Richtlinienvorschlag der EU-Kommission verspricht bessere Schlichtungsverfahren im internationalen Steuerrecht
Schlichtungsverfahren sollen über ein abgestimmtes Vorgehen der in- und ausländischen Finanzverwaltungen bei Besteuerungskonflikten Mehrfachbesteuerung verhindern. Derzeit zur Verfügung stehende Mechanismen sind jedoch unzulänglich und spiegeln die Komplexität des internationalen Steuerumfeldes nur unzureichend wider. Dies soll sich nun durch den Richtlinienvorschlag der Kommission und die Umsetzung der in BEPS Action 14 propagierten Maßnahmen ändern.
Status Quo
DBA Verständigungsverfahren
Österreich verfügt über ein gut ausgebautes DBA-Netz, das darauf abzielt, Doppelbesteuerung zu verhindern. In speziellen Fällen sind diese Abkommen jedoch nicht in der Lage, dieses Ziel zu erreichen, etwa, weil die beteiligten Staaten denselben Sachverhalt unter verschiedene DBA-Verteilungsnormen subsummieren und in der Folge zu einer divergierenden Zuteilung der Besteuerungsrechte gelangen. Um diese zwischenstaatlichen Konflikte zu lösen, enthalten sämtliche von Österreich abgeschlossenen DBA eine Bestimmung zur Durchführung von Verständigungsverfahren, die den DBA-Partnerstaaten die Möglichkeit einer unmittelbaren Kontaktaufnahme im Wege ihrer zuständigen Behörden einräumen um den Besteuerungskonflikt in Verhandlungen aufzulösen.
Kommt es mit dem anderen Staat zu keiner Einigung, so kann bei einem Verständigungsverfahren ein Schiedsverfahren nachfolgen. Einzelne DBA (z.B.: DBA Deutschland, DBA Schweiz) enthalten Schiedsklauseln, die im Fall einer abkommenswidrigen Besteuerung im Anschluss an ein erfolgloses Verständigungsverfahren eine verbindliche Einigung herbeiführen. Eine Antragstellung hat zumeist innerhalb von 2 Jahren zu erfolgen, wobei davon abweichende Zeiträume in einzelnen DBA zu berücksichtigen sind. Detaillierte Informationen zum Ablauf und den Voraussetzungen des Verfahrens können der BMF-Information (BMF-010221/0172-VI/8/2015) entnommen werden.
Verständigungsverfahren nach dem Übereinkommen 90/436/EWG
Ein weiteres, bereits existierendes, Verfahren für die Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten innerhalb der EU ist im Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung enthalten. Dieses sieht zwar ein verpflichtendes und verbindliches Verfahren zur Streitbeilegung vor, der Geltungsbereich des Übereinkommens erstreckt sich jedoch lediglich auf Streitigkeiten über Verrechnungspreise und die Zuweisung von Gewinnen an Betriebstätten.
Problematik
Die o.a. Verfahren funktionieren in vielen Fällen nicht zufriedenstellend, zumal häufig mit vergleichsweise langen (mehrjährigen) Verfahrensdauern zu rechnen ist. Vielfach gelingt es den involvierten Behörden nicht, eine angestrebte Einigung zu erzielen und die Verfahren verlaufen ergebnislos. Eine Parteistellung und damit einhergehende Einbeziehung des antragstellenden Steuerzahlers ist – zumindest im Rahmen des DBA-Verständigungsverfahrens – nicht vorgesehen. Aus diesem Grund scheidet eine aktive Teilnahme des Steuerpflichtigen am Verfahren aus und er genießt des Weiteren lediglich einen eingeschränkten Rechtsschutz.
Neuer Richtlinienvorschlag
Da die traditionellen Methoden der Streitbeilegung der Komplexität und den Risiken des internationalen Steuerumfeldes nicht mehr länger gewachsen sind, wurde am 26. Oktober 2016 von Seiten der Europäischen Kommission ein Richtlinienvorschlag eingebracht, der sich im Wesentlichen auf das geltende Übereinkommen der Union über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Fall von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (90/436/EWG) innerhalb der EU stützt. Allerdings sieht der vorliegende Richtlinienvorschlag eine Ausdehnung des Geltungsbereiches auf all jene Fälle, in denen Unternehmensgewinne mehrfach mit Ertragsteuer belegt werden, vor. Ziel ist es, den Zugang der Steuerpflichtigen zu diesem Verfahren, seine Tragweite und Dauer und seine Eignung zur Herbeiführung einer abschließenden Lösung weiter zu verbessern. So etwa sieht der Vorschlag eine bessere Information der Steuerpflichtigen über das Verfahren, eine ausdrückliche Erfolgspflicht und klar definierte Maximalfristen vor.
Konkret normiert der Richtlinienvorschlag ein dreigliedriges Verfahren bestehend aus
- Beschwerde,
- Verständigungsverfahren und
- Streitbeilegungsverfahren.
Die Einleitung des Verfahrens ist über die Beschwerde eines Steuerpflichtigen möglich. Im Rahmen des Verständigungsverfahrens, in welchem Mitgliedstaaten – so wie bisher – zur freien Zusammenarbeit aufgerufen sind, soll binnen 2 Jahren eine Einigung erzielt werden. Scheitert das eben genannte Verfahren, folgt automatisch die Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens, das mit einer abschließenden verbindlichen Entscheidung der zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten endet. Für das Inkrafttreten der neuen Richtlinie wird der Beginn des Jahres 2018 vorgeschlagen.
Status Quo – BEPS Action 14
Auf eine Verbesserung des Streitbeilegungsverfahrens zielt auch die BEPS Action 14 ab. Der am 5. Oktober 2015 veröffentlichte Report beschreibt jedoch noch keinen konkreten Prozess, sondern lediglich die groben Rahmenbedingungen, welche künftig ein effizientes Verfahren zur Streitbeilegung darstellen sollen. Derzeit werden auf OECD-Ebene Erhebungen durchgeführt („Peer Review“) um einen solchen Prozess im Detail entwerfen zu können. Es bleibt abzuwarten, auf welches Verfahren sich die OECD einigt und inwieweit dieses vom eben vorgeschlagenen EU-Richtlinienentwurf abweichen wird.
Wir empfehlen all jenen Unternehmen, die im Rahmen ihrer Geschäftsmodelle potentiell mit internationaler Mehrfachbesteuerung konfrontiert sind, den weiteren Prozess in diesem Bereich aufmerksam im Auge zu behalten. Gerne unterstützen wir Sie bei der Lösung von Besteuerungskonflikten im Rahmen etwaiger Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren!
Autorin: Christiane Zöhrer