 3. Dezember 2020 veröffentlichte die britische Steuerbehörde (HMRC) ein Schreiben zu den Änderungen der umsatzsteuerlichen Behandlung von grenzüberschreitenden Lieferungen an Verbraucher in das Vereinigte Königreich ab 1. Jänner 2021. Diese Regelungen sind eng an die ab 1. Juli 2021 in der EU geltenden E-Commerce-Regelungen angelehnt. Dadurch soll eine Gleichbehandlung der Gegenstände aus EU- und Nicht-EU-Ländern sichergestellt werden, um allfällige Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Die Neuregelungen ab 1. Jänner 2021 betreffen im Wesentlichen folgende zwei Punkte:
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- Grenzüberschreitende Lieferungen in das Vereinigte Königreich an Verbraucher und Unternehmer, deren Warenwert insgesamt £ 135 (pro Warensendung) nicht übersteigen.
- Lieferungen von Gegenständen, die sich zum Verkaufszeitpunkt bereits in UK befinden, durch einen nicht in UK ansässigen Unternehmer, der die Gegenstände über einen Online-Marktplatz an UK Verbraucher verkauft.
Überblick über die Änderungen
Auf die Einfuhr von Warensendungen bis zu £ 135 wird in UK keine Einfuhrumsatzsteuer mehr erhoben, sondern die Lieferung soll der Umsatzsteuer in UK unterliegen. Nichtsdestotrotz werden bei der Zollbehörde weiterhin Zollanmeldungen vorgenommen (Erleichterungen sind vorgesehen), um insbesondere den Warenwert zu ermitteln. Die Neuregelung führt – wie in der EU – zur Abschaffung des „Low Value Consignment Relief“, das geringwertige Warensendungen im Wert von £ 15 oder weniger bisher von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.
Für die Umsatzbesteuerung gilt:
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- Grenzüberschreitende Warenlieferungen bis zu £ 135 im B2C-Bereich: Unternehmer, die Gegenstände aus Übersee an britischen Verbraucher liefern, müssen sich für umsatzsteuerliche Zwecke in UK registrieren lassen und die Umsatzsteuer in UK erklären und abführen.
- Grenzüberschreitende Warenlieferungen bis zu £ 135 im B2B-Bereich: Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, der in UK für umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist, und teilt er dem liefernden Unternehmer seine gültige Umsatzsteuer-Registrierungsnummer mit, ist das Reverse Charge System anzuwenden, sodass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht. Für den liefernden Unternehmer besteht daher keine Registrierungspflicht in UK. Teilt der Leistungsempfänger seine gültige Umsatzsteuer-Registrierungsnummer jedoch nicht mit, ist die Lieferung wie eine B2C Lieferung zu behandeln.
Ausgenommen von der Neuregelung sind (1) Lieferungen zwischen Privatpersonen, (2) Lieferungen von verbrauchsteuerpflichtigen Gegenständen und (3) Lieferungen aus Jersey und Guernsey. Hierfür gelten die bisherigen Regelungen.
In den Anwendungsbereich der Neuregelung fallen nur Lieferungen, für die die Steuerschuld ab dem 1. Jänner 2021 entsteht. Erfolgen die Bestellung und die Zahlung vor dem 1. Jänner 2021, ist die Neuregelung nicht anzuwenden, auch wenn die Versendung der Gegenstände erst nach dem 31. Dezember 2020 stattfindet. Für diese Fälle kann Einfuhrumsatzsteuer in UK anfallen.
Lieferungen über Online-Marktplätze
Ist ein Online-Marktplatz an den grenzüberschreitenden Lieferungen in das Vereinigte Königreich beteiligt, gilt dieser für umsatzsteuerliche Zwecke als fiktiver Lieferer und ist daher für die Erklärung und Abfuhr der Umsatzsteuer in UK verantwortlich. Dies gilt auch für Lieferungen von Gegenständen, die sich zum Zeitpunkt der Lieferung bereits in UK befinden, wenn die Lieferung durch einen nicht in UK ansässigen Unternehmer ausgeführt wird, der die Gegenstände über einen Online-Marktplatz an UK Verbraucher verkauft. Die fiktive Lieferung des eigentlichen Lieferers an den Betreiber des Online-Marktplatzes ist steuerfrei, sodass sich der eigentliche Lieferer in UK registrieren lassen kann, um so eine allfällige Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der Veranlagung geltend machen zu können.
Der Betreiber des Online-Marktplatzes haftet nicht für die Umsatzsteuer für Lieferungen an UK Unternehmer.
Sowohl der eigentliche Lieferer, der Gegenstände über einen Online-Marktplatz verkauft, als auch der Betreiber des Online-Marktplatzes müssen Aufzeichnungen über die Lieferungen führen und diese für einen Zeitraum von sechs Jahren aufbewahren sowie dem HMRC auf Anfrage zur Verfügung stellen.
Registrierungspflicht für österreichische Unternehmer im Vereinigten Königreich
Zusammengefasst müssen sich österreichische Unternehmer aufgrund der Neuregelung in folgenden Fällen für umsatzsteuerliche Zwecke in UK registrieren lassen:
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- Für grenzüberschreitende Lieferungen mit einem Wert von bis zu £ 135 an UK-Verbraucher (es gibt keine Schwelle für eine Registrierungspflicht).
- Erfolgen Lieferungen durch den österreichischen Unternehmer an UK Verbraucher über einen Online-Marktplatz innerhalb von UK, so muss sich der Betreiber des Online-Marktplatzes in UK registrieren. Der eigentliche österreichische Lieferer, der die Gegenstände an den UK Verbraucher verkauft, kann sich in UK registrieren lassen.
Da für Lieferungen von Warensendungen mit einem Wert von bis zu £ 135 an UK Unternehmer keine Registrierungspflicht besteht, weil es zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger in UK kommt, müssen Unternehmer darauf achten, dass sie die Rechnung ohne britische Umsatzsteuer und mit Hinweis auf das Reverse Charge System ausstellen.
Weitere Informationen finden Sie hier: policy paper of the HMRC