BFG beantragt Prüfung der Verfassungskonformität der ImmoESt

Das Bundesfinanzgericht hegt Bedenken gegen die Verfassungskonformität der neuen Ertragsbesteuerung privater Liegenschaftsveräußerungen. Die neuen Normen seien zwar nicht grundsätzlich bedenklich, die überfallsartige Gesetzwerdung widerspricht jedoch dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin erwarb im Erbweg im Jahr 1972 ein Grundstück. Dieses veräußerte sie mit unterfertigtem Kaufvertrag vom 10. April 2012. Eine Umwidmung in Bauland nach dem 31. Dezember 1987 fand nicht statt. Aufgrund der bereits abgelaufenen 10-jährigen Spekulationsfrist war das betreffende Grundstück zum Stichtag 31. März 2012 nach alter Rechtslage nicht mehr steuerverfangen.

Die mit 01. April 2012 in Kraft getretene Neuregelung der Immobilienertragsbesteuerung sieht eine generelle Steuerpflicht für private Liegenschaftsveräußerungen vor. Das Finanzamt unterwarf deshalb 14 % des Veräußerungserlöses als Veräußerungsgewinn dem besonderen Steuersatz von 25 % (§ 30 Abs 4 Z 2 EStG iVm § 30a Abs 1 EStG). Bei Vertragsunterzeichnung vor dem 01. April 2012 wäre für den gleichen Vorgang keine Steuer angefallen.

Bedenken des BFG

Das BFG hegt keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung. Es hegt jedoch Bedenken gegen die Art und Weise, wie die Neuregelung legistisch durchgeführt wurde. Denn es handle sich um eine faktisch rückwirkende, unvorhersehbare und plötzliche Gesetzesänderung unter Verletzung des Vertrauensschutzprinzips.

Begründet wird die Verletzung des Vertrauensschutzprinzips damit, dass ein bereits nicht mehr steuerverfangenes Grundstück „überfallsartig“ der Besteuerung unterworfen wird. Die faktische Rückwirkung ergebe sich daraus, dass eine Grundstücksveräußerung einen länger andauernden Vorgang darstellt und die Vertragsunterzeichnung lediglich den Schlusspunkt dieses Vorganges bildet. Im konkreten Fall war der Veräußerungsvorgang de facto vor In-Kraft-Treten der Neuregelung abgeschlossen – lediglich die Vertragsunterzeichnung erfolgte nach dem In-Kraft-Treten und löste somit die Besteuerung aus. Damit wurde ein grundsätzlich bereits abgeschlossener Vorgang „rückwirkend“ der Besteuerung unterworfen.

Durch die überfallsartige Gesetzesänderung werde zudem das jahrelange Vertrauen in die bestehende Rechtslage und die Weitergeltung der ertragsteuerlichen Grundsätze bei privaten Grundstücksveräußerungen verletzt. Denn es sei dem Steuerpflichtigen nicht möglich gewesen, sich rechtzeitig auf die plötzlich geltende Steuerpflicht des Grundstücksveräußerungsvorganges einzustellen.

Das BFG regte deshalb an, die gesamten Bestimmungen der Immobilienertragsbesteuerung unter Setzung einer angemessenen Frist aufzuheben. Der Gesetzgeber könnte die Bestimmungen dann unter Vorsehung von Übergangsbestimmungen unverändert neu beschließen, um dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip zu genügen.

Es bleibt abzuwarten, ob der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des BFG teilt.

 

Autor: Fabian Karlovits