Option zur unbeschränkten Steuerpflicht: Auch im Ausland nicht berücksichtigte Verluste ansetzbar

Optiert ein EU/EWR-Ausländer zur unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich, so kann er – im Sinne der Gleichbehandlung mit Inländern – im Ausland nicht berücksichtigte Verluste ergebnismindernd ansetzen.

Sachverhalt

Ein in Belgien wohnhafter deutscher Staatsangehöriger erzielte über eine österreichische Personengesellschaft den Großteil seines Einkommens und optierte daher auf die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 EStG. Die österreichische Finanzverwaltung verweigerte ihm jedoch im Zusammenhang mit dieser unbeschränkten Steuerpflicht die Berücksichtigung von Verlusten aus einer deutschen Kommanditbeteiligung.

Argumentation der Finanzbehörde

In Randziffer 10 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 vertritt die Finanzverwaltung die Meinung, dass sich die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 EStG nur auf Einkünfte gem. § 98 EStG (d.h. Einkünfte mit Inlandsbezug) bezieht. Der § 1 Abs. 4 EStG wurde nämlich als Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Rs Schumacker eingeführt, in der der EuGH lediglich eine Berücksichtigung der „persönlichen Lage“ und des „Familienstands“ des Abgabenpflichtigen forderte. Eine Verpflichtung, ausländische Verluste zu berücksichtigen, konnte aus diesem Urteil nicht abgeleitet werden.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH argumentierte im gegenwärtigen Fall (2008/13/0201) jedoch, dass der EuGH die Schumacker Rechtsprechung in der Rs Lakebrink (C-182/06) und insbesondere in der Rs Renneberg (C-527/06) weiterentwickelt hat. In diesen beiden Entscheidungen wurde klargestellt, dass „sich die im Urteil Schumacker entwickelte Rechtsprechung auf alle steuerlichen Vergünstigungen im Zusammenhang mit der Steuerkraft des Gebietsfremden bezieht, die weder im Wohnmitgliedstaat noch im Beschäftigungsmitgliedstaat gewährt werden.“ 

Da ausländische Verluste Einfluss auf die Steuerkraft eines gem. § 1 Abs. 4 EStG unbeschränkt Steuerpflichtigen haben, sind sie in Österreich gem. § 2 Abs. 8 Z 3 EStG zum Abzug zuzulassen.

Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass sich der Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 EStG nicht nur auf inländische Einkünfte iSd § 98 EStG bezieht. Im Ausland nicht berücksichtigte Verluste sind daher auch bei der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 EStG in Österreich zu berücksichtigen.

Autor: Nikolaus Neubauer