Einigung auf automatischen Informationsaustausch über Tax Rulings und APAs

Am 6. Oktober 2015 einigten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen einer Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister auf einen automatischen Informationsaustausch über Steuervorbescheide (sowohl ‚tax rulings‘ als auch ‚advance pricing agreements‘) mit grenzüberschreitender Wirkung. Die Einigung stellt eine Kompromisslösung zum am 18. März 2015 veröffentlichten Kommissionsvorschlag zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie dar (ausführlicher Newsletter vom 27. März 2015) und wird voraussichtlich im Dezember 2015 formal vom EU-Rat beschlossen.

Hintergrund

Informationen über Steuervorbescheide werden bisher nur in begrenztem Umfang im Rahmen des spontanen Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht. Dabei entscheidet jeder Mitgliedstaat nach eigenem Ermessen, ob ein Steuervorbescheid für einen anderen Mitgliedstaat von Belang sein könnte. Dies führte in der Vergangenheit oftmals dazu, dass Mitgliedstaaten nicht wussten, dass andere Mitgliedstaaten einen Steuervorbescheid erteilt haben, der sich auf ihre eigene Steuerbasis auswirken könnte.

Kernpunkte der neuen Bestimmungen

Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, bestimmte Basisinformationen von Steuervorbescheiden mit grenzüberschreitender Wirkung, die sie nach dem 31. Dezember 2016 erteilt, geändert oder erneuert haben, automatisch den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission zur Verfügung zu stellen. Für bereits vor dem 1. Jänner 2017 in Kraft stehende Steuervorbescheide gilt der Automationsaustausch für einen 5-Jahreszeitraum. Steuervorbescheide, die zwischen 1. Jänner 2012 und 31. Dezember 2013 erteilt wurden, fallen unter den automatischen Informationsaustausch, wenn sie am 1. Jänner 2014 noch in Kraft sind. Jene Steuervorbescheide, die nach dem 1. Jänner 2014 erteilt wurden, sind unabhängig von ihrer Gültigkeitsdauer vom automatischen Informationsaustausch erfasst. Für Konzerne mit einem Umsatz von weniger als 40 Millionen Euro können die Mitgliedstaaten eine Ausnahme von der Verpflichtung zum Austausch bereits bestehender Steuervorbescheide vorsehen (diese Ausnahme gilt nicht für Unternehmen im Bereich ‚financial/investment activities‘).

Der automatische Informationsaustausch für Steuervorbescheide soll über eine zentrale, von der Kommission eingerichtete Datenbank erfolgen, in welcher die Behörden der Mitgliedstaaten die Daten zu den Steuervorbescheiden hochladen. Der Austausch neuer Steuervorbescheide hat halbjährlich zu erfolgen. Am 1. Jänner 2017 bereits bestehende Steuervorbescheide sind bis spätestens 1. Jänner 2018 zugänglich zu machen.

Kein öffentlicher Zugang zu den Steuervorbescheiden

Steuervorbescheide werden nur den anderen Mitgliedstaaten sowie der Kommission zur Verfügung gestellt. Die Öffentlichkeit hat somit keinen Zugriff auf den Inhalt der Steuervorbescheide. Zusätzlich soll der automatische Informationsaustausch in einer Weise erfolgen, die gewährleistet, dass keine Informationen zu kommerziellen, industriellen oder beruflichen Geheimnissen offengelegt werden. Informationen dürfen zudem dann nicht offengelegt werden, wenn damit gegen die öffentliche Ordnung verstoßen werden würde.

Befreiung für natürliche Personen

Steuervorbescheide, die ausschließlich natürliche Personen betreffen, sind vom automatischen Informationsaustausch ausgenommen.

Vom automatischen Informationsaustausch umfasste Basisinformationen

Die Informationen zu den Steuervorbescheiden werden von der Finanzverwaltung in standardisierter Form aufbereitet und in der Datenbank hochgeladen. Folgende Informationen sind darin enthalten:

  • Name des Empfängers des Steuervorbescheids (inklusive Konzernzugehörigkeit)
  • Zusammenfassung des Inhalts des Steuervorbescheids mitsamt einer abstrakten Beschreibung der relevanten Unternehmensaktivitäten oder -transaktionen
  • Datum der Erteilung sowie Zeitraum der Gültigkeit des Steuervorbescheids
  • Art des Steuervorbescheids (‚advance cross-border ruling‘ oder ‚advance pricing agreement‘) sowie Gesamtbetrag der Transaktionen (soweit im Steuervorbescheid angegeben)
  • Beschreibung der Kriterien sowie Angabe der Methode zur Bestimmung des Verrechnungspreises
  • Identifizierung jener Mitgliedstaaten sowie jener Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten, die vom Steuervorbescheid betroffen sind

Auskunftsrecht betroffener Mitgliedstaaten

Auf Grundlage dieser Basisinformationen können Mitgliedstaaten, die von einem Steuervorbescheid betroffen sind, weitere Informationen verlangen. Dieses Auskunftsrecht umfasst auch den vollständigen Text des Steuervorbescheids.

Zeitplan und Inkrafttreten

Die Änderungen der Amtshilferichtlinie sind ab dem 1. Jänner 2017 verpflichtend anzuwenden. Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Vorschriften zum automatischen Austausch von Steuervorbescheiden somit vor Ende 2016 in nationales Recht umsetzen.

 

Autor: Nikolaus Neubauer