VwGH: Abbrucharbeiten als Beginn der Errichtung
Strittig war, ob Abbrucharbeiten bereits als Beginn der Errichtung anzusehen sind. Entscheidend ist diese Frage für die Anwendung des sogenannten „Herstellerprivilegs“ im Zusammenhang mit der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei Geschäftsraumvermietung.
Hintergrund
Seit dem 1. StabG 2012 darf gemäß § 6 Abs 2 UStG bei Geschäftsraumvermietung nur mehr dann zur Umsatzsteuerpflicht optiert werden, wenn der Mieter die gemietete Fläche für nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke (dies bedeutet nach Ansicht der Finanzverwaltung mindestens 95%, Rz 899a UStR) verwendet.
Gem § 28 Abs 38 UStG gilt dies jedoch nicht für Gebäude, mit deren Errichtung durch den (vermietenden) Unternehmer bereits vor dem 1. September 2012 begonnen wurde, sogenanntes „Herstellerprivileg“. Als Beginn der Errichtung hat der Gesetzgeber den Zeitpunkt definiert, in dem bei vorliegender Baubewilligung mit der Bauausführung tatsächlich begonnen wird, also tatsächliche handwerkliche Baumaßnahmen erfolgen.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung zählen Abbrucharbeiten noch nicht dazu (Rz 899c UStR).
Entscheidung
Der VwGH (VwGH 31.5.2017, Ro 2016/13/0016) hat nunmehr klargestellt, dass auch Abbrucharbeiten als Beginn der Errichtung qualifizieren.
Begründend führt der VwGH aus, dass § 28 Abs 38 UStG einerseits auf das Vorliegen einer Baubewilligung und andererseits auf den tatsächlichen Beginn der Bauausführung abstelle. Ein Beginn der Bauausführung werde daher dann vorliegen, wenn die tatsächliche Bauausführung der Durchführung der Baubewilligung dient.
Einer Baubewilligung bedürfen (hier nach der Wiener Bauordnung) neben Neubauten auch Um- und Zubauten. Bei einer Generalsanierung wird es sich regelmäßig um einen Umbau handeln, im Zuge dessen auch Abbrucharbeiten vorzunehmen sein werden. Diese dienen, so der VwGH, der Errichtung des Gebäudes.
Konsequenzen
- Immobilienprojekte, bei denen vor dem 1. September 2012 bloße Abbrucharbeiten durchgeführt wurden, dürften nach dieser Rechtsprechung des VwGH vom Herstellerprivileg profitieren.
- Betroffen können ausschließlich Vermietungen zu anderen als Wohnzwecken, d.h. Geschäftsraummiete, sein.
Ob dieses Judikat auch Auswirkungen auf Sachverhalte in Ihrem Unternehmen haben könnte, wäre im Einzelfall zu prüfen. Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.
Autor: René Adam