EuGH: Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften
Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 5. Juli 2018 (Rs C-320/17, Marle Participations), dass die steuerpflichtige Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaften einen Eingriff in die Verwaltung der Tochtergesellschaften darstellt, der als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist und unter bestimmten Voraussetzungen zum vollen Vorsteuerabzug aus den Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligungen berechtigt.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft. Ihr Gesellschaftszweck besteht unter anderem darin, Anteile an Tochtergesellschaften zu halten, denen sie außerdem ein Gebäude vermietete.
Im Zuge einer Umstrukturierung veräußerte und erwarb die Holdinggesellschaft Anteile und machte den vollen Vorsteuerabzug aus den in diesem Zusammenhang angefallenen Kosten geltend. Der Vorsteuerabzug wurde jedoch von den Finanzbehörden versagt, da es sich um Kosten für Kapitaltransaktionen gehandelt hätte, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen würden.
Es stellte sich die Frage, ob die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft einen Eingriff in deren Verwaltung darstelle, welcher als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Würdigung des EuGH
Zunächst verweist der EuGH auf seine ständige Rechtsprechung (vgl. Rs Larentia+Minerva und Marenave Schiffahrt), wonach der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Holdinggesellschaft unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung der Tochtergesellschaften eingreift. Handelt es sich bei den Eingriffen der Holdinggesellschaft in die Verwaltung von Tochtergesellschaften um steuerpflichtige Leistungen gegen Entgelt, sind die Eingriffe als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen.
Im vorliegenden Fall vermietete die Holdinggesellschaft ein als Produktionsstätte genutztes Gebäude an ihre Tochtergesellschaften. Der EuGH stellte dazu fest, dass Vermietungsleistungen einen Eingriff in die Verwaltung darstellen und als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen sind. Die Holdinggesellschaft ist daher grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus den Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile an den Tochtergesellschaften berechtigt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Vermietungsleistungen nachhaltig, entgeltlich und nicht steuerfrei erbracht werden.
Nimmt die Holdinggesellschaft an der Verwaltung der Tochtergesellschaften teil, sind die Kosten aus dem Erwerb der Beteiligungen als Teil der allgemeinen Aufwendungen der Holdinggesellschaft anzusehen und die angefallenen Vorsteuern grundsätzlich vollständig abzugsfähig. Nimmt die Holdinggesellschaft hingegen nicht an der Verwaltung aller, sondern nur einiger Tochtergesellschaften teil und übt sie hinsichtlich der übrigen Tochtergesellschaften keine wirtschaftliche Tätigkeit aus, hat eine Aufteilung der Kosten zu erfolgen. In diesem Fall ist daher nur ein Teil der Kosten als Vorsteuern abzugsfähig.
Fazit
Der EuGH bestätigt in seinem Urteil seine Judikatur zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft, wenn die Holdinggesellschaft in die Verwaltung der Tochtergesellschaften eingreift. Bereits steuerpflichtige Vermietungsleistungen der Holdinggesellschaft an die Tochtergesellschaften begründen eine für den Vorsteuerabzug erforderliche wirtschaftliche Tätigkeit.