Gesetzesentwurf zum „Public CbCR“ veröffentlicht
Am 4. April 2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Justiz den Begutachtungsentwurf zum „Bundesgesetz über die Veröffentlichung länderbezogener Ertragsteuerinformationsberichte“. Mit diesem wird die Richtlinie (EU) 2021/2101 zur Änderung der EU-Bilanzrichtlinie (siehe auch unseren dazu veröffentlichten Newsletter vom 1. Februar 2022) im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen in österreichisches Recht umgesetzt.
Zielsetzung
Während die durch das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz in 2016 eingeführte länderbezogene Berichterstattung (im Folgenden „VPDG CbCR“) in erster Linie den Steuerverwaltungen zur Risikoeinschätzung dienen sollte und vertraulich behandelt wurde, zielt der öffentlich zugängliche Ertragssteuerinformationsbericht (im Folgenden „Public CbCR“) auf eine erhöhte Transparenz der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen sowie eine erhöhte öffentliche Kontrolle ab. Darüber hinaus soll der Public CbCR einerseits dazu beitragen, die Verantwortung von Unternehmern gegenüber ihren Stakeholdern zu stärken, anderseits aber auch ein Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Umfang und die Einhaltung der Berichtspflichten zu schaffen.
Anwendungsbereich
1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Public CbCR für Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich fallen, ist für alle Geschäftsjahre, die nach dem 21. Juni 2024 beginnen (d.h. bei Wirtschaftsjahren entsprechend dem Kalenderjahr erstmals für 2025) vorgesehen.
2. Schwellenwert – Konsolidierter Umsatz iHv EUR 750 Mio
Die Vertreter eines obersten Mutterunternehmens oder unverbundenen Unternehmens haben einen Public CbCR zu erstellen und zu veröffentlichen, wenn ihr konsolidierter Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens EUR 750 Mio beträgt. Dabei ist zu beachten, dass der Public CbCR im Folgejahr für das letztere der beiden Geschäftsjahre, in denen dieser Schwellenwert erstmalig überschritten wird, zu erstellen ist. Die Berichtspflicht endet, wenn in der Folge der Schwellenwert in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren unterschritten wird.
Das nachfolgende Beispiel soll einen besseren Überblick über Beginn und Ende der Berichtspflicht anhand der erforderlichen Umsatzgrenze geben:
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2028 | 2029 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Konsolidierter Umsatz (in Mio €) | 800 | 800 | 700 | 700 | 800 | 800 | 700 |
Erstellung und Veröffentlichung eines Public CbCR | -- | -- | Ja (für 2024)* | Ja (für 2025) | Nein (für 2026) | Nein (für 2027) | Ja (für 2028) |
*Dieses Beispiel, welches in den Erläuternden Bemerkungen zum CBCR-VG aufgeführt ist, lässt offen, ob es sich um ein kalendergleiches Wirtschaftsjahr handelt. Wäre dies der Fall bzw bei einem Wirtschaftsjahresbeginn vor dem 22.06.2024, wäre gemäß §17 CBCR-VG für das Wirtschaftsjahr 2024 noch kein Public CbCR zu erstellen und zu veröffentlichen.
In den veröffentlichten erläuternden Bemerkungen zu dem Gesetzesentwurf wird in diesem Zusammenhang angeführt, dass die Berechnung der Umsatzgrenze für Unternehmen mit Sitz in der EU oder dem EWR, die einen Abschluss nach IFRS aufstellen, ebenfalls auf IFRS-Basis zu erfolgen hat. Unternehmen innerhalb der EU oder des EWR, die keinen Abschluss nach IFRS aufstellen, unterliegen hingegen den Berechnungen der nationalen Bestimmungen (vgl. hierzu § 189a Z 5 UGB).
3. Berichtspflicht
a) Oberstes Mutterunternehmen und unverbundene Unternehmen
Die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung des Public CbCR obliegt grundsätzlich den Vertretern des obersten Mutterunternehmens in Österreich oder des unverbundenen Unternehmens, das über mindestens eine der folgenden Formen der Geschäftsausübung in mindestens einem anderen Staat verfügt: Tochterunternehmen, Niederlassung, feste Geschäftseinrichtungen, dauerhafte Geschäftstätigkeit.
b) Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen von obersten Muttergesellschaften in Drittstaaten
Sind die Voraussetzungen zur Berichtspflicht eines Public CbCR erfüllt, jedoch ist das oberste Mutterunternehmen nicht in der EU oder dem EWR ansässig, kann die Berichtspflicht die Vertreter einer österreichischen Tochtergesellschaft treffen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit soll die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung des Public CbCR nach der EU-Richtlinie jedoch auf mittelgroße und große Tochterunternehmen gemäß § 221 UGB beschränkt werden.
Für Zweigniederlassungen besteht eine Berichtspflicht sofern es keine berichtspflichtige oberste Muttergesellschaft oder Tochtergesellschaft in der EU oder dem EWR gibt, wenn die Zweigniederlassung die Umsatzgrenze von EUR 10 Mio in den letzten zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreitet.
Stehen einer solchen Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung die Informationen nicht zur Verfügung und werden diese vom Mutterunternehmen nicht bereitgestellt, so haben die Vertreter der Tochtergesellschaft bzw. Zweigniederlassung einen Public CbCR mit allen Angaben, über die sie verfügen aufzustellen und gemeinsam mit einer Erklärung, dass das Mutterunternehmen die erforderlichen Angaben nicht zur Verfügung gestellt hat, einzureichen.
c) Befreiung für Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen
Die Vertreter einer Tochtergesellschaft oder einer Zweigniederlassung sind von der Pflicht zur Erstellung eines Public CbCR befreit, wenn
-
- das oberste Mutterunternehmen bzw. das unverbundene Unternehmen einen entsprechenden Public CbCR innerhalb von längstens 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag des Berichtsjahres auf seiner Website in zumindest einer der EU-Amtssprachen kostenlos und in einem elektronischen, maschinenlesbaren Format öffentlich zugänglich macht;
- in diesem Bericht zumindest eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums angegeben ist, die den Public CbCR offengelegt hat; und
- die Vertreter einer Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung, die diese Befreiung in Anspruch nehmen, dies (sowie die Internetadresse der entsprechenden Website, auf der der Public CbCR abrufbar ist und die Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung, die diesen Public CbCR offengelegt hat) spätestens ein Jahr nach Ende des betreffenden Berichtsjahres dem Firmenbuchgericht bekannt gegeben haben.
d) Befreiung für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen
Die Berichtspflicht gilt nicht für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, deren Anhang die Auflistung nach § 64 Abs. 1 Z 18 BWG oder § 17 WPFG enthält, wenn sich diese Angaben auf sämtliche Tätigkeiten des Kreditinstituts und gegebenenfalls aller in den Konzernabschluss einbezogenen verbundenen Unternehmen beziehen. Die Vertreter solcher Unternehmen, die diese Befreiung in Anspruch nehmen, haben diese Tatsache spätestens ein Jahr nach Ende des betreffenden Geschäftsjahres, dem Firmenbuchgericht bekannt zu geben.
Public CbCR im Detail
1. Inhalt
Der Public CbCR hat neben allgemeinen Angaben, wie beispielsweise den Namen des obersten Mutterunternehmens oder des unverbundenen Unternehmens, das betreffende Geschäftsjahr, die in dem Bericht verwendete Währung sowie gegebenenfalls eine Liste aller in den Konzernabschluss einbezogenen Tochtergesellschaften sowie eine kurze Beschreibung der Art ihrer Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten insb. ertragssteuerliche Angaben zu enthalten.
Die Daten sind grundsätzlich aufgeschlüsselt nach Ländern zu melden. Für Tätigkeiten in Ländern außerhalb der EU, die nicht in der EU-Liste nicht-kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt sind, können aggregierte Angaben gemeldet werden.
Um zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, gewährt der Gesetzgeber das Wahlrecht die Angaben aus dem VPDG CbCR für den Public CbCR zu übernehmen.
2. Sprache
Grundsätzlich ist der Public CbCR in deutscher Sprache einzureichen. Für Tochterunternehmen bzw. Zweigniederlassungen eines obersten Mutterunternehmens in einem Drittstaat kann der Public CbCR jedoch auch in englischer Sprache erstellt werden.
3. Einreichung und Fristen
Die Vertreter einer berichtspflichtigen Einheit haben den Public CbCR bis spätestens 12 Monate nach Ende des Berichtsjahrs beim Firmenbuchgericht am Sitz der Kapitalgesellschaft oder der Zweigniederlassung in maschinenlesbarer elektronischer Form einzureichen. Dieser wird anschließend in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen und gebührenfrei öffentlich zugänglich gemacht.
Zudem ist der Public CbCR 5 Jahre lang auf der Website des berichtspflichtigen Unternehmens oder der Zweigniederlassung zur kostenfreien Abfrage zu veröffentlichen. Alternativ kann ein Hinweis aufgenommen werden, dass die Unterlagen über die Firmenbuch-Abfrage kostenfrei zugänglich sind (inkl. Link zur entsprechenden Abfragemöglichkeit).
4. Verzögerte Veröffentlichung
In dem Gesetzesentwurf ist die Möglichkeit zur zeitlich verzögerten Veröffentlichung (maximal 5 Jahre) einer oder mehrerer spezifischer Angaben im Public CbCR vorgesehen, wenn die sofortige Veröffentlichung dieser Angaben der Marktstellung der vom Public CbCR umfassten Unternehmen einen erheblichen Nachteil zufügen würde. Der Gesetzentwurf enthält jedoch keine Spezifikationen, für welche Fälle eine solche verzögerte Veröffentlichung in Betracht käme. Sollte ein Unternehmen von dieser Wahlmöglichkeit Gebrauch machen, hat es dies im Public CbCR anzugeben und gebührend zu begründen.
Das Firmenbuchgericht kann bei Zweifel, ob die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, diese von Amts wegen prüfen. Kommt das Firmenbuchgericht in der Folge zu dem Schluss, dass die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, kann es mit Beschluss die Veröffentlichung des Public CbCR anordnen. Darüber hinaus hat die betroffene Gesellschaft die Verfahrenskosten zu tragen sowie einen Pauschalkostenbeitrag von bis zu EUR 20.000 zu entrichten.
5. Rolle des Abschlussprüfers
Der Abschlussprüfer hat im Bestätigungsvermerk darüber zu berichten, ob das Unternehmen für das vorangegangene Geschäftsjahr verpflichtet war, einen Public CbCR offenzulegen, und, falls dies zutrifft, ob der genannte Bericht offengelegt wurde. Somit ist nur eine formelle Prüfung hinsichtlich der Offenlegung der Informationen, nicht aber eine inhaltliche Prüfung durch den Abschlussprüfer vorgesehen.
6. Strafbestimmungen
Der Gesetzesentwurf sieht zur Durchsetzung einer zeitgerechten, vollständigen und richtigen Einreichung des Public CbCR Zwangsstrafen vor. Darüber hinaus können Ordnungsstrafen verhängt werden. Der mögliche Strafrahmen ist von verschiedenen Faktoren abhängig (unter anderem (zB bei nicht erfolgter Veröffentlichung auf der Website) Unternehmensgröße, Schwere der Verfehlung, öffentliches Interesse, etc.) und kann jeweils bis zu EUR 100.000 betragen.
Gemäß den erläuternden Bemerkungen zum Gesetzesentwurf kommt eine volle Ausschöpfung des Strafbetrags der Zwangsstrafen bei der ersten Aufforderung und Androhung allerdings nur bei besonders krassen Verstößen in Betracht. Als Beispiel hierfür wird ein Unternehmen angeführt, welches jahrelang trotz klarer Indizien überhaupt keinen Bericht offengelegt hat.
Fazit
Die Umsetzung des Public CbCR in nationales Recht stellt einen weiteren signifikanten Meilenstein im Zeitalter der Steuertransparenz dar. Während der VPDG CbCR eine Risikoeinschätzung für Steuerverwaltungen ermöglichen soll, werden beim Public CbCR nun wesentliche Steuerinformationen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Der Gesetzesentwurf steht weitgehend im Einklang mit der EU-Richtlinie. Wenngleich einige Punkte einer näheren Erläuterung bedürfen, ist aufgrund der knapp bemessenen Begutachtungsfrist nicht von umfangreichen Änderungen auszugehen.
Unternehmen sind jedenfalls gut beraten, sich zeitnah und proaktiv mit der Datenaufbereitung und Erstellung des Public CbCR zu befassen und hierbei auch die Implementierung in anderen Ländern entsprechend zu beachten. In diesem Zusammenhang sollte auch überlegt werden, den Public CbCR um die Erläuterung der Steuerstrategie zu ergänzen, um beispielsweise Fehlinterpretationen vorzubeugen. Wir unterstützen Sie gerne dabei!