Betriebsstätte durch bloßes Mitbenutzen von Räumen
Was ist die bisherige Verwaltungspraxis?
Einkünfte aus kaufmännischer und technischer Beratung eines in Österreich ansässigen Unternehmens im Ausland unterliegen in Österreich der unbeschränkten Steuerpflicht. Aber: Im Verhältnis zu Staaten, mit denen Österreich ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Befreiungsmethode abgeschlossen hat, kann die Besteuerung nur ausgeübt werden, wenn der österreichische Unternehmer im Ausland keine Betriebsstätte hat.
Aus österreichischer sowie traditionell DBA-rechtlicher Sicht wird eine Betriebsstätte nur dann begründet, wenn ein Unternehmen seine gewerbliche Tätigkeit im Ausland in Räumlichkeiten ausübt, die in seiner Verfügungsmacht stehen. Eine bloße Mitbenutzung von Räumlichkeiten reicht grundsätzlich nicht für die Begründung einer ausländischen Betriebsstätte aus.
OECD Entwicklungen in der Vergangenheit haben dazu geführt, dass auf DBA-Ebene auch die bloße Mitbenutzung von Räumlichkeiten eine Betriebsstätte begründen kann – selbst dann, wenn nach nationalem Recht keine Betriebsstätte angenommen wird.
Im umgekehrten Fall (Inbound) wurde eine derartige Betriebsstätte auf DBA-Ebene (ohne Betriebsstätte auf Ebene des nationalen Rechts) bereits von der österreichischen Finanzverwaltung bestätigt. Es handelte sich dabei um Aktivitäten eines britischen Unternehmens in Österreich (EAS 3089).
EAS 3261 – abweichende Verwaltungspraxis
Im aktuellen EAS 3261 vom 27. Jänner 2012 hat die Finanzverwaltung diese betriebsstättenbegründende Wirkung einer Standortmitbenutzung jedoch versagt:
Der aktuelle Fall: ein österreichischer Unternehmer hat über einen längeren Zeitraum Sicherheitsprüfungen bei einem deutschen Unternehmen erbracht. Für diese Tätigkeit hatte das Prüfungsunternehmen keine eigenen Büroräumlichkeiten, sondern führte die Prüfungen in wechselnden Büroräumen des deutschen Unternehmens durch.
Nach dem „neuen“ Betriebsstättenverständnis der Finanzverwaltung wäre anzunehmen gewesen, dass diese Mitbenutzung von Büroräumlichkeiten auf DBA-Ebene als betriebsstättenbegründend gesehen wird. Die ausländischen Einkünfte des österreichischen Unternehmers, die der Betriebsstätte zurechenbar sind, wären von der Besteuerung in Österreich zu befreien.
Im konkreten Fall hat die Finanzverwaltung diese betriebsstättenbegründende Wirkung auf DBA-Ebene jedoch versagt. Eine damit zusammenhängende Steuerbefreiung in Österreich wurde mit folgender Begründung verweigert: die Auslegung des „neuen“ Betriebsstättenverständnisses ist international noch nicht final harmonisiert. Daher wird bei Auswärtsaktivitäten österreichischer Unternehmen in der Regel daran festgehalten, dass die bloße Mitbenutzung von ausländischen Standorten keine ausländische Betriebsstätte begründet.