Neues vom VwGH: Keine KESt-Rückerstattung bei substanzschwacher EU-Holding
Der VwGH hat sich in seiner Entscheidung (2011/15/0080) mit der KESt-Rückerstattung bei Outbound-Dividenden an eine substanzschwache EU-Muttergesellschaft befasst.
Sachverhalt
Eine zyprische Gesellschaft (CypCo) erwarb im Jahr 2007 Anteile an einer SE mit Sitz in Österreich (AutCo), die im Bausektor tätig war. Daneben hielt CypCo auch Anteile an einer deutschen Baugesellschaft. Anteilsinhaber der CypCo waren zwei Offshore-Gesellschaften (British Virgin Islands und Channel Islands) sowie ein großer russischer Investor (RussCo). Im Jahr 2008 schüttete AutCo Dividenden an CypCo aus, wobei AutCo KESt einbehielt. Eine Entlastung an der Quelle war nicht möglich, da CypCo eine reine Holdinggesellschaft, ohne Büroräume und eigenes Personal, war.
Vorverfahren
CypCo stellte einen Antrag auf Erstattung der österreichischen KESt, da ihrer Ansicht nach CypCo als Spartenholding agiere und daher wirtschaftliche Zwecke für die gewählte Gestaltung vorlagen. Das Finanzamt verweigerte die KESt-Erstattung jedoch mit dem Argument, dass CypCo – mit Ausnahme der Holdingfunktion – keine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet. Der UFS (RV/0492-K/09) gab CypCo in erster Instanz Recht und entschied für eine Rückerstattung. Daraufhin erhob das Finanzamt gegen dieses Erkenntnis Amtsbeschwerde.
Entscheidung des VwGH
- Eine KESt-Erstattung an CypCo wurde wegen Missbrauch verneint. Die hinter CypCo stehende beherrschende RussCo stammt von außerhalb der EU und sollte nicht von den Begünstigungen der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie profitieren können („Directive Shopping“).
- Die behauptete Funktion als „Spartenholding“ wurde – trotz Bündelung mehrerer Beteiligungen in der Holding – vom VwGH nicht akzeptiert, da CypCo auf Zypern offensichtlich nicht über das entsprechende Personal/Management verfügte und vielmehr als „Briefkasten“ qualifiziert werden musste. Einzelne behaupte Aktivitäten wurden de-facto vom Personal von RussCo ausgeübt.
- Die sonstigen vorgebrachten außersteuerlichen Gründe (Haftungsbeschränkung, Vorteil der englischen Sprache, kulturelle Nähe Zyperns zu Russland) waren für den VwGH ebenfalls nicht überzeugend.
Conclusio
Um in den Genuss der österreichischen KESt-Befreiung/Erstattung zu kommen, sollten EU-Holdinggesellschaften jedenfalls über genügend personelle Substanz verfügen, wobei in diesem Zusammenhang die vorgebrachte Funktion der Holdinggesellschaft berücksichtigt werden muss. Gründe wie kulturelle Nähe, Englisch als Amtssprache und (bei bloßer Holdingfunktion) auch eine Haftungsbeschränkung werden vom VwGH für sich alleine als nicht ausreichend gewertet und eine Rückerstattung versagt.
Autor: Nikolaus Neubauer