Folgeentscheidung des VwGH zur Rs INSS – Verzinsung von Umsatzsteuergutschriften mit 1,38 Prozent
Der VwGH judiziert, dass ein Unternehmer bei Vorsteuerüberschüssen und ähnlichen Guthaben oder Gutschriften, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist vom Finanzamt ausgezahlt werden, einen Anspruch auf Verzugszinsen hat. Der VwGH hält einen Zinssatz von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für angemessen.
VwGH 30.6.2021, Ro 2017/15/0035
In der Folgeentscheidung zur Rs INSS verwies der VwGH in seiner Begründung auf die Rechtsansicht des EuGH und von Generalanwältin Kokott, nämlich dass der Unternehmer bei Vorsteuerüberschüssen und bei Mehrwertsteuererstattungen aufgrund einer Minderung der Bemessungsgrundlage, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist ausgezahlt werden, einen Anspruch auf Verzugszinsen hat.
Der VwGH stellte fest, dass das österreichische Recht weder allgemeine Verzugszinsenregeln für Abgabenschulden oder Abgabengutschriften noch spezifische Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer vorsieht. Um einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen, bedient sich der VwGH einer Rechtsanalogie des den § 205, § 205a und § 212a BAO zu Grunde liegenden Regelungsprinzips, weshalb der geltend gemachte Zinsenanspruch zu Recht besteht. Als Zinssatz legt der VwGH zwei Prozentpunkte über den Basiszinssatz fest. Dies gilt jedoch nur, solange der nationale Gesetzgeber keine entsprechende Regelung im nationalen Recht implementiert.
Mit dem genauen Beginn des Verzinsungszeitraumes hat sich der VwGH nicht näher beschäftigt, er erachtete jedenfalls eine Verzinsung der Ansprüche für die Umsatzsteuer 2007 für den Zeitraum ab Jänner 2012 als gerechtfertigt.
Auswirkungen
Mit dieser Entscheidung bestätigt der VwGH den Anspruch für Unternehmer auf Verzugszinsen im Fall von nicht ausgezahlten Vorsteuerüberschüssen oder Umsatzsteuergutschriften. Der Basiszinssatz beträgt seit 16. März 2016 -0,62 Prozent, daher besteht für den Unternehmer ein Recht auf Verzugszinsen in Höhe von 1,38 Prozent.
Die Entscheidung des VwGH gilt grundsätzlich auch für die Vergangenheit. Daher sollte die Geltendmachung von Verzugszinsen bei nicht ausgezahlten Vorsteuerüberschüssen oder Umsatzsteuergutschriften bis zur 5-jährigen Verjährungsfrist möglich sein. Es bleiben auch nach dieser Rechtsprechung einige offene Fragen. Diese betreffen vor allem die Dauer der Verzinsung sowie die Verjährung des Zinsanspruchs. So sollte ein Anspruch auf Verzinsung bereits weit früher als im entscheidungsgegenständlichen Fall gegeben sein (4-5 Jahre nach Entstehung der der Umsatzsteuergutschrift).
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