EuGH: Keine rückwirkende Rechnungsberichtigung bei Dreiecksgeschäften
Der EuGH hatte über die Möglichkeit einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung bei Dreiecksgeschäften zu entscheiden und diese verneint. Die EuGH-Vorlage erging zu einem österreichischen Fall. Der EuGH bestätigt in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2022, Rs C-247/21, die bisherige österreichische Praxis, dass die Sanierung von Dreiecksgeschäften nicht rückwirkend möglich ist.
Sachverhalt
Die Luxury Trust Automobil („Luxury“) ist eine Gesellschaft mit Sitz in Österreich. Luxury erwarb Fahrzeuge unter anderem von einem Lieferanten im Vereinigten Königreich, damals noch EU-Mitglied, und verkaufte diese an die M sro in der Tschechischen Republik weiter. Der Transport erfolgte direkt aus UK nach CZ. Die drei beteiligten Unternehmer traten jeweils mit der UID-Nummer ihres Sitzstaates auf. Die Rechnungen der Luxury an die M sro enthielten den Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes, ebenso wurden die Zusammenfassenden Meldungen mit Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes ausgestellt.
Die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte war strittig, da auf den Rechnungen der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf die M sro fehlte.
Der EuGH hatte daher darüber zu entscheiden, ob der Empfänger auch dann Steuerschuldner sei, wenn die Rechnung auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes verweise. Falls diese Frage verneint werde, so sei weiters zu klären, ob eine nachträgliche Berichtigung der Rechnung möglich ist, eine solche Rechnungsberichtigung dem Rechnungsempfänger auch zugehen müsse sowie ob eine solche Rechnungsberichtigung Rückwirkung entfalte („ex tunc“ Wirkung“).
Außerdem wurde der EuGH um Klärung ersucht, ob die Rechtsvorschriften jenes Mitgliedstaates anwendbar sind, die ohne Dreiecksgeschäftsregelung anwendbar wären, oder die jenes Mitgliedstaates, die bei Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung anwendbar sind.
EuGH-Entscheidung
Zur Beantwortung der ersten Frage führt der EuGH aus, dass hierbei nicht nur der Wortlaut von Art 42 MWSt-RL zu beachten sei, sondern auch der Zusammenhang der Bestimmung und das mit der Regelung verfolgte Ziel sind zu berücksichtigen. Es handelt sich um eine von Art 41 der MWSt-RL abweichende Regelung, die insbesondere auch fakultativ zur Anwendung gelangen kann.
Daher ist der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld in der Rechnung des mittleren Unternehmers zwingend erforderlich, um den Empfänger im Rahmen eines Dreiecksgeschäftes zum Steuerschuldner zu bestimmen.
Wenn aber eine der Voraussetzungen für die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung – hier die Bestimmung des Empfängers zum Steuerschuldner – nicht erfüllt ist, so kann von einer „Berichtigung“ einer Rechnung keine Rede sein, wenn der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld später ergänzt wird. Vielmehr handelt es sich um die erstmalige Ausstellung einer Rechnung.
Auf die dritte Frage der anwendbaren Rechtsvorschriften brauchte der EuGH nicht weiter einzugehen.
Praktische Auswirkungen
Sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts nicht erfüllt, liegt ein Reihengeschäft vor. Die Verwendung einer anderen UID als der des Bestimmungsmitgliedstaates führt daher für den mittleren Unternehmer – neben den umsatzsteuerlichen Folgen im Bestimmungsmitgliedstaat – zu einem kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerb im UID-Mitgliedstaat. Das gilt solange, bis der mittlere Unternehmer die Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat nachweist.
Nach der bisherigen österreichischen Praxis ist die Sanierung des kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerbs aufgrund von missglückten Dreiecksgeschäften unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Sanierung wirkt aber nur „ex nunc“ und nicht „ex tunc“, dh es kommt nicht rückwirkend zur Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung, nur der kumulative innergemeinschaftliche Erwerb (ohne Vorsteuerabzug) kann berichtigt werden, wenn die korrekte Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat nachgewiesen wird. Für den mittleren Unternehmer ergibt sich daraus, dass neben den administrativen und finanziellen Folgen aus den umsatzsteuerlichen Verpflichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat (zumindest) Säumniszuschläge in der Regel „hängenbleiben“ werden.
Die Praxis der Nicht-Sanierbarkeit eines missglückten Dreiecksgeschäftes mit Wirkung „ex nunc“ wurde vom EuGH (leider) mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt.